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Sonderseite südlicher Teilabschnitt der Vorderen Linie im Großen Wiesental.
Auf der Suche nach den regionalen missing links am Zeller Blauen.
 
Wüstmatt-Sperrgraben, Westsicherung & Redan Nr. 3
 
Archäologische Spurensuche, kombiniert mit taktisch-strategischen Überlegungen.
 
 
Mit missing links (englisch für „fehlendes Bindeglied“) - in Anlehnung an einen Fachausdruck der Evolutionsbiologie - bezeichnen wir  archäologisch nicht mehr auffindbare oder noch nicht wieder aufgefundene Standorte von Schanzen oder anderen Fortifikationslemente, welche zwar in  historischen Quellen oder auch zeitnahen Fundberichten erwähnt werden, aber so im Gelände mit dem "Lidar-unbewaffneten" Auge nicht mehr sichtbar sind bzw. selbst mit Lidar nicht mehr zu erkennen sind. Die langjährige Erfahrung mit der linearen architectura militaris sowie den konkreten Anforderungen, welche die damaligen Fortifikationsoffizieren an die Standortauswahl stellten (wertvolle Hinweis im Studium originaler Literatur jener Zeit)  plus die praktische Auswertung der seit 2002 intensiv erprobten Feldarbeit lassen dennoch hin und wieder ein Erfolgserlebnis zu. Natürlich fließen dabei auch taktische und strategische Überlegungen in diese Suche mit ein - ohne sie wäre ein so spätes Auffinden sicherlich nicht möglich. Auch hierbei gibt es immer wieder Fragen, weshalb bestimmte Sicht- und Kommunikationsverbindungen nicht mehr im Gelände wiederauffindbar sind bzw. möglicherweise auch nie so existierten. Dabei sind eben Fragen der Taktik und Strategie  nicht auszuklammern sowie das interdisziplinäre Wissen über das Gelände, die regionale Geomorphologie, Kenntnis der Geologie und Hydrologie des entsprechenden Raumes, seiner Höhenstufen sowie die Einbindung der einstigen Infrastruktur wie Handels- und Passwege sowie Straßen- und Saumpfadverbindungen wichtige Einzelfaktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Grundsätzlich sind diese Ergebnisse primär Arbeitshypothesen.
 
 
 
Quelle Google Earth, Grafik Werner Störk, nicht maßstäblich, nicht vollständig, generalisiert: Schanzen & Signahfeuer.
Von 2002 an unser Untersuchungsgebiet: der südwestliche und südliche
Teilabschnitt der Vorderen Linie ohne das Hochrheingebiet.
 
 
Die Redan-Sperre zwischen Wüstmatt- und Hirschbühl-Schanze auf dem Zeller Blauen. 
 
Missing Link: Da fehlt doch einer! 
 
 
 
Quelle Google Earth & Grafik Werner Störk Copyright 2022 
 
Eine erste Auswertung der Kombination aus Luftaufnahme, Sat-Bild und LiDar sowie der Felduntersuchung Vorort ergab - gemessen an der militärisch verbindlich linearen Vorgaben - das Bild einer unvollständigen Konstruktion mit einem großen und einem kleinen Redan. Wobei sofort auffiel, dass zwischen dem kleinen Redan und der Hirschbühl-Schanze ein taktisch gefährliche Lücke bestand, da diese nicht durch die Seitenbestreichung (weiß) erreicht und damit auch nicht erfolgreich geschützt wurde. Eine genauere Untersuchung der räumlichen Abstände zwischen den Schanzen und den Redans ergab ebenfalls Auffälligkeiten, da diese - bis auf eine - alle anderen Angriffsrouten (gelb) szenarisch abdecken und zurückweisen konnten. Fazit: es fehlte ein Redan (blau), um eine komplette und kompakte Defension zu gewährleisten. Rein geometrisch-linear ausgemessen müßte man den Standort dieses dritten, vermutlich ebenfalls großen Redans, dennoch ermitteln können, um diesen missing link zumindest auf diese Weise "wiederzubeleben". Viele in der Fortifikationsforschung beschränken sich bewußt nur auf die rein archäologische Fundsituation und deren Interpretation. Für uns war es immer wichtig, ein möglichst zutreffendes Gesamtbild der von uns untersuchten Anlagen zu entwickeln, um die Intention der Erbauer möglichst umfassend zu begreifen..
 
 
 
 
Quelle Google Earth & Grafik Werner Störk Copyright 2022  
 
Um ein möglichst genaues Bild der einstigen Anlage zu erhalten und entsprechend der linearen Voraussetzungen wurden die Abstände zwischen der nördlichen Wüstmatt-Schanze und dem ersten großen Redan exakt ausgemessen (gelb) und auf die südliche Hirschbühl-Schanze 1:1 übertragen. Danach wurde der Abstand des großen nördlichen Redans zu dem kleinen Redan bestimmt (rot) und ebenfalls 1:1. vom kleinen Redan nach Süden ausgemessen. Der so ermittelte Standort des zweiten großen Redans liegt in dem stark überformten Eingangsbereich der heutigen Wohnanlage und ehemaligen St. Bernhardshütte. Damit wäre die Seitenbestreichung (weiß) und damit der optimale gegenseitige Flankenschutz der Redans, aber auch der beiden Schanzen vollständig und absolut effektiv gesichert. Gleichzeitig wäre nur so alle Aufstiegsrouten und damit möglichen Angriffspunkte optimal abgedeckt worden. So könnte also die Rekonstruktion der einstigen Anlage ausgesehen haben.
 
 
 
 
Quelle Geoportal BW LiDar & Grafik Werner Störk 
 
Der berechnete Standort liegt exakt auf dem Geländepunkt, der sich in EW-Richtung am stärksten "redanmäßig" westwärts ausdehnt (gelb). 
 
 
 
 
Quelle Geoportal BW LiDar & eingesetzte Kopie des großen nördlichen Redans sowie retuschierter Brunnenstube.
 
Versuch einer Rekonstruktion: Simulation der drei Redans - zwei große und der mittlere, kleinere Redan zum Flankenschutz der beiden großen. 
 
 
 
Quelle Google Earth Grafik Werner Störk, nicht maßstäblich.   
 
Nur mit den Redan-Elementen plus der starken Westsicherung (gelb) ist zusammen mit den Schanzen eine optimale Schutzfunktion des Reichsterritoriums gewährleistet (1). So gehe ich als Arbeitshypothese - unter Einbeziehung der Feldbegehungen sowie der Auswertungen von Luft- und SAT-Bilder davon aus, dass bei Ober-Blauen nicht nur ein massiver Sperr-Riegel aus Blockmeer-Felsen bestand, sondern dass eine westliche Defensionslinie weiter nach Süden ausgriff, um eine erste Verteidigungslinie im Defensivsystem des Zeller Blauens aufzubauen. Damit wäre auch die Abschnittsverteidigung möglich sowie ein gesicherter Rückzugsraum - gedeckt und geschützt durch die Schanzen und Redan-Anlagen. Diese erste Linie würde für die  Verteidiger auch genügend Zeit verschaffen, um schnell rückwärtige Kräfte heranzuführen und die Schanzen entsprechend schlagkräftig zu verstärken. Dabei käme den Erbauern in gleich mehrfacher Hinsicht auch die Natur zur Hilfe, in dem diese kostengünstig und bauplatznah die notwendigen Rohstoffe bzw. auch Naturformen anbietet, um so möglichst homogen das Gesamtsystem aufzubauen.
 
Da der Baumbestand des Schwarzwaldes bis zum Ende des 17. Jahrhunderts so abgenommen hatte, verlor er seine bisherige Funktion als unpassierbares Gebirge, ins-besondere auch für größere Truppenbewegungen. Die Gründe dafür liegen vor allem im Waldraubbau durch Bergbau, Glashütten und Holzhandel (Flößerei), aber auch durch die Errichtung der Linien selbst, die zu einer nochmaligen Plünderung des hochstämmigen Waldes im großen Stile führten. Dazu schreibt am 29. Januar 1710 General von Gronsfeldt in seinem Bericht über die „Visitation der mittleren Linie Feldberg – Hornberg“: „Die ehedeßen darauf befindl. Waldungen seind durch die Eisen und Glasshütten, Vermehrung der Höff, und multiplication der Leüth, Theils ausgerottet, und durch die vorige langwührige Kriege mit Verhackh Theilß verderbt und umgehauen worden, also dass an denen meisten Orthen nur kleine Büsch, und in kurzten Jahren das Holtz manglen dorffte“. Auch im Wiesental registrierte man bereits schon 1613 immer schwächer werdende Waldbestände, vor allem im Hinteren Wiesental. Wie schnell umfangreiche Waldungen z. B. bei der intensiven Nutzung von Glashütten dezimiert wurden, veranschaulicht eindrücklich das Beispiel des Waldbestandes bei Hasel. Dieser wird im Zeitraum von 1613 – 1720 völlig abgeholzt und die aus dem habsburgisch-katholisch-vorderösterreichischen Zell kommenden (konvertierten) Glasmacher mußten in der evangelisch-baden-durlachischen Markgrafschaft ihre Produktion völlig einstellen.
 
 
 
Repro © Landesarchiv Baden-Württemberg Generallandesarchiv Karlsruhe https://www.landesarchiv-bw.de/web/47245 2017 Signatur Hfk Planbände 11. Bl.9.
Genehmigung Aktenzeichen: 4-7512-Störk,Werner
   
 
Die Karte von 1701 bestätigt bereits diese spätere Einschätzung von 1710 - die südlichen und östlichen Bereiche (gelb/orange) sind nichtmehr als Letzwälder
gekennzeichnet, da für eine solche Funktion keine Baumbestände mehr vorhanden waren.
 
Dies läßt arbeitshypothetisch den Schluß zu, dass wir es bei der westlichen Sicherungslinie wohl weder mit Schleppverhau noch mit regulärem Verhack und Verhau als Fortifikationselemente zu tun haben, da hierfür einfach das notwendige Material fehlte. Daher war die Alternative "Stein" - in großem Umfange und Vorort vorhanden - in Form von Bruch- und Feldsteinen sowie Material aus dem ausgedehnten Blockmeeren naheliegend. und wird durch den archäologischen Befund bestätigt. Wobei die dabei aufgesetzten Mauerwerke - da ortsnah verbaut - wohl nach den Kriegszeiten auch wieder dem "Steinraum" anheimfielen und so beim Haus- und Straßenbau "recycelt" wurden.
 
 
 
Quelle Google Earth Grafik Werner Störk, nicht maßstäblich.   
 
Bei einem sehr wahrscheinlichen Angriff über das Kleine Wiesental - die Franzosen kannten diese Route von früheren Angriffen und Kontributionszügen - hätte die große Gefahr für die Reichs- und Kreistruppen als Verteidiger der Vorderen Linie hier bei Zell darin bestanden, dass die Franzosen sich aufgeteilt und nach dem Motto: Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen einerseits die Ost-West-Route über Gresgen und Adelsberg genommen hätten, während der zweite Trupp über Elbenschwand und die Blauener Ebene von Norden her die Defension quasi eine Zangenbewegung durchführte. Mit nur der schwachen Sicherung bei Oberblauen - diese wäre einfach umgangen worden - hätten man einen in breiter Front möglichen massiven Angriff auf die Wüstmatt-Linie führen  können und diese mutmaßlich überrannt. Und damit freien Zugriff auch auf Zell und Atzenbach erhalten. Nur ein sehr dichtes Informations- und Meldenetz hätte den Verteidigern genügend Zeit eingeräumt, um rechtzeitig rückwärtige Kräfte zu aktivieren.
 
 
 
 
Quelle Google Earth Grafik Werner Störk, nicht maßstäblich.    
Neben den Befunden Vorort fließen in diesem Grafik nun auch taktisch-strategische Überlegungen mit ein, um eine möglichst optimale und damit effektive Fortifikation aufzubauen, welche einerseits die Sichtkontakte sowie die funktionierende Kommunikation garantiert und andererseits eine möglichst wirkungsvolle Linien-Verteidigung mit Rückzugsräumen und somit eine erfolgreiche Abschnittsverteidigung sicherstellt. Es ist eine arbeitshypothetische Simulation, die aber auch alle archäologischen Fundsituationen mit einschließt und fortifikatiorisch dem Defensivsystem zuweist. Ein überraschender Angriff, selbst kombiniert mit aus zwei utnerschiedlichen Himmelsrichtungen angreifenden Truppenkonringenten (siehe oben), würde so frühzeitig abgefangen, aufgehalten und spätestens an der Wüstmatt-Linie die Angreifer erfolgreich gestellt und zurückgeschagen worden.
 
 
 
Quelle Google Earth Grafik Werner Störk, nicht maßstäblich.  
 
Nur mit den Redan-Elementen (gelb) plus der starken Westsicherung (rot) ist zusammen mit den Schanzen sowie dem nördlichen Vorposten (orange)
eine optimale Schutzfunktion des Reichsterritoriums gewährleistet (2).
 
 
 
Quelle Google Earth Grafik Werner Störk, nicht maßstäblich. 
 
Nur mit den Redan-Elementen plus der starken Westsicherung (rot) ist zusammen mit den Schanzen sowie dem nördlichen Vorposten (orange)
eine optimale Schutzfunktion des Reichsterritoriums gewährleistet (3).
 
 
 
 
 
Sonderseiten zum Thema Südabschnitt der Vorderen Linie
 
Grendel- Schanze
südlich Zell i. W.
Schanze Hebelhöhe
nördlich Raitbach
Ruine Bärenfels
nördlich Wehr
Wallmauer & Redoutes
Bergalingen - Hütten
       
       
Missing links 1
Suche im Großen Wiesental 
Missing links 2
Suche bei Hasel & Gersbach
 
"Natürliche" Defension
 Ober-Blauen bei Zell
Defension Zeller Blauen
Zell im Wiesental
 
Jeder Leser kann sich anhand von sechs exemplarisch ausgewählten Prüffällen
selbst einen sachgerechten Faktencheck
zusammenstellen:
 
 
 
 
Prüffall 1: Sternschanze von Böllen/Neuenweg.   
 
 
Prüffall 2: Holderschanze Neuenweg/Böllen.  
 
 
Prüffall 3: Ganz aktuell: Mettlenkopf & Glaserberg Gersbach   
 
 
Prüffall 4: Tannenkopf & Wolfsacker Elbenschwand.   
 
 
Prüffall 5: Defensionssystem Schönau. 
 
 
 
Prüffall 6: Vordere & Hintere Linie
Gersbach - Todtmoos-Au - Bergalingen 
 
 
 
 
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Kollateralschaden & Denkmalschutz 
 
 
Interessante Web-Seiten ergänzen die bereits dokumentierten Fakten:
Der "Fall Raitbach" (2012/2013).
Die Holderschanze auf dem Holderkopf.
Einzigartige bastionierte Polygonalschanze:
Die Sternschanze von Neuenweg/Böllen 

Walderdbeer-Anbau im Hochmittelalter
Hangterrasssen am Tannenkopf.
Die Signalfeuer-Station am Tannenkopf
Die Redan-Anlagen auf dem Wolfsacker.
Schönau & Schönenbuchen:
Schanzen, Letzinen und Kapelle
   
Als Diskussionsgrundlage sowie presserechtlich gilt immer nur die aktualisierte Webseite: 22.03.2022. 
Hinweis:  Sollten Sie über eine Suchmaschine auf diese Website als Einzelseite gekommen sein, so haben Sie hier die Möglichkeit - trotz fehlendem 
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