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Die Bleierz-Grube am Spitzkopf
südlich von Neuenweg |
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Werner Störk Copyright © 2016 |
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Quelle Generallandesarchiv Karlsruhe | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Gemarkungskarte 1770, Ausschnitt mit
„Spitzberg“ und "Bleygrub |
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Auch aktuell die Berichte im Rahmen der 9-teiligen Bergbau-Serie über Neuenweg mit Direktlinks auf die BZO: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Quelle: © Google Maps, Bilder © 2017 Google, Kartendaten © 2017 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Aus der Vogelperspektive: das Bergbau-Areal am "Spitzkopf" (rot), das Terrain der Wüstung "Steinihöff" (gelb) sowie das Gelände der "Holder"-Schanze.(orange) und den Aufstiegsrouten. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Quelle: © Google Maps, Bilder © 2017 Google, Kartendaten © 2017 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im oberen Tal der „Belchener Wiese“ wird 1278
erstmals Neuenweg zusammen mit Elbenschwand und Bürchau erwähnt. Die
damalige Charakterisierung der drei Orte lediglich als Weiler weist auf
einen noch eher bescheidenen Bestand an Häusern und Höfen hin, die unter
der Herrschaft der Herren von Waldeck standen. |
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Mit der Übernahme des Territoriums durch die
Herren von Rötteln kommt es in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
jedoch zu einer erkennbaren Weiterentwicklung im oberen Tal der
„Belchen-Wiese“ oder – wie dieser Gewässer-Abschnitt auch noch genannt
wird – des „Belchenbaches“ bzw. der „Kleinen Wiese“. |
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Der Grund für den einst überraschend schnelle
Aufstieg vom Weiler zum Dorf, samt einer mit Pfründen ausgestatteten
Kapelle, die noch vor 1360 zur selbständigen Pfarrei erhoben wurde,
sehen viele Historiker vor allem in der neuen
Ost-West-Verkehrsverbindung des „Neuen Weges“ – der Neuenweg seinen
heutigen Namen geben sollte. |
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Fotos © Sammlung Werner Störk 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Typische Baryt-Lamellen aus dem "Spitzkopf"-Gang | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das alte Wegenetz zeigt, dass der Ausbau des
„Neuen Weges“ nicht – von Bürchau aus kommend – dem südlich vor Neuenweg
nach Nordwesten abzweigenden Klemmbach folgt, sondern direkt nach
Neuenweg und dann innerorts in westlicher Richtung über den
Bergsattel des “Eck“-Passes führt. |
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Diese neue Ost-West-Verbindung war eine
wichtige Verkehrsachse zwischen dem östlich gelegenen St. Blasien und im
Westen liegende Breisgau, wo das Kloster in der Oberrheinebene damals
seine neue Besitzungen zu betreuen hatten. Hinzu kamen die wachsenden
klerikalen Verbindungen zwischen den beiden jeweils regional
mehrheitlich beherrschenden Machtzentren: den Klöstern St. Blasien und
St. Trudpert im Münstertal – denen schon die Herren von Waldeck
zinspflichtig waren. |
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Bislang standen nur mühsame und zeitaufwändige
Saumpfade wie der über die Passhöhe der „Krinne“ zur Verfügung. Die
weitere Anknüpfung des „Neuen Weges“ mit dem Münstertal über das
„Heubronner Eck“ wird zwar erstmals 1487 urkundlich erwähnt, ist aber
zeitlich auch in die Nähe der Errichtung des „Neuen Weges“ zu sehen.
Damit bildete Neuenweg mit seinem „Neuen Weg“ die ideale Verbindung
zwischen St. Blasien und dem Breisgau und so konnte man jetzt – im
Westen der historischen „Hohen Straße“ folgend – relativ schnell
Badenweiler sowie auch Sulzburg erreichen. |
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Foto & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Komplettes Schwermineralien-Konzentrat nahe dem "Spitzkopf"-Gang aus dem Belchenbach in der Pfanne | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Neben diesem „Neuen
Weg“ gab es aber auch eine zweite wichtige Komponente, welche sicherlich
auch für die überraschenden Fortentwicklung Neuenwegs vom Weiler zum
Dorf mit eigener Pfarrkirche verantwortlich zeichnete: der Bergbau am
„Spitzkopf“
– einer markanten
Bergspitze unmittelbar südwestlich von Neuenweg gelegen und damals noch
als „Spitzberg“ tituliert. |
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Auch heute noch finden sich die Spuren des
alten Bergbaus auf der Ostseite des „Spitzkopfes“: über dem
Belchenbach lag einst ein Stollen von rund 100 Metern Länge, 12 Meter
darüber ein zweiter von ca. 40 Meter Länge, 15 Meter darüber ein
Schacht, beide letztere waren schon lange verstürzt. Heute zeugt noch
ein verfallenes Stollenmundloch mit Halde unterhalb des Fahrweges von
dem einstigen Montanbetrieb. |
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Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Winter: das untere "Spitzkopf"-Haldenareal über der Kleinen Wiese - von der Wüstung "Steinihoff" aus gesehen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wie auch bei der allgemeinen Geschichte des
hinteren Kleinen Wiesentals macht sich ebenso bei der Montangeschichte
der generelle Mangel schriftlicher Zeugnisse bemerkbar und es bleibt
offen, wann genau das Bleierzvorkommen am „Spitzkopf“ südlich von
Neuenweg entdeckt und zuerst abgebaut worden ist. Der Großteil dieser
Abbaue, vom unteren Stollen vielleicht abgesehen, gehört wohl nach
Meinung der Montanexperten der Zeit vor 1600 an und fällt vermutlich ins
15. Jahrhundert. |
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Foto Werner Störk Copyright © 2016 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Sommer: etwas "verdeckter" Blick auf die Halde. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wichtig bei dieser zeitlichen Zuweisung ist die von Montanexperten
festgestellte Tatsache, dass die stark
durchgrabene Halde des oberen Stollens auch in der Tiefe keinerlei
kleinstückiges Gangmaterial enthält, wie es für das 13./14. Jahrhundert
charakteristisch ist. Und etwa im Todtnauer Revier und im Münstertal oft
anzutreffen ist. Dagegen sind auf der Halde Bergeisen in großer Zahl
gefunden worden. Typischerweise wurden „Gezähe“ (Bergeisen) bis ins
14./15. Jahrhundert sehr sorgfältig gehütet und erst im 16. Jahrhundert
relativ achtlos behandelt. Daher stammen fast alle Bergeisenfunde in
unserer Region aus dem 16./17. Jahrhundert und teilweise auch aus dem
18./19. Jahrhundert. Diese Abschätzung anhand der Gezähe vom „Spitzkopf“
würde also einen Beginn des Abbaus im 15. Jahrhundert stützen, ebenso
wie das relativ grobkörnige Haldenmaterial. |
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Fotos & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Baryt- und Fluorit-Stücke aus dem Belchenbach nahe dem "Spitzkopf"-Gang. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Bergherr war in
Neuenweg der Markgraf von Hachberg-Rötteln, durch Erbvertrag erwarben
dann zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Markgrafen von Baden die
Landeshoheit. Mit den Anfängen des Bergbaus am „Spitzkopf“
ist – da bin ich mir zwischenzeitlich wirklich sicher – auch die Funktion des
"Schlossbodens" in der Nähe des „Eck“-Passes
zu sehen. Die topographische Lage des
„Schlossbodens“
liegt unmittelbar an diesem wichtigen Paßweg und gleichzeitig an der für
einen solchen Überwachungszweck optimal nutzbaren engsten Stelle des
ganzen Tales. Und es ist der einzige Punkt, von dem aus alle relevanten
Beobachtungs-, Kontroll- und Zugangspunkte visuell erfasst und auch
Vorort schnell erreicht werden konnten. Dies gilt vor allem für das
markante Areal des „Spitzkopfs“, der mit seinem Silberbergwerk einen besonderen
Augenmerk und eine unmittelbare Schutzfunktion beanspruchte. Und nur
hier vom
„Schlossboden“ aus konnten die Bergherren die westlichen und
östlichen Zugangswege aus den fremden Herrschaftsgebieten leicht
kontrollieren, da von Süden her aus dem eigenen Territorium keine
Gefahr drohte. Deshalb wurde auch der Standort des
„Schlossbodens“
strategisch bewusst so gewählt und eben nicht in unmittelbare Nähe zur
Erzgrube gelegt, da dort eine Überwachung der entscheidenden Zugangswege
nicht möglich war. |
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Quelle Generallandesarchiv Karlsruhe | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Quelle Generallandesarchiv Karlsruhe | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Kartusche – ein
ornamental ausgestalteter Rahmen für den Kartentitel (auf der Karte
rechts unten) – verweist auf den Geometer C. F. Eberhardt – dessen Beschreibung vom südlichen Belchegebiet aus dem Jahre 1773 im Text zitiert wird. |
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Die wohl erste
detaillierte Beschreibung auch des südlichen Belchengebietes und damit
auch mit umfassenden Hinweisen auf den Neuenweger und Heubronner Bann
stammt von dem Geometer Karl Friedrich Erhardt aus dem Jahre 1773. Von
ihm stammt auch der Gemarkungsplan von Neuenweg (siehe oben). Wobei
er auch auf die besondere Alltagsssituation der Bewohner eingeht:
„Jedoch baut man hierselbst nicht
Frucht genug. Die Nahrung ist die Speise der Erdäpfel und die Genießung
geschwellter Acker- oder Saubohnen. Die Viehzucht ist allhier stark. Das
Schafvieh wird allhier im Sommer sehr fett, aber allda nicht erzogen,
sondern vom Land zur Weide und zur Fettzeit wieder verkauft, doch ohne
Wolle. Obst wächst außer Kirschen allhier keines, und das Gartengewächs
ist Mangold und Salat.“ |
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Fotos & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Baryt- und Fluorit-Stücke aus dem Belchenbach nahe dem "Spitzkopf"-Gang. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Karl Friedrich
Erhardt verdanken wir aber auch eine sehr detaillierte Beschreibung der
Grube am „Spitzkopf“.
„An diesem Berg unten über den bach ist noch
ein Baubares gruben gebäude. Ich habe es gewagt, dieses alte Gruben
Gebäude selbsten zu befahren. Der Gang, der sich ist allhier vorfindet,
ist ein seigerer Spathgang. Auf solchen Gang ist ohngefehr 4 Lachtern
über dem bach ein Stollen mit 50 Lachtern angetrieben, so dann
in der Erhöhung von 6 Lachtern sich
ein seigerer Schacht befindet, der bis auf den zwei niederen Stollen
herunter gehet, oberhalb aber sowie das Mundloch des Oberen Stollens
Zugefallen ist.“ Nach 20 Lachtern
zeigt sich im unteren Stollen eine Kluft mit rotem, fettem Ton, von wo
ab die Firste aufwärts bis in den oberen Stollen ausgebaut waren.
„So dann gehet dieser Stollen bis
unter den Schacht und von da etliche weitere Strecken, so aber durch den
Schacht verfallen, auf dem Gange fort.“ |
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Das Adjektiv „seiger“
(oder auch „saiger“)
ist ein im Bergbau und in der Geologie meist synonym für senkrecht,
lotrecht oder
vertikal
verwendeter Begriff, der zur näheren Beschreibung der Raumlage
bergbaulicher oder geologischer Gegebenheiten sowie für die Neigung
(senkrecht bis waagrecht) von Stollen und Schächten benutzt wird – im
vorliegenden Fall von 75 – 90 Grad. Und das
bei Erhardt beschriebene
„Baubare
gruben gebäude“ meint das „Grubengebäude“ oder „Berggebäude“ als
Gesamtheit aller unterirdischen Hohlräume der Bergwerkes. Dies
Maßeinheit „Lachter“ entspricht heute ca. 1,80 Meter. Wobei der
beschriebene „Spathgang“
ein
Hinweis auf eine Mineralienführung mit Baryt (Schwerspat) ist und mit
dem „Mundloch“ der Stolleneingang, die „Tagesöffnung“ des Stollens,
gemeint ist. |
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Originale Belegstücke aus dem "Spitzkopf"-Gang | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mit Erhardts
Grubenbeschreibung kommt erstmals Licht in das doch immer noch
überwiegend im Dunkel der Geschichte liegende Kapitel der Blei- und
Silbergewinnung am „Spitzkopf“. In allen Stollen war, so stellte Erhardt
bei seiner Grubenbefahrung (Begehung) fest
„da solche auf eine erstaunliche
Art verhauen ist“, und somit nur Schlägel- und Eisenarbeit zu
erkennen war, also selbst bei den jüngsten Abbauversuchen immer noch auf
reine Handarbeit gesetzt wurde. |
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Auf der Gemarkungskarte von 1770 ist die „Bleygrub“
am östlichen Fuß des „Spitzbergs“ und gegenüber dem Wüstungsareal vom
„Steinhof“ eingetragen. Und damit auch klar benannt, nach was man im Berg
suchte: nach abbauwürdigem Bleierz. Dies kommt in Neuenweg in Form von
Bleiglanz und Pyromorphit (auch Grünbleierz, Braunbleierz oder
Polychrom) vor. Davon berichtet auch Erhardt und beschreibt ein reiche
Erzführung von
„grobwürflichtem
Bleyglantze von 2 bis 3 Pfund“ sowie „grünem Bley ertze“
(Pyromorphit). |
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Der Bleiglanz – auch Galenit genannt – ist auf Grund seines hohen Bleigehalts von bis zu 87 % das wichtigste Erz zur Gewinnung von Blei. Aber vor allem auch wegen seines Silbergehalts von 0,1 – 1 % das wichtigste Silber-Erz | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Reiche Erzführung: Galenit (Bleiglanz) aus dem Belchenbach | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Wobei die durchschnittliche Abbauwürdigkeit
bei Silber im Schwarzwald zwischen 0,03% und 0,05%, also zwischen 300
bis 500 Gramm pro Tonne Gestein schwankte. Nur in seltenen Fälle wurde
eine Abbauwürdigkeit von 0,15 %, also von rund 1500 Gramm pro Tonne,
angetroffen. |
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Die Neuenweger Bleigrube war – so meine
Interpretation –
zumindest in ihren Anfängen wohl eine ausgesprochen reiche Silbergrube. |
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Originales Belegstück aus dem "Spitzkopf"-Gang. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Auch in den
anderen, früheren schriftlichen Quellen finden sich Hinweise auf die
reiche Erzführung. So heißt es im Jahre 1819 – bezogen auf das Jahr 1779
– über
die Neuenweger Grube:
„Die Grube ist, wie mir vor 40 Jahren ein
84jähriger Neuenweger Bewohner angab, der dabey als Karrenläufer
arbeitete, Anno 1709 durch einen
Bürger von Schönau mit 5 Arbeitern
betrieben und wegen Kriegs-Unruhen verlassen worden. Es sey gar viel Erz
da gewesen, man habe es nicht geachtet, wenn von Hafnern die Halde
durchsucht, und auch Erz ausgeschieden worden“.
Nimmt man die Jahresdaten als Ausgangsbasis, muss der Neuenweger Bürger
1695 geboren sein und bereits als 14-jähriger im Bergwerk gearbeitet
haben. Mit dem Hinweis auf die „Hafner“ ist zunächst die Berufsgruppe
der Töpfer gemeint, im damaligen Sprachgebrauch aber vor allem auch als
Synonym für ärmere Bevölkerungsschichten verwendet, die sich durch das
Haldenabsuchen nach kleinen Erzresten einen minimalen Zuverdienst
hofften. |
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Und 1773 vermerkt
schon Geometer Erhardt in seinen Aufzeichnungen von
„beschehener sonderbahren
begebenheiten, welche einige noch lebende hiesige Bürger selbsten wollen
gesehen respective und gehört haben“ und berichtet davon, dass
„nach Aussage 80jähriger Männer von Neüweg
und Birchau sollen hieselbsten sehr reiche Silber Wercke gewesen seyn,
so aber schon in dem 30jährigen Krieg verlassen worden. Man findet auch
hieselbsten hie und da Ansätzte von Stollen gebaüden in taubem Gestein.“ |
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Dies veranlasste
manchen Montanhistoriker zu der Vermutung, dass sich deren Aussage
“als Erinnerungsrest mehr auf die
St. Trudpertsche Belchen-Nordseite bezogen haben dürfte, im Gefolge des
verdämmernden Wissens aber auf das Kleine Wiesental übertragen wurde.“ |
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Fotos & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Waschpfanne mit ca. 2,5 Kilogramm Waschbrett-Material - dann auf ca. 25 Gramm Konzentratt und- bis zum Biokular auf 5 Gramm reduziert. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Interessant dabei ist auch, dass in den
meisten Quellenzitaten nur von Männer aus Neuenweg, nicht aber auch von
denen aus Bürchau geschrieben wird. Offensichtlich besaßen aber auch sie
Wissen um Silberbergwerke. Schon länger mutmaßen Geologen und
Bergbauexperten, dass eine Fortsetzung des Bleierz-Ganges der
„Spitzkopf“-Grube über das Kleine Wiesental hinweg nach Süden möglich
erscheint, aber bislang nicht gesichert ist. Dennoch läuft die
Gangrichtung relativ exakt auf den Bürchauer „Silberberg“ zu. |
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Und es ist nicht
nur der „Silberberg“, sondern auch das „Silbereck“ – gleich zweifach –
die als Flurnamen in Bürchau existieren. Grund genug, auch im Bereich
von Bürchau nach archäologischen Spuren des früheren Bergbaus zu suchen.
Mit freundlicher Unterstützung von Ortsvorsteher Friedrich Meier wurden
ältere Bürger befragt – leider ohne verwertbare Hinweise. Dennoch ergab
die parallel laufende intensive Auswertung großformatiger
Topographiekarten eine Überraschung: genau dort, wo bislang weder
Geologen noch Mineralogen gesucht haben, finden sich „verdächtige“
Flurnamen: „Auf der Grube“, „Unter der Grube“ und „Im Grubenwald“
– da Flurnamen nicht ohne Grund vom
Himmel fallen, sondern oft auch altes Wissen wiederspiegeln, wird jetzt
jenes Gebiet auch intensiver unter die Lupe genommen. |
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Fotos & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Magnetischer Trockenauszug einer Probe aus dem Belchenbach | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die in der Fachliteratur stets lapidar übernommene
Annahme, dass jene Männer aus Neuenweg und Bürchau 1773 nur auf Grund
ihres „verdämmerndes Wissens“
zu einer Fehleinschätzung kamen,
widerspreche ich mit Nachdruck. Die mündliche Überlieferung umfasst
erfahrungsgemäß das tradierte Wissen von rund 100 Jahren und berührt in
dem genannten Fall somit bereits die Epoche des 16. Jahrhunderts. In
diesem Zusammenhang sollten auch die Bergbauversuche in der Nähe der
Belchenhöfe nochmals genauer untersucht werden. |
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Wobei der Bergbau
in unmittelbarer Nachbarschaft von Neuenweg eben bereits um 1588 stark
abgenommen hatte, was sich auch in einer sichtbaren Reduktion des
Häuserbestandes jener Orte sichtbar niederschlägt, die ihren Aufstieg
vor allem dem Bergbau verdankten. So verlor beispielsweise – bezogen auf
das Jahr 1352 – Schönenberg rund 60 Prozent seiner einstigen
Siedlungsgröße und selbst eine ausgesprochene „Bergbaustadt“ wie Schönau
sah ihre montane und damit auch wirtschaftliche Dominanz schwinden.
Naturgemäß haben auch die Pestwellen von
1611 bis 1613 zum Niedergang des
Bergbaus beigetragen. Auch auf dem Todtnauer Berg wurde bereits
1601 in allen Gruben ihre Arbeit eingestellt.
Und der Dreißigjährige Krieg brachte den Bergbau nicht nur hier lokal,
sondern auch großflächig vollends zum Erliegen. |
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Foto & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Angereichertes Schwermineralien-Konzentrat aus dem Belchenbach in der Pfanne | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hinzu kommt, dass über den
frühen Bergbau am
„Spitzkopf“ – vor allem aus seinen sicher erfolgreichen Anfängen (dafür
sprechen gleich mehrere Indizien) – keine schriftlichen Quellen
vorliegen. Dagegen ist die spätere Quellenlage über die zahlreichen
erfolglosen Bemühungen, den Bergbau am „Spitzkopf“ wieder aufzunehmen,
wesentlich ergiebiger. So entstand aber genau jenes unzutreffende
Gesamtbild, das auch durch die sehr reichen Silbervorkommen der
benachbarten Gruben wie jenen von Schönau und Todtnau noch verstärkt
wurde. |
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Foto & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Ausbeute eines Waschgangs: Baryt- und Fluorit-Stücke aus dem Belchenbach nahe dem Spitzkopf-Gang. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dass Neuenweg als Dorf – entsprechen analoger
Beispiele aus dem benachbarten Montangebiet – aber auch nicht so
nachhaltig unter dem späteren Scheitern bzw. dem dann endgültigen
Erlöschen des Bergbau litt, hängt mit seiner inzwischen gewachsenen
Bedeutung als verkehrstechnischer und damit auch geopolitischer und
konfessioneller Dreh- und Angelpunkt zusammen. Aus dem sich Neuenweg
aber auch als militärisch-strategischer Brückenkopf
herauskristallisiert. Wobei hier seine konfessionelle und territoriale
Grenzlage – vergleichbar mit der von Gersbach – einen wesentlichen
Anteil hat. So berühren nationale bzw. europaweite kriegerische
Konflikte mittel- und unmittelbar auch das Dorf am Belchen, sei es der
30-jährige Krieg (1618 – 16148), der Spanische Erbfolgekrieg (1701 –
1714) oder der Polnische Erbfolgekrieg (1733 – 1735): Neuenweg wird so
für viele durchziehenden Truppen zum idealen Lager-, Quartiers- und
Kontributionspunkt – und damit verbunden aber auch ein heute kaum
vorstellbares Leiden der ansässigen Bewohner. Hunger, Rechtlosigkeit,
Willkür und massive Übergriffe prägten jenen Alltag der
Zivilbevölkerung. |
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Freigabe am 02.02.2017
Az.:2851.3-A/899
durch
Luftbildstelle
des
Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung
Baden-Württemberg Stuttgart in Kooperation mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst RP Stuttgart Ref.16 Baden-Württemberg Stuttgart © Az.:2851.3-A/899 Archiv & Sammlung Werner Störk 2017 |
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Kriegsluftbild der US-Luftwaffe von 1945: Neuenweg mit Belchen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Freigabe am
02.02.2017
Az.:2851.3-A/899 durch
Luftbildstelle
des
Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung
Baden-Württemberg Stuttgart in Kooperation mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst RP Stuttgart Ref.16 Baden-Württemberg Stuttgart © Archiv & Sammlung Werner Störk 2017 |
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Kriegsluftbild der US-Luftwaffe von 1945: Belchengipfel mit "Belchenhaus" und Granattrichter (Detail) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Für weitere Inforrmationen einfach Button anklicken | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Letztes unmittelbare Kriegsereignis: Ende
April 1945 rückten französische Einheiten in den Hochschwarzwald vor.
Vom "Hau" aus wurde der Belchengipfel zuerst einmal mit Artillerie
beschossen. Bis in die 70er Jahre sah man dort noch einige flache
Granattrichter. |
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Hintergrund: In der Spätphase des Zweiten Weltkriegs plante das Dritte
Reich auf dem Belchen eine große Störfunkanlage, mit welcher der
Funkverkehr der anfliegenden alliierten Bomberverbände gestört werden
sollte. Neben der Anlage selbst wurden als Unterkünfte für die
Bedienungsmannschaften auch mehrere Erdbunker angelegt. Um die
Stromversorgung zu gewährleisten, wurde von Utzenfeld aus eine
Starkstromleitung gelegt, die ab Multen bis zum Gipfel sogar bereits
verkabelt war. Das ganze Vorhaben konnte aber auf Grund des baldigen
Kriegsendes nicht mehr verwirklicht werden. Es waren wohl jene
Erdbunker, in denen die französischen Truppen, die Ende April 1945 auch
Neuenweg erreichten, mögliche Widerstandsnester des „letzten Aufgebots“
vermuteten und daher zunächst vom "Hau"-Pass aus die gesamte
Südflanke
des Belchengipfels mit starkem Artilleriefeuer belegte. Nach dem
Beschuss wurde der Belchengipfel kampflos eingenommen, das Berghotel
„Belchenhaus“ geplündert und das dort ebenfalls befindliche
Erholungsheim der Firma „Schusterinsel“ aus Lörrach in Brand gesteckt |
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Fotos Werner Störk Copyright © 2016 |
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Auswahlkriterien als
"Leitlinien" für einen geeigneten Standort beim Prospektieren mit dem
Waschbrett - vor und nach der Prospektion. Das dem Bachbett entommene und gefloatete Material wird anschließend wieder homogen eingebracht. |
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Und auch beim
Bergbau ist es die mit der Glaubensspaltung 1555 einhergehende
territoriale und konfessionelle Trennung, die sich in Neuenweg selbst
bergrechtlich niederschlägt. Denn Neuenweg liegt auf dem Gebiet der
evangelisch-baden-durlachischen Markgrafschaft und nicht auf
katholisch-habsburgisch-vorderösterreichischen Reichsgebiet. Eine
Tatsache, die sich noch im späten 18. Jahrhundert
bemerkbar macht. Der österreichische
Machtanspruch vom 4. Mai 1787 hatte alle Bergrechte rings um den Belchen
in einer Hand vereinigt. Der gesamte österreichische Breisgau und
Schwarzwald war in den 1790er Jahren in drei Reviere aufgeteilt:
Münstertal, Hofsgrund (mit Stohren) und Todtnau mit Urberg/St. Blasien.
Aber eben mit einer einzigen Ausnahme: Neuenweg – denn es lag nicht
auf vorderösterreichischem Territorium. |
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Und während der Bergbau auf Grund der
kriegerischen Konflikte auch nach dem Aachener Frieden von 1748 sonst
noch weithin ruht, macht auch hier der Montanbetrieb in Neuenweg wieder
eine Ausnahme. Zwischen 1707 und 1730 kommt es zu verstärkten
Bemühungen, den Bergbau am „Spitzkopf“ – damals immer noch als
„Spitzberg“ bezeichnet – wiederzubeleben. |
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Aus dem Jahre 1707
existieren drei Schriftstücke
„wegen der leidigen Bley Ertz grueben zu neyerweg“ mit dem Hinweis,
„dass dort ein unkundiger
sächsischer Soldat als Bergmann arbeite.“
Laut den Quellen hatten
die Bemühungen, die wohl der Öffnung des alten Schachts und des
„Erbstollens“ (Stollen zur Entwässerung darüberliegenden Stollen und
zur sog. Wetterführung/Belüftung) von der Talsohle der Belchenwiese her
galten, einen Fehlschlag erlitten. |
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1709 wird von der Aufnahme des Bergbaus durch
einen Schönauer Bürger mit fünf bis sechs Mann berichtet. Doch der
Versuch des St. Blasianischen Amtsmanns Johann Michael Lais von Schönau
zusammen mit dem Hans Senn von Neuenweg die alte Grube am „Spitzkopf“
wieder zu erheben, scheitern. Offensichtlich wird die Grube auch wegen
der Kriegszeiten (Spanischer Erbfolgekrieg) aufgegeben. |
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Fotos & Sammlung Werner Störk Copyright © 2016 |
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Baryt-Fluorit-Belegstücke aus dem Belchenbach nahe der "Spitzberg"-Grube | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dass es trotz der konkreten Namensnennung von „Hans Senn“ aus Neuenweg nicht gerade einfach ist, den betreffenden Namensträger exakt zu identifizieren, macht die recherchierte Namensliste deutlich. So gibt es in Neuenweg bzw. Heubronn gleich mehrere dort Geborene mit dem Namen „Hans Senn“: einen frühen Hans Senn von 1605 bis 1709, dann ein Hans Senn von 1655 bis 1710, einen weiteren Hans Senn von 1682 bis 1727 sowie einen Hans Senn von 1682 bis 1762, wobei man – bezogen auf den jeweiligen Todeszeitpunkt – bereits den Hans Senn (1608 – 1702) ebenso wenig berücksichtigte wie jenen Hans Senn aus Heubronn (1615 – 1666) oder auch jener Hans Senn aus Neuenweg von 1630 – 1682. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Recherche-Nachtrag | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Aus
der Liste (vergl. oben) der historisch nachgewiesenen Personen mit dem
Namen
Hans
Senn
schält sich – unter Berücksichtigung aller erreichbaren Daten – jener
Hans Senn
heraus, der am
19.12.1655
in Neuenweg geboren wurde. Wie die Einträge in den Kirchenbüchern
vermerken, war er Wirt, Schmiedemeister, Gerichtsbeisitzer und
Weidegeselle. Letzte Bezeichnung ist heute nicht mehr im Sprachgebrauch
und wohl am besten heute mit einem Jagdpächter vergleichbar. Enger
gefasst bedeutet der Begriff primär Jagdgefährte. |
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Bereits 1750 wird ein Jacob Senn als
„Kronenwirt“ bezeichnet, was mittelbar auch darauf hinweist, dass aus
der ehemaligen Gemeindewirtschaft eine Wirtschaft mit
Realwirtschaftsrecht entstanden ist. Darauf deutet auch die Tatsache
hin, dass die Vorgänger von Jakob Senn – ebenfalls dem Geschlecht der
Senns angehörend – nur als „Wirte“, aber nicht explizit als
„Kronenwirte“ betitelt wurden. |
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Wie bedeutsam das Geschlecht der Familie
Senn für das kommunale Leben in Neuenweg zeigt auch, dass bereits der
Vater von Hans Senn, Johannes Senn, Wirt und Vogt (vergleichbar mit der
Funktion des Bürgermeisters in den Stadt, heute: Ortsvorsteher) in
Neuenweg war. Wobei er seine Tätigkeit als Wirt auch schon in dem Haus
ausübte, das später dann das Realwirtschaftsrecht und den Namen „Zur
Krone“ erhielt. |
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Die Bezeichnung Waisenrichter geht auf die Badische Landsordnung von 1612 zurück und bedeutet zunächst eine mit öffentlichem Vertrauen ausgestattete Person. Auf heute übertragen, käme wohl die Berufsbezeichnung Notar oder Nachlassverwalter bzw. Nachlassrichter inhaltlich dem damaligen Waisenrichter am nächsten. Ein Nachlassrichter hat u.a. die Aufgabe, Verfügungen von Todes wegen (Testamente und Erbverträge) des Erblassers zu eröffnen und die Beteiligten vom Inhalt dieser Verfügungen zu unterrichten sowie auf Antrag eines Erben einen Erbschein zu erteilen und Erbausschlagungen entgegenzunehmen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
So wie es auf Grund der Kirchenbuch-Einträge
rekonstruierbar ist, wird wohl der Neffe von Hans Senn (1655
bis 1710), Johannes Senn, Bäcker und
Wirt (1682 bis 1727), die Wirtschaft dann weitergeführt haben. |
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In mehreren Quellen wird davon berichtet,
dass 1709 durch einen den Schönauer Bürger und von St. Blasien
eingesetzten Amtmann, dem Johann Michael Lais zusammen mit dem
54-jährigen Neuenweger Hans Senn (1655 bis 1710) – gemeinsam mit fünf
bis sechs Arbeitern – der Montanbetrieb am „Spitzkopf“ wieder
aufgenommen wurde. Doch auch dieser Versuch, die alte Grube wieder zu
erheben, scheitert. Daher ist auf Grund der jetzigen Recherchen und
Personendaten anzunehmen, dass die Grube offensichtlich nicht nur – so
die offizielle Version – „wegen der Kriegszeiten“ (Spanischer
Erbfolgekrieg) aufgegeben wurde, sondern vermutlich auf Grund dessen,
dass einer der beidwn Kapitalgeber, nämlich Hans Senn aus Neuenweg,
bereits ein Jahr später schon im Alter von 55 Jahren, stirbt.
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Natürlich haben wir auch überprüft, inwiefern der andere
Hans Senn
(1682 bis 1727)
in
unserer Auflistung
derjenige war, welche bei diesem Unternehmen im Jahre 1709 |
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Interessant ist auch das Recherche-Ergebnis
zur Person von Martin Schwald
(vergl. 1729 unten): Es handelt sich dabei um jenen Martin Schwald, der
als „Bürger an der Eck“
am 23. 01.1691 in Neuenweg geboren wurden und als 38-jähriger zusammen
Johann Sebastian Nicolaj und Hans Georg Kamperlahn – beide aus Sulzburg
– 1730 das Grubenfeld am „Spitzkopf“ unter dem Namen
„Gott hilft gewiß“
erneut bergmännisch erschließen
wollten. Dieser letzte Versuch, den Bergbau am Spitzkopf
wiederzubeleben, scheiterte 1731 durch den Bankrott von Johann Sebastian
Nicolaj als wichtigstem Kapitalgeber.
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Jener Martin Schwald heiratete am 13. August 1715 Barbara Brutschin, die aber bereits am 26. 09.1729 in Neuenweg erst 34-jährig starb. Martin Schwald heiratete ein zweites Mal am 30. Mai 1730 in Neuenweg Barbara Netzhammer aus Kandern. Sie war eine Tochter des Heinrich Netzhammer, der als Schmelzer im „Löblichen Bergwerk zu Kandern“ arbeitete und mit Maria Saltzmann verheiratet war. Sie stammte aus Kaltenbach im oberen Kandertal vom dortigen sehr begüterten Meierhof von St. Blasien. Diese Vita legt nahe, dass Martin Schwald über die Kontakte nach Kandern wohl direkte Bezüge zum Bergbau hatte und daher auch in Neuenweg wieder aktiv wurde. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Fazit und Interpretation | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ich führe die verstärkten Bestrebungen, um
1700 den Bergbaubetrieb am Spitzkopf wieder aufzunehmen, u.a. auch
darauf zurück, dass neben den wirtschaftlichen Interessen der
Beteiligten im Hintergrund aber auch das "Ausbleichen" der "oral
history" - also der mündlichen Überlieferung von denr einst reichen
Silberbergwerken einen nicht unwesentlichen Anteil beisteuerte. Heute
nimmt man als dafür eingesetzte Zeitspanne rund 100 Jahre an, in der das
mündlich tradierte Wissen weitergegeben wird. Rechnnet man von 1700
somit 100 Jahre zurück, ist man noch vor Beginn des Dreißigjährigen
Krieges (1618 - 1648), als jener Epoche, in der die montanen
Aktivitäten - so die mündliche Überlieferung - am "Spitzkopf" und auch
in Bürchau bereits beendet waren.
Die in mehreren Quellen geäußerte Ansicht,
dass sich die vermeintlichen Silberbergwerke in Neuenweg und
Bürchau
sich “als Erinnerungsrest mehr auf die
St. Trudpertsche Belchen-Nordseite bezogen haben dürfte, im Gefolge des
verdämmernden Wissens aber auf das Kleine Wiesental übertragen wurde“ |
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Um 1720 sollen – so
berichten die Quellen –
„vier Bergleute vier Jahre auf eigene Faust
gearbeitet haben.“ |
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1729 begehrten dann der ehemalige
Bergwerkskassier der St. Georgszeche im Böschlinsgrund bei Sulzburg
Johann Sebastian Nicolaj, dessen Schwager, der Sulzburger Kaufmann Hans
Georg Kamperlahn und Martin Schwaldt aus Neuenweg die Belehnung mit dem
Grubenfeld am „Spitzkopf“ unter dem Namen „Gott hilft gewiß“. |
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Nach Entrichtung
des „Muthgroschens“ (Gebühr für die behördliche Genehmigung) wurde ihrem
Antrag am 5. Juli 1730 entsprochen und die
„Fundgrube mit zwei Obern und
zwei Untern Maßen auf einem flachen Gang nebst einem tiefen Erbstollen
samt zugehörigen Stollrecht auf alle Metalle und Mineralien“
verliehen. |
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Fotos Werner Störk Copyright © 2016 |
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Das Wüstungs- und Bergbau-Areal der historischen Bleierzgrube an der Ostflanke des Spitzkopfs (historische Bezeichnung: Spitzberg). | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Da die neuen Grubenbesitzer gleichzeitig zwei
weitere Bergwerke bei Badenweiler, das „Haus Baden“ und der
„Carl-Stollen“, wieder in Betrieb nehmen wollten, aber auch dort
erfolglos blieben, war 1731 Johann Sebastian Nicolaj bankrott und alle
drei Projekte der Wiederbelebung des Bergbaus scheiterten. |
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1773 ordneten die badischen Behörden eine
geologische Untersuchung des Belchengebietes an, die man dem bereits
erwähnten Geometer Erhardt übertrug. Erwähnt werden soll in diesem
Zusammenhang auch das von ihm entdeckte Anthrazit-Vorkommen an der
Nordostflanke des „Spitzkopfs“, das sich – auch nach dem Vortrieb eines
Versuchsstollens – aber nicht als wirklich abbauwürdig erwies. Grund:
die anthrazitführenden Kulmkonglomerate werden dort unmittelbar von
kulmischen (anthrazitfreien) Deckenergüssen abgelöst. |
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Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Grubenareal am "Spitzkopf". | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Grubenareal am "Spitzkopf". | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Grubenareal am "Spitzkopf". | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zwischen 1780 und
1790 konnte der unter Stollen noch begangen, also „befahren“
werden, wie dies in der
Bergmannssprache heißt. Der Bericht weist darauf hin, dass
„die Erze sogar in neuern Zeiten
nur mit Schlägel und Eisen gewonnen worden seyn weil man durchaus keine
Spur von einem Bohrloch antrifft“.
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1819 verweisen die Quellen erneut auf die „Spitzkopf“-Grube. Die danach wohl zunehmend verfallene Erzgrube am „Spitzkopf“ zog 1922 nochmals das Interesse auf sich. Der alte Erbstollen wurde geöffnet, doch die geplante Befahr-ung kam nicht mehr zustande. Der untere Stollen war laut Zeitzeugen aus Neuenweg noch 1935 auf 70 Meter begehbar. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Grubenareal am "Spitzkopf" mit direktem Blick auf die Wüstung "Steinihoff" | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Um 1960 veranlasste die
Gewerkschaft Finstergrund erneute Prospektionsarbeiten und dokumentierte
in deren Rahmen auch Gangmaterial, das unmittelbar nördlich des
„Steinehofs“ gefunden. Für mich ein weiteres Indiz dafür, dass
der „Steinehof“ unmittelbar in Zusammenhang mit den
montanhistorischen Aktivitäten der
„Spitzkopf-Grube“ am „Spitzberg“ stand und es
kein Zufall ist, dass diese Wüstung dort liegt, wo heute noch einige
archäologische Bodenspuren auf ihre einstige Existenz hinweisen. |
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Genaue Quellenangabe für die Zitate auf Nachfrage. Der gesamte Aufsatz unterliegt dem Copyright des Verfassers. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Und noch ein Blick in die Welt der montanhistorische Sagen- und Legenden: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im hinteren Kleinen Wiesental, vor allem aber in Neuenweg und Heubronn selbst, ist in der "oral history" (mündlicher Überlieferung) "seit Urgroßvaters Zeiten bekannt", dass einer der Stollen der "Spitzkopf"-Grube einst durch den ganzen "Spitzkopf" hindurch bis nach Heubronn führte und gegenüber von diesem Bauernhof (Foto unten, vorderer Hof) herauskam. Er soll in unsicheren Zeiten als Zuflucht und schnelle Durchgangsmöglichkeit gedient haben. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Empfehlenswerte Literatur: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Albrecht Schlageter
(1989): Zur Geschichte des Bergbaus im Umkreis des Belchens, (S. 129 –
309), in: Der Belchen. Geschichtlich-naturkundliche Monographie des
schönsten Schwarzwaldberges, in: Die Natur- und Landschaftsschutzgebiete
Baden-Württembergs, Band 13, herausgegeben von der Landesanstalt für
Umweltschutz Baden-Württemberg, Institut für Ökologie und Naturschutz,
Karlsruhe 1989, 1320 Seiten mit 331 farbigen
und 320 schwarzweißen
Abbildungen und 88 Tabellen sowie einer farbigen Kartenbeilage,
ISSN 0470-3669. |
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Helge Steen (2013): Bergbau auf Lagerstätten des Südlichen Schwarzwaldes - Ein Beitrag zur Bergbaugeschichte und Lagerstättenkunde zwischen Dreisamtal und Hochrhein. ISBN 978-3-7322-3154-6 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Foto & Sammlung Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
* Die Mineralisation besteht aus verquarztem
Granit, der von 1 bis 15 cm mächtigen Trümmern aus spätigem Baryt
durchadert wird. In Drusen fand sich grünlicher Fluorit als Würfel.
Außerdem traten Hämatit und Quarz auf.Der Gang bestand im unteren
Stollen zunächst aus einer 1 Meter mächtigen, erzfreien Barytführung,
die sich im weiteren Verlauf nach Norden hinter einer kreuzenden
Lettenkluft mit Galenit veredelte. Dieser war teilweise in Pyromorphit
umgewandelt. Diese Paragenese kann anhand des Haldenmaterials im
Wesentlichen nachvollzogen werden. Nach teils rötlich gefärbtem Quarz
der Quarz-Kies-Vorphase entstand etwas Fluorit in derben grobkristallien
Lagen. Sehr häufig tritt grobtafeliger, in Drusen oft sperrig
verwachsener Baryt auf. Er wird örtlich von Quarz in kristallinen
Überzügen bedeckt. Galenit tritt vor allem eingewachsen in Fluorit als
feine Einsprenglinge (vergl. Foto) oder derbe Knollen auf. Sie sind häufig stark
korrodiert und in Cerussit, krusigen Pyromorphit (Bild oben, grüner
Pyromorphit) und Wulfenit
umgewandelt (siehe Foto unten und Sonderseite
Pyromorphit). |
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Foto & Sammlung Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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* Quelle und empfehlenswerte Literatur:
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Helge Steen (2013): Bergbau auf Lagerstätten des Südlichen Schwarzwaldes - Ein Beitrag zur Bergbaugeschichte und Lagerstättenkunde zwischen Dreisamtal und Hochrhein. ISBN 978-3-7322-3154-6 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Nachtrag im Frühjahr 2017: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Erbstollen der Bleierzgrube am "Spitzkopf" | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Im Frühjahr 2017 gab es
auf der unteren Terrassenkante auf der Westseite der Kleinen Wiese
(Belchenwiese, Belchenbach) im Rahmen einer Hangsolifluktion eine
erkennbare Hangrutschung, verbunden mit einem sichtbaren Wasseraustritt
(vergl. Fotos). Auf Grund der Tatsache, dass sich in genauer Falllinie
die beiden Stollen der Spitzkopf-Grube befinden, interpretiere ich
dieses Rutschung als Hinweis auf die Möglichkeit, dass es sich hier um
das verstürzte Mundloch des Erbstollens
handelt, das bislang als Geländepunkt nicht mehr nachgewiesen
werden konnte. Wobei sich meine Interpretation nicht nur auf den
möglichen Gangverlauf, sondern vor allem aber auch auf den Befund vom
Lidar-Geländescan stützt. Gleichzeitig deckt sich dieser Geländepunkt
mit dem exakten vorgelagerte Fundort von umfangreichem Gangmaterial - im
Lidar als kleine vorgelagerte Halde gekennzeichnet. |
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Foto Werner Störk Copyright © 2017 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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