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Das Gewann Erdbeerboden am Südhang des Tannenkopfes von Elbenschwand
 

Die spätmittelalterlichen Walderdbeer-Hangterrassen

 
Einzigartiger Flurname in ganz Baden-Württemberg
 

Werner Störk Copyright © 2020

 
 

Im Rahmen der Erforschung von historischen Schanzanlagen im Raum Bürchau und Elbenschwand stießen wir bei unserer Geländeuntersuchungen 2018 auf jene gut erkennbaren Hangterrassen mit ausgeprägten Steinmauern, die sich über fünf Ebenen mit rund 300 Meter Länge parallel am Südhang des ElbenschwanderTannenkopfes hinziehen. Abgesehen von der Siedlungsferne fielen uns sofort die z. T. ungewöhnlich schmalen Terrassenfelder auf. Mein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang Rüdiger Motzke (Bürchau), der in seiner Freizeit wertvolle Geländevorerkundungen durchführt, welche die soliden Grundlagen für weitere Forschungsprojekte schaffen.

Wie immer, wurde die archäologische Fundsituation kartiert, vermessen und umfänglich fotografisch dokumentiert. Die Höhe der Vorderkante der Terrassen, aus Lesesteinen aufgesetzt, pendelte zwischen 80 cm im östlichen und bis deutlich übermannshohen Terrassen im westlichen Bereich. Neben breiten gibt es auch deutlich schmale und sehr schmale Terrassenfelder, die sich bis auf Handtuchbreite zusammenziehen. Die hier gewonnene Nutzfläche ist teilweise  nur wenige Dezimeter breit. Viel, sehr viel Aufwand für nur wenig neu gewonnene Anbaufläche. Lohnte sich bei solch schmalen Nutzungs- bzw. Anbauflächen überhaupt eine landwirtschaftliche Nutzung?

Im Südschwarzwald wurden vor allem die ortsnahen Osthänge bevorzugt zur landwirtschaftlichen Nutzung aufbereitet, da sie im Frühling als erste schneefrei wurden. Dieser Hang lag in südwestlicher Lage und war keineswegs ortsnah. Die Terrassenstrukturen verlaufen horizontal an der Süd-West-Seite entlang und wurden so aber auch nicht im Flurbild von heute übernommen Die Terrassenmauern sind mehrheitlich noch intakt und nur teilweise verstürzt oder nachgerutscht bzw. ausgebrochen. Trieben hier die Elbenschwander Ackerbau - vielleicht mit Dinkel oder dienten die Terrassen vor allem zur Vermehrung von Saat- und Pflanzgut?

 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW (Direktlink) Elbenschwand: Gewann Erdbeerboden und Terrassenfeld Tannenkopf, Kerngebiet (rot), Gesamtareal (gelb)
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW  (Direktlink) Elbenschwand: Gewann Erdbeerboden und historisches Terrassenfeld Tannenkopf  (gelber Pfeil).
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW  (Direktlink) Elbenschwand: Gewann Erdbeerboden und historisches Terrassenfeld Tannenkopf  (roter Pfeil).
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW  (Direktlink) Elbenschwand: Gewann Erdbeerboden und Distrikt Tannenkopf  - ein einst zusammengehöriges Areal.
 
 

Aber wie sollte hier oben in der Kammregion des Tannenkopfes die Wasserversorgung gewährleistet werden? Naturgemäß ist hier, deutlich über dem hiesigen Quellhorizont, der Oberhang zwangsläufig immer trockener als der Unterhang. Wenn die Terrassen zu Anbauzwecken dienten, müsste man sich fragen, warum dann im trockensten Bereich – ohne Möglichkeit der künstlichen Bewässerung – im großen Stil aufwändig künstliche Hangterrassen schaffen? Zumal auch noch der Wind eine zusätzliche Gefahr für die Austrocknung der Böden bedeutet. Eine Wasserversorgung der angebauten Pflanzen nur über Morgen- und Abendtau bzw. die natürlichen Niederschläge? Was für eine Art von Pflanzen wurde mit diesen Konditionen fertig?

Bedingt durch die Nähe zu zwei ausgedehnten Schanzanlagen (siehe Linktabelle unten) auf dem Wolfsacker und dem Gewann Schanzgraben gab es natürlich auch Überlegungen in Richtung Fortifikation, also speziell befestigte Annäherungshindernisse aus dem Festungswesen, um die dort auf der Passhöhe liegenden Anlagen zu schützen. Möglicherweise aber auch die hier auf einer Karte von 1701 einzeichneten militärische Signalanlage mit ihrer Kommunikation zur nördlichen Station bei Böllen und der auf dem Blauen im Süden. Sind es Steinmauern-Relikte von einem frühen landwirtschaftlich genutzten Hangterrassenbau? Oder sind es Spuren einer Fortifikation zum Schutz der Alarm- und Signalanlage? Oder war es beides - also multifunktional und man hat die wohl früher errichteten Mauerwerke einfach fortifikatorisch optimal in die Linie eingebaut?“ – so die auch schriftlich fixierte Frage auf der im Juli 2018 eingerichteten Webseite. Quelle: http://minifossi.pcom.de/Tannenkopf-Plateau-Signal-Alarmfeuer-historische-Steinterrassen-Hangterrassen-Elbenschwand.html

 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
 

Wie immer, wenn wir neue archäologische Funde machen, wurde umgehend das Landesdenkmalamt (LAD) Freiburg darüber informiert und erhielt postwendend alle notwendigen Angaben inklusive der neu eingerichteten Webseite (siehe Quelle oben) – und, wie immer, mit einem umfangreiches Fotoarchiv.

Und das LAD Freiburg mailte am 26.06.2018:„Die Hinweise auf mögliche Terrassen am Tannenkopf... sind nicht schlüssig genug, um hier eine anthropogene Herkunft zweifelsfrei nachweisen zu können...“.

Bekam unsere über zwei Jahrzehnte dauernde und sehr erfolgreiche Zusammenarbeit bereits bei der Stellungnahme des LAD zur (Nicht-)Gefährdung der Holderschanze durch den dort geplanten Standorts einer Windenergieanlage im Auftrag der EWS symbolisch einen ersten „Sprung“, so war diese Stellungnahme zu den „möglichen Terrassen“ der Schlag, welcher den symbolischen Krug der Zusammenarbeit endgültig zerbrechen sollte.

Denn der archäologische Befund Vorort waren eindeutig. Warum also die Zweifel? Erst im zweiten Anlauf der Ursachensuche für die Infragestellung „eines anthropogenen Ursprungs“ wurde klar: das historische Terrassenfeld lag im unmittelbaren Zentrum des geplanten WEA 7-Standorts und wurde im Vorfeld der eigenen Überprüfung der WEA-Standorte durch das Landesdenkmalamt offenbar weder erkannt noch, aus welchen Gründen auch immer, z. B. beim Scoping-Termin im Landratsamt auch nicht erwähnt. Sollte gebaut werden, hätte das zur Folge, dass der fragliche Kuppenbereich und damit ein Großteil der Terrassen sowie das Areal des Alarm- und Signalpostens beim Bau der WEA 7 unwiderruflich zum Opfer fallen würden (siehe Details und Karten unten).

 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
 

Es gibt keine Probleme, nur Lösungen – also trotz der bereits angemahnten Deutungshoheit des LADs die Forschungsarbeiten dennoch weiterführen und vielleicht doch noch Antworten auf all´ die vielen Fragen finden, die mir diese Terrassenfelder bescherten. Zwei der wichtigsten Fragen: wann wurden diese aufwändigen Terrassen angelegt und was bauten die Elbenschwander hier wirklich an?

Einen ersten Hinweis gibt 1887 ein Artikel in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins herausgegeben von der Badischen historischen Kommission. Neue Folge. Band II. Freiburg i. B. 1887. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr. Ztschr. II, 496. Hier wird Elbenschwand in der Schenkung von Dietrieha v. Rotenberg für das Hochstift Basel im Jahre 1278 erstmals konkret benannt: “...das güt ze Elbiswande, ze Qehinbaeh, ze Birehowe unde ze dem niuwen wege“. Mit dem Zusatz „Elbenschwand, Birchau u. Neuenweg sind noch als Orte im kleinen Wiesenthal vorhanden, Gebinbach ist verschollen.“

Und SCHUBRING, KLAUS (2014) vermerkt in seinem Aufsatz über „Tegernau, das Kleine Wiesental und das Obere Wiesental vor 900 Jahren“ unter Hinweis auf die Schenkung: „Noch aufschlussreicher sind die Mitteilungen aus dem Jahre 1278 über die Abgaben im Kleinen Wiesental. In der Regel entrichten die Güter in den genannten Orten jährlich ein oder zwei Schweine, ausnahmsweise kommen Haferlieferungen auf mittlerer Höhe in Hohenegg und Wiese vor, nur in Gresgen und Wieslet fallen Geldbeträge an. In den beiden ältesten Orten ist also der Übergang zur Geldwirtschaft teilweise vollzogen. Die völlig vorherrschende Abgabe von Schweinen bezeugt eine extensive Landwirtschaft mit Schweinemast in ausgedehnten Buchen- und Eichenwäldern. Doch besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Weiler von „Elbiswande“ keine Abgaben liefern. Sie sind erst kürzlich angelegt und noch nicht genügend entwickelt und ertragreich... Die Erschließung und Besiedlung begannen im Hochmittelalter". Quelle: SCHUBRING, KLAUS (2014): „Tegernau, das Kleine Wiesental und das Obere Wiesental  vor 900 Jahren“, in: Das Markgräflerland – Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur, Band 2014, S. 7-22.

 
 
 
Quelle: © Google Maps, Bilder © 2016 DigitalGlobe, Kartendaten © 2016 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google ©  2017 
 
Erdbeerboden und Tannenkopf 
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW Elbenschwand: Gewanne Erdbeerboden und Tannenkopf (Direktlink).
 
 
 

Quelle: © Google Maps, Bilder © 2016 DigitalGlobe, Kartendaten © 2016 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google ©  2017
 
Der Hangterrassen-Bereich (unten rot markiert) zeichnet sich deutlich durch einen lichteren Baumbestand vom Rest der Waldfläche ab. 
 
 
 
 
Quelle: © Google Maps, Bilder © 2016 DigitalGlobe, Kartendaten © 2016 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google © 2017, Grafik © Werner Störk 2020  
 
Areal der Hangterrassen (rot),  zur Orientierung: Wendeplatte (gelb).
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW Gewann Erdbeerboden und Tannenkopf im LiDAR.(Direktlink).
 
 

„Erste Vorstellungen über das Leben im Hochmittelalter gewinnen Raum. Die Epoche des Hochmittelalters – etwa von Mitte des 11. Jahrhunderts bis Mitte/Ende des 13. Jahrhunderts – war somit auch geprägt durch neue Siedlungen und die Erschließung landwirtschaftliche Nutzflächen. Im Hochmittelalter begann – begünstigt unter anderem durch landwirtschaftliche Fortschritte und die mittelalterliche Warmzeit – die Bevölkerung zu wachsen. Es kam zu einer neuen kulturellen und wissenschaftlichen Entfaltung.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hochmittelalter

Was wurde aber hier in Elbenschwand angebaut? Es konnte auf Grund der relativ kleinen Flächen weder Hafer noch Dinkel sein! Was aber dann? Konnte möglicherweise die Ein- und Aufteilung der bewirtschafteten Flur eine Antwort darauf geben? Vielleicht auch erste Hinweise über Flurnamen? Flurnamen sind ein seit Jahrhunderten gewachsenes Namensgut und damit möglicherweise eine willkommene und hoffentlich ergiebige Quelle!

„In den Flurnamen spiegeln sich alle historischen und sprachlichen Entwicklungen wider. Großräumige Flurnamen oder Lagebezeichnungen sind meist über Jahrhunderte überliefert. Manchmal schimmert in den Endsilben noch eine sehr alte Bezeichnung durch. Viele kleinräumige Flurnamen entstanden erst nach der Aufhebung der Dreifelderwirtschaft und nach Aufgabe der Feld- und Weidewirtschaft, sowie nach Aufhebung der Allmende nach 1800. In den Regionen/Gemarkungen, wo die Realteilung des Grundbesitzes praktiziert wurde, entstanden dadurch viele neue und zusätzliche Flurnamen. Insbesondere die Attribute beim, auf, über, unter, vor und hinter deuten auf eine Besitzteilung hin. Wurde hingegen der Grundbesitz nur an einen Erben weitergegeben (Anerbenrecht), waren zusätzliche Namen nicht erforderlich. Daher gibt es in diesen Gemarkungen auch vergleichsweise weniger Flurnamen. In den Flurnamen spiegeln sich aber auch die topografischen Gegebenheiten. Kleinräumig strukturierte Landschaften erfordern mehr Flurnamen. In Bergregionen etwa, wo schon kleine Unterschiede in der Lage eines Flurstücks unterschiedliche landwirtschaftliche Behandlung (Saatzeitpunkt, Mahd usw.) erfordern, finden sich auch kleinräumigere Flurnamen. Flurnamen kann man nur etymologisch erklären, wenn man sich mit der Zeit ihrer Entstehung auseinandersetzt. Wer mehr als nur einfache Begriffe aus den Flurnamen herausinterpretieren will, geht meist fehl. Jedem Flurnamen liegt ein Benennungsmotiv zugrunde, ein Merkmal, das diesem bestimmten Ort anhaftet. Zum Zeitpunkt der Entstehung wurde dieses Merkmal mit dem damals gängigen Vokabular beschrieben. Das heißt, der Name entstand aus der vor Ort gesprochenen Mundart und wurde so überliefert und weitergegeben. Die Bedeutung des Namens blieb dabei erhalten, der Wortschatz, die Aussprache und die Schreibweise haben sich jedoch verändert.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Flurname

 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW Flureinteilung Elbenschwand mit Gewann Erdbeerboden und Tannenkopf (Direktlink)-
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW  Vegetation und Hydrologie Elbenschwand mit Gewann Erdbeerboden und Tannenkopf  (Direktlink)-
 
 

„Es gibt ganz grob zwei Arten von Flurnamen: Naturnamen und Kulturnamen. Naturnamen geben uns Auskunft über die Natur, über wilde Pflanzen und Tiere, über die Gestalt von Bergen und Tälern, über die Art des Bodens oder einfach die Lage oder Größe einer Flur. Ein Flurname wie Steinacker sagt uns zum Beispiel, dass dieser Acker sehr steinig ist. Der Name Eulenberg sagt uns, dass dort Eulen leben oder lebten. Ein Wald, der Buchholz heißt, wird vor allem aus Buchen bestehen. All das sind Naturnamen. Kulturnamen dagegen geben uns Auskunft über das Tun des Menschen. Der Mensch bestellt die Felder, baut Dörfer und Städte, Straßen und Wege. Kulturnamen erinnern an all dies, an den Ackerbau, an Gebäude, aber auch an Kriege, Notzeiten und Unfälle. Es gibt Flurnamen die uns sagen, wem die Flur früher gehört hat. So hat ein Jakobsacker wohl einmal einem Bauern namens Jakob gehört, eine Pfarrwiese war einst im Besitz eines Pfarrers. Ein Name wie Burgstall erinnert an eine verschwundene Burg, in den Krautgärten wurde oder wird Kraut – also Kohl – angebaut. Es gibt aber auch Namen, die sowohl Naturnamen als auch Kulturnamen sind. Das sind dann solche, die aus mehreren Bausteinen zusammengesetzt sind. So zum Beispiel eine Linsenhalde. Der Name sagt uns, dass dort Linsen angebaut wurden (Kultur) und dass es ein steiler Abhang ist (Natur).“ So wie viele ganz normale Wörter sind auch Flurnamen oft aus mehreren Bausteinen zusammengesetzt. Der letzte dieser Bausteine wird immer Grundwort genannt, das nachfolgende ist das Bestimmungswort.“ Quelle: Hönes, Jiří (2011): „Flurnamenlexikon für Baden-Württemberg“; Stuttgart-Untertürkheim

Um speziell alte Flurnamen zu identifizieren, benötigt man natürlich auch alte Karten, welche die einstige Flur abbilden. Am besten sind historische Gemarkungspläne. Für Elbenschwand stehen mir zwei zur Verfügung: einmal der "Topographische Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann" aus dem Jahr 17791) und der Gemarkungsplan „Elbenschwand (Kleines Wiesental LÖ) und Holl-Langensee“ aus dem Jahr 18912). Als weitere Kartenwerke. die entsprechenden Blätter der DG 1:50003)  und natürlich das GEOPORTAL BW4), ein spezielles Webportal, das eine Suche nach und einen Zugriff auf digitale geographische Informationen und auf geographische Dienste über das Internet mit Hilfe eines Webbrowsers ermöglicht.

 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
"Topographische Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann" aus dem Jahr 17791). Wichtiger Hinweis: diese Karte ist nicht "eingenordet"
 
 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
Windrose auf dem Gemarkungsplan von 1779 (oben rechts).
 
Bis ins 19. Jahrhundert wurden Kartenbilder auch nach Süden ausgerichtet („gesüdet“) und standen damit nach heutiger Auffassung auf dem Kopf. Immer ermöglichte jedoch ein eingezeichneter Pfeil, oft in einer Windrose (vergl. Gemarkungsplan von 1779 oben) , die Ausrichtung des Kartenblatts nach den Himmelsrichtungen. Da wenigstens bis ins 18. Jahrhundert die Auffassung des Kartenzeichners im Vordergrund stand, sind auch Kartenlagen vorhanden, die im Westen oder Osten nach oben zeigen. Solcher Art „geostete“ oder „gewestete“ Karten liegen vorzugsweise bei Ansichten vor, wo es um die lokale oder regionale Betrachtung nach Wichtigkeit ging.   
 
 
 
Quelle/Sammlung: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-46801https://www2.landesarchiv-bw.de/
 
„Elbenschwand (Kleines Wiesental LÖ) und Holl-Langensee“ aus dem Jahr 18912).
 
 

1) "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe .Kurzbeschreibung: Grenzen, Flurnamen, Wälder, Wiesen, Äcker, Gewässer (Wiese), Mühlen, Felsen, Wege. Häuser der Orte Bürchau und Elbenschwand im Grundriß, angrenzende Gemarkungen und "Österreichisches Territorium" benannt. Titelkartusche mit Muschel und Gras mit sitzendem Hasen. In den oberen Kartenecken badisches Wappen, Rosen, die Initialen J. M. und M. B., in der Mitte Fürstenhut, die Initialen C. F., Fidelitas- und Elefantenorden am Band. Erstellt (Anfang): 1779, Format: 52,5 x 73 cm, Objekttyp: Karten und Pläne, Quelle/Sammlung: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, Sonderbestände Karten, Gemarkungspläne, Erste badische Landesaufnahme, Obere Markgrafschaft (Sausenberg, Rötteln, Badenweiler), Landgrafschaft Sausenberg / Herrschaft Rötteln / Oberamt Lörrach, OrtsgemarkungenSerie A (Schmauß u.a.), Archivalieneinheit, Identifikatoren/Sonstige Nummern: H Elbenschwand 1 https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1701179oder https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010

2) „Elbenschwand (Kleines Wiesental LÖ) und Holl-Langensee“, Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW] Erstellt (Anfang): 1891 (Stand 1891, Zeichnung und Druck 1893),Objekttyp: Karten und Pläne, Quelle/Sammlung: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, Sonderbestände, Karten, Gemarkungspläne, Gemarkungspläne 1:10 000, Gemarkungspläne 1:10000 / 1857-1935, E, Archivalieneinheit, Identifikatoren/Sonstige Nummern: H-1 Nr. 424 [Bestellsignatur]  https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-46801https://www2.landesarchiv-bw.de/exporte/leo/archiv_4/bilder/bestand_0000008290/labw-4-468011-1.jpg

3) DG 1:5000: Mit der DG 1:5000 arbeite ich besonders gerne, da sie in einer sonst nicht mehr angebotenen Form auch die Flur- und Gewannnamen aufgenommen hat, die in anderen Kartenwerken auf Grund des Maßstabes nicht mehr vorhanden sind. Für den früheren badischen Landesteil liegt sie als die Deutsche Grundkarte 1:5000 vor. Sie enthält eine nahezu grundrisstreue Darstellung der bedeutsamen topographischen Objekte und die Flurstücksgrenzen; die Geländeformen sind durch Höhenlinien und Höhenpunkte wiedergegeben. Regelmäßige Abgabe durch das Landesvermessungsamt Baden-Württemberg bis etwa 1995  Die Fortführung der DGK 5 ist eingestellt. Für die Ermittlung der Blatteinteilung der DGK5 steht ein Geodatendienst (WMS und WFS) zur Verfügung (OpenData siehe: WMS oder WFS LGL-BW Deutsche Grundkarte 1:5000 Rahmengitter).

4) GEOPORTAL BW BADEN-WÜRTTEMBERG: das Geoportal ist ein spezielles Webportal, das eine Suche nach und einen Zugriff auf digitale geographische Informationen und auf geographische Dienste über das Internet mit Hilfe eines Webbrowsers ermöglicht https://www.geoportal-bw.de/ Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, Büchsenstraße 54, 70174 Stuttgart

 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
Detail aus "Topographische Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann" aus dem Jahr 17791): Erbere-Boden (Erdbeerboden). Wichtiger Hinweis: dieser Kartenausschnitt ist nicht "eingenordet" .
 
 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
Detail aus "Topographische Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann" aus dem Jahr 17791): Erbere-Boden (Erdbeerboden). Wichtiger Hinweis: dieser Kartenausschnitt ist "eingenordet" .
 
 
Quelle GEOPORTAL BW Gewann Erdbeerboden  in die Flureinteilung.(Direktlink)
 
Der Ausschnitt vom Gemarkungsplan 1779 (oben) wurde durch Drehung exakt "eingenordet" und bildet nun jenes Vergleichsgebiet besser ab, das auch die GEOPORTAL BW-Flurkarte zeigt.  
 
 
Quelle/Sammlung: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-46801https://www2.landesarchiv-bw.de/
 
Detail aus  „Elbenschwand (Kleines Wiesental LÖ) und Holl-Langensee“ aus dem Jahr 18912).
 
 
 
 Ausschnitt aus der DG 1:50003) Elbenschwand
 
 
 
 Ausschnitt aus der DG 1:50003) Elbenschwand
 
 

Und ich stoße auf dem Gemarkungsplan von 1789 beim Abgleichen der Flurnamen und Flurstücke auf ein besonderen Namen, der sich im Moment wie ein Rechtschreibfehler darstellt und erst beim näheren Hinsehen seine eigentliche Herkunft preisgibt: der Erbere-Boden“, der etwas südwestlich von jenem Areal des Tannenkopfes liegt, das mir mit den Terrassenfelder so viele Fragen beschert hat!

Wie hieß es noch: „Flurnamen oder Lagebezeichnungen sind meist über Jahrhunderte überliefert. Manchmal schimmert in den Endsilben noch eine sehr alte Bezeichnung durch.“ Eine sehr alte Bezeichnung – dies setzte sich bei mir fest. Wie alt? Aus welcher Zeit?

Ein Vergleich mit der modernen DG-1:500 bestätigt, dass sich der historische Erbere-Boden“ nun eingedeutscht hat und sich zum „Erdbeer-Boden“ gewandelt hat. Aber stimmt diese Wortumdeutung wirklich?

„Als man im 19. Jahrhundert die Flurnamen schriftlich festlegte (katasteramtliche Schreibweise), wurden – aus Sicht des Etymologen – schlimme Fehler gemacht. Namen wurden entstellt und wurden so für die Forschung unbrauchbar, da sie in der „verhochdeutschten“ Form zu unsinnigen Deutungen führen. Dabei lässt sich die Bedeutung des Namens bei der Schicht der jüngeren Flurnamen mit der vor Ort gesprochenen Mundart in den meisten Fällen noch hinreichend klären.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Flurname

„In der Vorort gesprochenen Mundart“ uf alemannisch also, dann würd´s aber je nach Region Erdbeeri oder Ärbele oder Eäbeeri oder Erbede oder Ärbere heißen und nit Erbere!" Doch eine unsinnige Verhochdeutschung? Oder ein wirklich sehr alter Flurname, den die mündliche Überlieferung vielleicht über Jahrhunderte bewahrt hat? Welche Sprache wurde im Hochmittelalter gesprochen, also in jener Epoche, wo Elbenschwand als Siedlung entstand?

Als mittelhochdeutsche Sprache (Abk. Mhd.) bezeichnet man sprachhistorisch jene Sprachstufe des Deutschen, die in verschiedenen Varietäten zwischen 1050 und 1350 im ober- und mitteldeutschen Raum gesprochen wurde. Damit entspricht diese Zeitspanne in etwa dem Hochmittelalter.

Und wie wurde Erdbeere damals geschrieben bzw. gesprochen? In mittelhochdeutsch hieß sie ertber oder erdber, auch ertper und ertbere, aber auch erdebere und – was ich wie die Nadel im Heuhaufen gesucht habe – endlich – auch erbere.

„Etymologisch: Das Substantiv Erdbeere entwickelte sich aus dem mittelhochdeutsch ertber → gmh und dieses sich aus dem althochdeutsch ertberi → goh.strukturell: Determinativkompositum, zusammengesetzt aus dem Stamm des Substantivs Erde und dem Substantiv BeereFür die Erdbeeren bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Ebbeere (St. Gallen) Eberi (Schweiz), Ebern (Schweiz), Erbeern (Holstein), Erbeer (mittelhochdeutsch), Erber (Augsburg, mittelhochdeutsch), Erbere (mittelhochdeutsch), Erbern (mittelhochdeutsch), Erbir (mittelhochdeutsch), Erbirbaum (mittelhochdeutsch), Erdbeeri (Bern), Erdberenboem (bereits 1507 erwähnt), Erdbese (mittelniederdeutsch), Erdbiere (mittelhochdeutsch), Erdebeeren (Elsass), Erpber (mittelhochdeutsch), Erper (mittelhochdeutsch), Erpern (mittelhochdeutsch), Erperstaud (mittelhochdeutsch), Erpher (mittelhochdeutsch), Erpir (mittelhochdeutsch), Erpern, Errberkraut, Erthebere (mittelhochdeutsch), Rotber (althochdeutsch) und Rotbere (althochdeutsch)“ Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Scharlach-Erdbeere und https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeeren

 „...erdbeere, f. fragum, ahd. erdperi n. mhd. ertber, erdeber n. nnl. Aardbezie n. ist. jardarber pl. fraga, schw. dän. jordbär, der schw. volksausdruck ist smultron. russ. zemljanika, lit. źémgě, serb. böhm. jagoda. bei Maaler 108d ist erdbeere noch neutral, allmälich drang die nd. weibliche form durch. ein vocab. von 1429 und voc. 1482 g 6a haben fraga erper, mit geschwundnem linguallaut. die köch seind der erdbeern auch gewar worden, machen gute müslin, gebüren den kranken, hitzigen menschen mehr dann den gesunden, um der külung willen. Bock kräuterb. 186. man sagt erdbeeren pflücken, brechen, suchen, sa sêt, dô liefen wir ërtbern suochen,  von dër tannen zuo dër buochen  über stoc und über stein. MSH. 3, 30b;hd. bricht blumen und kräuter, und erdbeern im gehn". Quellen: https://www.dwds.de/wb/dwb/erdbeere und Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1860), Bd. III (1862), Sp. 747, Z. 28.

Ein mittelhochdeutsches Wort im Sprachgebrauch von 1050 bis 1350 (zur Erinnerung: 1278 die ersten Siedler in Elbenschwand) auf einem Gemarkungsplan aus dem Jahre 1789 – eine wirkliche Überraschung und damit auch ein Durchbruch – Licht am Tunnelende!

"Brästling ist das schwäbische Wort für die Erdbeere. Das Wort ist in Flurnamen ein Hinweis dafür, dass dort Erdbeeren angebaut werden", also richtig angebaut und nicht nur gesammelt. Quelle: Hönes, Jiří (2011): Flurnamenlexikon für Baden-Württemberg“; Stuttgart-Untertürkheim  

Auf dem Gemarkungsplan von 1779 sind lediglich fünf Flurnamen eingetragen: Ob den Äckern, Schwein Eck, Spitzfelsen, Wolfsacker und Erbere Boden. Damit unterstreicht der Kartenzeichner punktuell auch die landwirtschaftliche Rolle, Besonderheit und Funktion jener Flurstücke und gibt mittelbar auch die Bedeutung der jeweiligen Gewanne wieder.

Wobei der Kartograph sich erkennbar besonders um die Darstellung des Erbere Boden und dessen möglichst abbildgenaues Wiedergeben bemüht hat. So sind der Erdbeerboden – zusammen mit dem von mir untersuchten Terrassenfeld – die einzigen Flurstücke, die auch geometrisch genau parallel zum Südhang des Tannenkopfes laufen und auffallend exakt – fast wie mit dem Lineal gezogen – eingezeichnet sind.

 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
Besondere kartografische Flur-Betonung der parallel zum Hang laufenden Gewanne (Hinweis auf Terrassen)
 
 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
Besondere kartografische Flur-Betonung der parallel zum Hang laufenden Gewanne (Hinweis auf Terrassen) - Kartenausschnitt eingenordet.
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW Gewann Erdbeerboden  in die Flureinteilung.(Direktlink)
 
Heutige Flureinteilung mit Erdbeerboden und vergleichbarem Kartenausschnitt.
 
 

Der Begriff Boden als Grundwort tritt bei Flur- und Gewannnamen unserem Raum häufiger, jedoch außerhalb vom Schwarzwald wesentlich weniger auf. So wie viele ganz normale Wörter sind auch Flurnamen oft aus mehreren Bausteinen zusammengesetzt. Der letzte dieser Bausteine wird immer Grundwort genannt. Im Flurnamen ist Boden das Grundwort. Es handelt sich bei dieser Flur also um einen Boden. Erdbeer ist das Bestimmungswort. Dieses gibt nähere Auskunft über den Boden, also in diesem Fall ist es ein Boden mit Erdbeeren.

Doch diese Interpretation ist nicht vollständig: im althochdeutschen (ahd) steht bodam für Boden und wird oft im Sinne einer höhergelegenen, ebene Fläche verwendet. Bei Hanglagen entstehen so Terrassen. Genauer formuliert: Boden, mhd. bodem oder boden, ahd. bodam, verwandt mit dem lat. fundus, steht für ebene Fläche, Terrasse oder kleinere Hochfläche.
Quelle u.a.: http://www.daniel-stieger.ch/flurnamen.htm, Solothurnisches Orts- und Flurnamenbuch und persönlicher Schriftverkehr mit Dr. phil. Peter Löffelad (M.A.) E.I.S.: Ellwanger Institut Arbeitsstelle Spraitbach (AS) Ochsenbusch 14 D-73565 Spraitbach: Erdbeerboden: Das Bestimmungswort ist sicherlich die Erdbeere bzw. die Mehrzahl davon (Erdbeeren); in Flurnamen und der Mundart ist damit stets die wilde Walderdbeere gemeint (die Gartenerdbeere dagegen ist gemeinhin der Prestling) [vgl. Flurnamenbuch Baden-Württemberg, S. 61). Überprüfen Sie - wenn möglich - die mundartliche Aussprache bei Alteingesessenen! Das Grundwort ist Boden (der -) für Erde, Grund eines Gewässers oder einen Talgrund [ebd. S. 46; auch für eine "ebene Hochfläche" KEINATH, Walther: Orts- und Flurnamen in Württemberg, S. 60..
Der Garten kann sich unmittelbar an die Terrasse anschließen oder sich auf einer tieferen Ebene (bzw. höher gelegenen Ebene bei Hanglage) befinden und über Treppen oder Rampen mit der Plattform verbunden sein. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Terrasse_(Architektur)
Künstlich angelegt werden Terrassen, um in Hanglagen Flächen geringeren Gefälles zu schaffen, etwa für den Terrassenfeldbau (Terrassenkultur) oder um Verkehrswege waagerecht oder auf sanft ansteigenden Rampen, bei Bedarf auch in Serpentinen zu führen. In früheren Zeiten hat man Terrassen auch für Befestigungsanlagen geschaffen, dabei kam es vor allem auf die steile Terrassenstufe an. Allgemein gibt es Terrassen in bergigem Gebiet, wenn dort Landwirtschaft betrieben wird. Meist wurden in Handarbeit Mauern aufgeschichtet. https://de.wikipedia.org/wiki/Terrasse_(Gel%C3%A4ndeform)

Auch der Kartenzeichner des später erscheinenden Werkes von 1891 weist auf seinem Gemarkungsplan dem dortigen Erdbeerboden wiederum eine Sonderfunktion zu. Hier werden die unterschiedlichen Gewanne in unterschiedlicher Schriftgröße gekennzeichnet, die eigentlich verbindliche vertikale Koordination wird nicht eingehalten. Auch nicht direkt um nebeneinander liegende, aber namensgleiche Gewanne werden quasi mit dem Schriftzug verbunden, deshalb wird der Namenszug über das eigentliche Gewann hinausführt. Beispiel: der besagte Erdbeerboden – dessen Gesamtfläche auch nach Osten ausgreift – wo die Legende allerdings auch nur wieder Weide signalisiert. Damit ist aber auch klar, dass der eigentliche Erdbeerboden nicht nur das westliche Areal, sondern auch das terrassierte Gebiet (unten: Pfeilrichtung)- nicht nur entlang der Kammlinie umfasst (siehe nachfolge GEOPORTAL-Flurkarte).

 
 
 
Quelle/Sammlung: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-46801https://www2.landesarchiv-bw.de/ 
 
Detail aus  „Elbenschwand (Kleines Wiesental LÖ) und Holl-Langensee“ aus dem Jahr 18912).  
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW (Direktlink) Elbenschwand: Gewann Erdbeerboden und Distrikt Tannenkopf  - ein einst zusammengehöriges Areal. 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW Gewann Erdbeerboden (rot) mit Übernahme der Hangterrassen (gelb) in die Flureinteilung(Direktlink)-
 
 

Und noch eine Besonderheit, die den Erdbeerboden heraushebt: im GEOPORTAL BW kann man a l l e Flurnamen in Baden-Württemberg digital abrufen und auch in Form von verschiedenen Kartenvarianten im Flurverband darstellen. Für ganz Baden-Württemberg – ich muss dies einfach nochmals unterstreichen: für g a n z Baden-Württemberg gibt es nur einen e i n z i g e n Erdbeerboden – der in Elbenschwand.

Selbst den von uns speziell untersuchten und in seiner Art ebenfalls sehr besonders gestellte und seltene Schloßboden nördlich vom Neuenweger Eck gibt es fünf Mal! Aber Erdbeeranbau in Form von Terrassen und das im Mittelalter – und dann noch im südlichen Schwarzwald? Ja, da ist das Fragezeichen sehr wohl gerechtfertigt.

Ein Blick in die Literatur zeigt jedoch, dass diese keinesfalls so abwegig ist: Die Zeitschrift „Die Gartenlaube – Illustrirtes Familienblatt“ war ein Vorläufer der moderne Illustrierten und das erste große erfolgreiche deutsche Massenblatt. Im Jahr 1873 veröffentlichte man im Heft 30 folgenden Artikel: „In keinem der vielen Reisehandbücher und Touristenführer findet man dieser merkwürdigen Schwarzwaldproduction auch nur mit einem einzigen Worte Erwähnung gethan; keine Zeitung und keine Zeitschrift haben auf das in der That einzige Erdbeerland noch aufmerksam gemacht, ja von den fünfzig- bis sechzigtausend Fremden, welche Jahr aus Jahr ein das benachbarte Baden aufsuchen, sind es sicher nicht hundert, die von der Staufenberger Culturspecialität eine Ahnung besitzen, und nicht zehn, welche es der Mühe werth erachtet haben, davon Einsicht zu nehmen.“ Quelle: SCHEUBE, HUGO (1873): Die Vierlande des Schwarzwaldes, in: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 484–486, Herausgeber Ernst Keil, Leipzig oder https://de.wikisource.org/wiki/Die_Vierlande_des_Schwarzwaldes

Ein "Erdbeerland" im Nordschwarzwald? Erdbeeren als "Schwarzwaldproduction"? Der Gartenlaube-Artikel ist so informativ, dass ich ihn – zumindest in Ausschnitten – hier speziell aufnehme: „Gartenerdbeeren?“ wiederholte ich zweifelnd. „Und hier aus Gernsbach?“ „Aus Gernsbach selber nicht, “ gab er mir zur Antwort, „aber ganz aus der Nähe, drüben von Staufenberg, ein halb Stündchen von hier. Da baut das ganze Dorf Erdbeeren auf dem Felde, wie man anderwärts Kartoffeln zieht; Morgen und Aecker hat’s da, wo nichts als Erdbeeren gepflanzt sind. Das sollten Sie sich einmal betrachten. Und schauen Sie nur, ’s kommt noch fortwährend neuer Zufluß.“ „Sie haben hier,“ setzte er, mich zum Zulangen auffordernd, hinzu, „eine vollständige Sammlung der Beerensorten, die wir hier cultiviren. Es sind die beliebtesten der jetzt gezogenen Tafelerdbeeren; da die große rothe, daneben die sogenannte braune italienische, die gewöhnliche und die längliche große Ananaserdbeere, auch die edelste von allen, die Zimmeterdbeere. Diese dort ist’s auf dem kleinen Teller; sie sieht fast weiß aus und wird von den Nichtkennern leicht für unreif gehalten. Bitte, versuchen Sie nur! Hat sie nicht den zartesten Duft und den feinsten Geschmack? Aber trinken Sie auch ein Glas Wein! ’s ist ebenfalls Staufenberger Product, von der Schillergattung, doch ganz Natur, nicht eine Spur von Fabrication dabei!“ „Heute ist in Ober- und Unterstaufenberg kaum noch eine Familie, die sich nicht mit der Erdbeerzucht befaßte, die schon seit fünfzehn Jahren im Großen betrieben wird und jetzt eine solche Ausdehnung gefunden hat, wie höchst wahrscheinlich auf keinem andern Punkte der Erde... „Denken Sie sich nur, jeden Morgen eile ich jetzt schon um drei Uhr aus dem Bett, denn die Erdbeeren müssen gepflückt werden, ehe die Sonne darauf fällt, sonst vertragen sie den Transport nicht, folglich entweder am frühesten Morgen oder am spätesten Abend. Und was ist dies Zupfen für ein entsetzlich mühsames Geschäft! Sie haben ja die steilen Gesenke gesehen, die man dabei auf- und abzuklettern hat. Und im Frühlinge erst das Ausjäten des Unkrauts! Schauen Sie nur meine Hände an, wie sie aufgesprungen und schwielig sind; das rührt Alles von den Erdbeeren her.“ „Wenn wir selbst nur unsere Schuldigkeit thun, das heißt die Felder mehrere Male des Jahres von Unkraut reinigen, den Boden gehörig lockern und mit gutem Stalldünger befruchten. So behandelt, dauert die Erdbeere, von welcher wir gegenwärtig alle feinern Sorten zeitigen, auf einem Flächenraume von zusammen mindestens zwölf Morgen in der Regel ihre neun, ja zehn Jahre aus. Dazu kommt noch, daß sich gerade auf der Winterseite gelegene, für andere Anpflanzungen kaum taugliche und daher werthlose Grundstücke zur Erdbeerkultur als besonders geeignet erwiesen haben. An den südlichen Hängen reift die Beere nur früher und wird hierdurch für den Kleinverkauf einträglicher.“

 
 
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Osias_Beert + http://www.rijksmuseum.nl/collectie/SK-A-2549 + Stilleven Rijksmuseum SK-A-2549.jpeg
 
Walderdbeeren in der Kunst des 17. Jahrhunderts: Osias Beert (ca. 1580 – 1623) Frühstücks-Stilleben (mit Walderdbeeren auf linkem Teller)
 
 

Auch ein aktueller Blick ins www macht deutlich, dass heute der Erdbeeranbau im Schwarzwald – selbst in höheren Lagen – ertragreich und somit erfolgreich betrieben werden kann. Hier nur einige Beispiele: Erdbeer- und Himbeerkulturen im Hochschwarzwald rund um St. Peter. Die Gemeinde gehört zum Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Südlich vom Hohackerweg und westlich vom Kreuzhofweiher auf der Gemarkung von Schweighof, Thaddäushof und Kreuzhof liegen große Erdbeerfelder und Himbeerfelder. Beim Plattenhof liegt eine weitere Himbeerplantage in erstaunlichen 1.100 m Höhe. Ende Juni/Anfang Juli beginnt die Ernte, also nach dem in der Rheinebene bereits im Juni beendete Saison. Während unten in der Rheinebene die Erdbeeren nicht früh genug reif sein können und so inzwischen mehrheitlich im Folientunnel heranreifen, reifen die Beeren in den höheren Lagen in einem längeren Wachstumsprozess und werden so auch aromatischer. Viele Höfe und Wochenmärkte z. B. in Bad Wildbad im Schwarzwald bieten Erdbeeren aus regionalem Anbau an. Auch Bio-Erdbeeren werden auf einigen Höfen im Schwarzwald angeboten. Für regionale Erdbeeren direkt vom Bauern wird in Bad Wildbad im Schwarzwald geworben. Bad Wildbad (bis 1990 Wildbad im Schwarzwald) ist eine Kurstadt im Landkreis Calw in Baden-Württemberg. Sie gehört zur Region Nordschwarzwald in einer Höhenlage von 700 bis 800 m ü. d. M..

Der Einwand, dass es sich hier um durch spezielle Kreuzungen neugezüchtete Sorten (u.a. kreuzungen von Walderdbeeren mit anderen Sorten) handelt, ist richtig. Denn das, was die Siedler in Elbenschwand auf ihren Terrassen anbauten, waren keine Garten- sondern "wilde" Walderdbeeren.

Die Walderdbeere ist eine heimische Sammelnussfrucht aus der Gattung der Erdbeeren und wie alle Erdbeeren entstammt sie der Familie der Rosengewächse und bildet die Ausgangszuchtbasis der meisten Monatserdbeeren. Die Walderdbeere ist jedoch nicht die Wildform unserer Garten- bzw. Kulturerdbeere. Aktuell erhält man für ein Kilogramm Walderdbeeren bis zu 50 Euro.

 
 
 

Walderdbeeren in der Kunst des 17. Jahrhunderts (Ausschnitte): Adriaen Coorte (1665  bis 1707) Stillleben mit wilden Erdbeeren (Walderdbeeren) Quelle https://en.wikipedia.org/wiki/Adriaen_Coorte

 
 

„Bereits im Mittelalter wurden Walderdbeeren auf großen Flächen kultiviert. Man kannte bereits allerlei Methoden, um die Reife zu beschleunigen oder die Ernte zu verlängern.“ Quelle: http://www.borgmeyer.eu/produkte/erdbeeren/geschichte-der-erdbeere.html

„Die Wald-Erdbeere ist in weiten Teilen Europas und Nordasiens beheimatet. Sie wächst bevorzugt in lichten Laub- und Nadelwäldern sowie entlang der Waldränder. Die Wald-Erdbeere bevorzugt sonnige bis absonnige Standorte und benötigt feuchte, aber gut durchlässige, nährstoff- und humusreiche Böden. In den Allgäuer Alpen steigt sie am Aggenstein in Bayern bis zu einer Höhenlage von 1750 Metern auf. Sie müssen durch Teilung oder vorzugsweise durch Aussaat vermehrt werden, da die Vitalität der Pflanzen nach einigen Jahren nachlässt. Aus archäologischen Funden weiß man, dass Walderdbeeren schon lange zu den von Menschen gesammelten Früchten gehören.. Im Mittelalter wurden Walderdbeeren ab dem 14. Jahrhundert großflächig angebaut, ohne jedoch die Fruchtgröße merklich steigern zu können. Die Entdeckung der großfrüchtigeren Chile-Erdbeere (Fragaria chiloensis) und die darauffolgende Kreuzung mit der amerikanischen Scharlach-Erdbeere (Fragaria virginiana) führten dazu, dass die Walderdbeere seit dem 18. Jahrhundert fast nicht mehr kultiviert wurde. Später züchtete man wieder mit der Walderdbeere, wodurch als Kulturform der Walderdbeere die Monatserdbeere entstand. Mit Walderdbeeren werden auch heute noch gelegentlich Konfitüren und Marmeladen aromatisiert. Die grünen Kernchen der Früchte enthalten einen Bitterstoff, der erst Erdbeeren sind nicht nur kalorienarm, sondern liefern auch einen wichtigen Beitrag zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung. So enthalten Erdbeeren zum Beispiel sehr viel Vitamin C. Dieses ist wiederum wichtig für die Abwehrstoffe des Körpers. Ebenso wichtig ist Folsäure und Eisen für den Körper. Diese Stoffe sind wichtig für das Blut und die Knochen und können vorbeugend auch gegen Blutarmut helfen. Folsäure und Eisen lassen sich somit ebenfalls durch Erdbeeren dem Körper zufügen, da die roten Früchte diese wichtigen Stoffe ebenfalls besitzen. Zudem beinhalten Erdbeeren einen hohen Anteil an Kalzium und schützen somit auch die Knochen vor Krankheiten, wie beispielsweise Osteoporose. Zusätzlich bringt die Erdbeere dem Körper Kalium und Magnesium und wirkt sich dadurch positiv auf das Herz aus. Doch diese Bandbreite an gesundheitsfördernden Stoffen der Erdbeere ist noch längst nicht alles, denn ferner enthält diese Frucht Salicylsäure, die vor Gicht und Rheuma schützt und sekundäre Pflanzenstoffe, die vor Krebs und Arteriosklerose schützen sollen.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeeren und https://de.wikipedia.org/wiki/Wald-Erdbeere

 
 
Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wald-Erdbeere#/media/Datei:Illustration_Fragaria_vesca0.jpg, grafisch bearbeitet und https://de.wikipedia.org/wiki/Wald-Erdbeere#/media/Datei:Fragaria_vesca_—_Flora_Batava_—_Volume_v8.jpg
 
Historische Abbildungen der Wald-Erdbeere (Fragaria vesca).
 
 

„Die europäischen Wald-Erdbeeren (Fragaria vesca) wurden während des Mittelalters auch flächig angebaut. Erst im 17. bzw. 18. Jahrhundert gelangten die beiden großfrüchtigen (und oktoploiden) amerikanischen Arten – die Scharlach-Erdbeere (Fragaria virginiana) und die Chile-Erdbeere (Fragaria chiloensis) – nach Europa. Aus deren Kreuzung entstand um 1750 in der Bretagne die Urform der Gartenerdbeere (Fragaria × ananassa), von der die meisten heute kultivierten Sorten abstammen.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeeren und https://de.wikipedia.org/wiki/Wald-Erdbeere

„Die kleine Walderdbeere (auch: Knickbeere; bot. Fragaria vesca L.) spielte schon zumindest seit der Steinzeit eine Rolle in der menschlichen Ernährung, wie archäologische Funde belegen. Walderdbeeren können sich auch vegetativ durch Sprossung vermehren. Französische Gärtner begannen im 14. Jhdt. Walderdbeeren systematisch anzubauen. Der französische König Karl V. („der Weise“, reg. 1364-1380) soll bereits ca. 1200 Erdbeerpflanzen in dem königlichen Garten sein eigen genannt haben. Im frühen 15. Jhdt. verzierten Mönche ihre Manuskripte mit Erdbeeren." Quelle: https://meyer-schodder.jimdo.com/verschiedenes/erdbeersymbolik/

Die ersten Siedler im Kleinen Wiesental begannen den Aufbau ihrer Siedlungen und die Strukturierung ihrer Landwirtschaft noch unter dem klimatisch günstigen Einfluss der Mittelalterlichen Warmzeit (Mittelalterliche oder mittelalterliche Warmzeit - beide Schreibweise sind möglich) . Da die Wald-Erdbeere sonnige bis absonnige Standorte bevorzugt und feuchte, aber gut durchlässige, nährstoff- und humusreiche Böden benötigt, gedieh sie in der Folgezeit auf den durch Rodung neu gewonnenen Terrassenflächen sicherlich sehr gut. Zumal auch solche Steinterrassen nicht nur den Vorteil haben, dass sie die Wärme des Tages bis weit in die Nacht hin speichern, sondern der zusätzlich aufgelegte Humus auch mehr Feuchtigkeit speichern kann.

"Als mittelalterliche Warmzeit oder auch mittelalterliche Klimaanomalie/-optimum wird in etwa der Zeitraum zwischen 950 und 1250 n. Chr. bezeichnet, in dem auf der Nordhemisphäre überdurchschnittlich hohe Temperaturen herrschten – es war insgesamt 1,5 - 2°C wärmer. Feuchte, warme Sommer ermöglichten der Landwirtschaft auch in höher gelegenen Regionen gute Ernte. Mit den höheren Temperaturen war beispielsweise auch Weinanbau in England möglich; Feigen- und Olivenbäume fanden in Teilen Deutschlands gute Wachstumsbedingungen."     Quellen u.a. https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Mittelalterliche_Warmzeit und https://de.wikipedia.org/wiki/ Mittelalterliche_ Klimaanomalie

Um 1300 bis1350 – also schon bald nach der Gründungsphase – ging die Mittelalterliche Warmzeit in die Kleine Eiszeit über. Das kältere Klima reduzierte die Ernten und bislang betriebene Anbaumethoden brachten nicht mehr den gewohnten Ertrag. Ebenso gab es einen Wandel in der Tierhaltung. Neben der bisher bevorzugten Schweinemast gewann die Großviehhaltung an Bedeutung. Diese wiederum benötigte auch größere Weideflächen (Rodung bisheriger Waldflächen) sowie die Fütterung während der Winterperiode (Heugewinnung). Hierbei gibt es auf kleinstem Raum – wie dem im Kleinen Wiesental – bereits schon bedeutende regionale Unterschiede in der Entwicklung dieser Bereiche wie z. B. zwischen Neuenweg und Elbenschwand.

 
 
 
 
Quelle: © Google Maps, Bilder © 2016 DigitalGlobe, Kartendaten © 2016 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google ©  2017, Grafik © Werner Störk 2020   
 
Elbenschwand 
 
 
 
 Quelle GEOPORTAL BW Grafil © Archiv & Sammlung Werner Störk 2020 (Direktlink auf Grafik)    
 
Historische (gestrichelt) und moderne Wegverbindungen - entsprechend alter Karten oft parallel - von und über Gebinbach nach Gresgen, Wolfsacker und Erdbeerboden.
 
 

Elbenschwand ist bedingt durch seine besondere topografische Lage ein Lebens- und Arbeitsraum, der durch seine hohe Reliefenergie geprägt wurde. So wurden anderenorts im Südschwarzwald vor allem die ortsnahen Osthänge bevorzugt zur landwirtschaftlichen Nutzung aufbereitet, da sie im Frühling als erste schneefrei wurden. Solche Hänge standen den Elbenschwander nicht zur Verfügung. Damit gewann als „Ersatz“ der Tannenkopf mit seiner langgestreckten Ost-West-Kammlinie und der südlichen Hanglage auch landwirtschaftlich eine besondere Bedeutung. Gleichzeitig waren die Siedler aber auch gezwungen, dabei mehr nutzbare Fläche für ihre Landwirtschaft zu gewinnen. Und das bei gleichzeitiger Schonung der natürlichen Wald-Ressourcen, die sie für ihre Schweinemast genauso dringend gebrauchten. So wurde der gesamte für die Landwirtschaft nutzbare Südhang des Tannenkopfs terrassiert – ausgenommen zwei kleine Waldgebiete. Ein heutiges Luftbild gibt wohl genau jenen Waldbestand und Gesamteindruck der Landschaft wieder, so wie in die ersten Siedler hier angetroffen hatten: Wald, Wald und nochmals Wald. Vor allem der Blick auf den Gemarkungsplan von 1891 zeigt, wie sich die immer kleiner werdenden Gewann-Parzellen vermehrt haben, da sich die Gesamtfläche der Gemarkung ja nicht verändert hat.

Ein intensiver Abgleich zwischen den vorliegenden Gemarkungspläne von Elbenschwand zeigt jedoch ebenso, dass auch die nachfolgenden Generationen der ersten Siedler bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt versuchten, das empfindliche Gleichgewicht zwischen landwirtschaftlicher Produktion und Ressourcenschonung zu halten. So kann man der Einschätzung von Prof. Dr. SCHUBRING nur zustimmen, der schreibt:Die sicher ebenso tüchtigen Siedler im Kleinen Wiesentals gingen bedächtiger... vor. Sie hielten länger an einer extensiven, naturnahen Landwirtschaft fest, die ausgedehnte Laubwälder benötigte. Die hochmittelalterlichen ersten Siedler im Kleinen Wiesental scheinen dort eine stärker Rücksicht auf die Natur, Bedächtigkeit und Ausdauer für angemessen und empfehlenswert gehalten haben.“ Quelle: SCHUBRING, KLAUS (2014): „Tegernau, das Kleine Wiesental und das Obere Wiesental  vor 900 Jahren“, in: Das Markgräflerland – Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur, Band 2014, S. 7-22.

 
 

Quelle:https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Fragaria_vesca_%E2%80%94_Flora_Batava_%E2%80%94_Volume_v8.jpg

 

Jan Kops  (1765–1849: Die Wald-Erdbeere (Fragaria vesca).

 
 

Zur Erinnerung: „Die Wald-Erdbeere ist in weiten Teilen Europas und Nordasiens beheimatet. Sie wächst bevorzugt in lichten Laub- und Nadelwäldern sowie entlang der Waldränder. Die Wald-Erdbeere bevorzugt sonnige bis absonnige Standorte und benötigt feuchte, aber gut durchlässige, nährstoff- und humusreiche Böden. Sie muss durch Teilung oder vorzugsweise durch Aussaat vermehrt werden, da die Vitalität der Pflanzen nach einigen Jahren nachlässt.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Wald-Erdbeere

Die Walderdbeer-Kulturen, welche die Elbenschwander am Südhang des Tannenkopfes auf fünf ausgedehnten Hangterrassen anbauten, waren über längere Zeit ein willkommenes Nahrungsergänzungsmittel und eine wichtige Vitamin- und Mineralienquelle für die ersten Siedler. Und natürlich ein relativ leicht zu produzierender Mehrwert als begehrtes Handelsgut auf den regionalen Märkten. Wurde das pflanzliche Gedeihen und die guten Ernteerträge anfänglich nicht nur durch den frisch aufgebrochenen Rodungsboden, sondern auch durch die Mittelalterliche Warmzeit gewährleistet, so verändert der Auftakt der Kleinen Eiszeit die klimatischen Konditionen – mit deutliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Die Reaktion der Walderdbeere auf die generelle Klimaveränderung, aber auch  auf die damit verbundenen mikroklimatischen Veränderungen war vermutlich auch der Grund dafür, dass man die Anbaufläche entlang der oberen Region des Tannenkopfes aufgab. Man konzentrierte sich jetzt auf jenes Gewann, das bis heute noch – nomen est omen Erdbeerboden genannt wird. Dort war auch die Wasserversorgung gesichert und ein insgesamt wesentlich günstigeres Unterhang-Kleinklima (ohne austrocknenden Wind) sorgte für eine erfolgreiche Fortführung der Erdbeerzucht. Das obere Tannenkopf-Gelände wurde nun zur Weide – wie es auch auf dem Gemarkungsplan von 1881 vermerkt ist.

 
Kleines postscriptum:

 J. P. Hebel schreibt in seinen Kalendergeschichten 1811 unter dem Titel Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes eine Auswahl der interessantesten Kalendergeschichten der Jahre 1803–1811 (weitere Auflagen folgten 1816 und 1827): "Der warme Winter von dem Jahr 1806 auf das Jahr 1807 hat viel Verwunderung erregt, und den armen Leuten wohlgetan; und der und jener, der jetzt noch fröhlich in den Knabenschuhen herumspringt, wird in sechzig Jahren einmal als alter Mann auf den Ofenbank sitzen, und seinen Enkeln erzählen, daß er auch einmal gewesen sei, wie sie, und daß man Anno 6, als der Franzos in Polen war, zwischen Weihnacht und Neujahr Erdbeeren gegessen und Veielein gebrochen habe. Solche Zeiten sind selten, aber nicht unerhört, und man zählt in den alten Chroniken seit 700 Jahren 28 dergleichen Jahrgänge. Im Jahr 1289, wo man von uns noch nichts wußte, war es so warm, daß die Jungfrauen um Weihnacht und am Dreikönigtag Kränze von Veilchen, Kornblumen und andern trugen. Im Jahr 1420 war der Winter und das Frühjahr so gelind, daß im März die Bäume schon verblüheten. Im April hatte man schon zeitige Kirschen, und der Weinstock blühte. Im Mai gab es schon ziemliche Traubenbeerlein. Davon konnten wir im Frühjahr 1807 nichts rühmen. Im Winter 1538 konnten sich auch die Mädchen und Knaben im Grünen küssen, wenn's nur mit Ehren geschehen ist; denn die Wärme war so außerordentlich, daß um Weihnacht alle Blumen blühten. Im ersten Monat des Jahrs 1572 schlugen die Bäume aus, und im Februar brüteten die Vögel. Im Jahr 1585 stand am Ostertag das Korn in den Ähren. Im Jahr 1617 und 1659 waren schon im Jänner die Lerchen und die Trosteln lustig. Im Jahr 1722 hörte man im Jänner schon wieder auf, die Stuben einzuheizen. Der letzte, ungewöhnlich warme Winter, war im Jahr 1748. Summa, es ist besser, wenn am St. Stephanstag die Bäume treiben, als wenn am St. Johannistag Eiszapfen daran hängen.“

 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW (Direktlink)
 
Gewann Erdbeerboden mit Hydrologie und dem Zulauf zum Buschgrabenbach
 

Zusammen mit den Erdbeer-Hangterrassen am Tannenkopf besitzt Elbenschwand nun  möglicherweise auch mit Gebinbach wohl die noch einzigen sichtbaren Spuren der Erstbesiedlung im Hochmittelalter. Wobei man davon ausgehen kann, dass die Siedler von Gebinbach auch bei der gemeinschaftlichen Anlage der Hangterrassen am Tannenkopf wie auch ihrer Bewirtschaftung und Nutzung aktiv beteiligt waren.

 
 
 
"Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", Bild 1 Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe - Alle Karten sind direkt verlinkt.
 
Die denkmalschützerischen Schwerpunkte als archäologische Gesamtheit in Elbenschwand.
 
 

In Elbenschwand existiert damit ein archäologischen Ensemble, dessen schutzwürdige Einheit und Sachgesamtheit von besonderer Bedeutung ist: neben den beiden großen Wolfsacker-Redan-Schanzanlagen in Verbindung mit einer gesicherten historischen Alarm- und Signalstation (1701) auf dem Tannenkopf sowie den spätmittelalterlichen Hangterrassen auf dem Südhang des Tannenkopfes nun auch die wiederentdeckte Wüstung Gebinbach. Man müsste deshalb von allen Objekten als Ensemble, denkmalschutzrechtlich  aber auch von einer Sachgesamtheit sprechen

Dazu kurz Grundlegendes: „Die wichtigste Zielsetzung des Ensembleschutzes ist die Sichtbarmachung geschichtlicher Prozesse in ihrem ursprünglichen Kontext. Die eigentliche Aussagekraft ergibt sich aber erst durch die Gesamtschau der Einzelteile. Somit ergibt sich der kulturelle Wert eines Kulturgutes aus der Gesamtheit eines Ensembles. Das Denkmalschutzrecht sieht dafür den Schutz als Sachgesamtheit vor. Bei einem Ensemble werden somit alle Bestandteile in ein Ganzes eingeordnet, das dann zum eigentlichen Träger der geschichtlichen Botschaft wird. Für die weitere Einordnung von Sachgesamtheiten im Sinne des Denkmalschutzgesetzes wird der Fundzusammenhang herangezogen sowie der Funktionszusammenhang. Damit werden auch übergreifende Komponenten, die eine Mehrheit von Sachen zu einer schutzwürdigen Einheit zusammenfassen, gefordert.“ Quelle: Heike Krischok (2016): „Der rechtliche Schutz des Wertes archäologischer Kulturgüter“

 
 
 
 Quellen: Links: © Google Maps, Bilder © 2016 DigitalGlobe, Kartendaten © 2016 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google ©  2017, gelbe Markierung: Grafik © Werner Störk 2018 
Rechts: Detail aus der offiziellen Planungskulisse
© der  ENERKRAFT GmbH und der EWS 2018 und Grafikeintrag - wie unten angegebene Legende - © Werner Störk 2020   
 
 
Um eine relativ angenäherte maßstäbliche Vergleichssituation zu erreichen, habe ich beim Bildausschnitt Google-Maps (links) die Verschiebungsfläche der ENERKRAFT/EWS mit gelben Markierungen abgegrenzt. Um dies möglichst genau zu erreichen, habe ich mich - und das kann man jetzt gut nachvollziehen - am Wegenetz der beiden Bildausschnitte orientiert. Auf der unteren Karte habe ich den erfahrungsgemäßen Flächenbedarf (weiß) zur Errichtung der geplanten WEA 7 eingetragen. Würde die Anlage wie in der Planungskulisse markiert umgesetzt, würde nicht nur das Areal der historischen Signalstation (rote Rauten) unmittelbar betroffen und zerstört werden, sondern auch der noch gut erhaltene Kernbereich der spätmittelalterlichen Hangterrassen (gelb). Wobei es für alle vier gefährdeten Bereiche (inkl. Wolfacker-Redan-Anlage) – was selbst die Oberste Denkmalschutzbehörde des Landes bestätigt – keine identischen Vergleichsobjekte in Südbaden gibt. Das kleine Wiesental und damit der gesamte Kreis sowie ganz Südbaden würden somit einzigartige Kulturgüter und schützenswerte Denkmäler für immer verlieren, was auch denkmalschutzrechtlich bereits schon im jetzt noch laufenden Planungsverfahren ernsthaft zu hinterfragen ist.
 
 
 
 Detail aus der offiziellen Planungskulisse © der  ENERKRAFT GmbH und der EWS 2018 und Grafikeintrag - wie oben angegebene Legende - © Werner Störk 2020   
 

Werner Störk © Copyright 2020

 
 
       
Wüstung Steinihöff
Neuenweg 
Wüstung Gebinbach
Elbenschwand 
Walderdbeeren
Hangterrassen 
 Tannenkopf
mit Hangterrassen
 Historische  Kartenwerke Alarm- und
Signalfeuer
 Hochwachten
Signalstationen
Bergbau & Wüstung
Neuenweg
Strategisch-
topografische Lage 
Ausspringender
Winkel (Redan) 
 Wolfsacker-
Schanze
Nördlicher Redanschenkel
 Südlicher
Redanschenkel
Kommunikation
Laufgraben
 

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