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  Teil 2  
     
  Die Entdeckung und Erforschung einer bislang unbekannten frühmittelalterlichen Rodungsburg  
     
  Im Kastel, Castel, Kastelhöfe, Kastelmühle, Burgwarte & Kastelfelsen mit Burg  
   Höhenburg als kombinierte Hang-, Kamm- und Spornburg südlich Bürchau, OT Kastelhöfe und Untere Sonnhalde mit Schorrbühl,
Kleines Wiesental, Baden-Württemberg.
 
     
     
   
     
  Foto Werner Störk © 2020  
  Panoramablick auf den südlichen Talboden von Bürchau mit den Kastelhöfen, dem Kastelfelsen und der Unteren Sonnhalde.  
     
  Wer oder was schützte die große Baustelle der Burg und die ersten Rodungs- und Siedlungsarbeiten bevor die Burg errichtet war? Diese Frage entwickelte sich erst sehr spät, da wir mit dem Abklären der Burg-Angelegenheiten voll und ganz beschäftigt waren. Aber  je mehr sich auch logistische Fragen zum Burgenbau und natürlich auch zu dem großen Projekt der Rodung selbst stellten, desto mehr rückte das Thema in den Mittelpunkt: Wie begann eigentlich alles - also bevor die Großbaustelle eingerichtet wurde, quasi mit dem ersten Rodungsarbeiten. Wer schützte da die Menschen, die sich dieser heute kaum vorstellbaren Herausforderung stellten? Wer sicherte gerade in den Anfängen, wo ja noch keine Burg Schutz und Sicherheit gewährt, diese Arbeit und den gesamten Aufbau auch der Siedlungen, sprich der Kastelhöfe? Da brachte der Gemarkungsplan von 1777 einen ersten, aber entscheidenden Hinweis! Uns fiel ein "Brandloch" in der Karte auf, das auf seine Art ein Flurstück "brandmarkte", dessen Form so aus dem Rahmen der uns bekannten Flurstücke in und um Bürchau fiel und dessen Struktur uns zum Nachdenken anregte. Der Vergleich mit einer heutigen Flurkarte machte klar, dass es dieses Flurstück so wie damals nicht mehr gibt. Die Form lässt natürlich mehrere Interpretationen zu - aber die für uns einleuchtende war und ist: hier stand "etwas", was durch beidseitige Wallgräben gesichert war und deren Verlauf in eine ringwallähnliche Bogenform überging. Dass der Standort exakt gegenüber der Burganlage und oberhalb der Kastelhöfe lag, bestärkte die Erkenntnis, dass es sich um etwas handeln musste, was in direktem Zusammenhang mit Burg und Siedlung stand. So entschieden wir uns für den Begriff einer "Burgwarte", welche die ersten Schritte der Ansiedlung, des Burgenbaus und der Aufbauphase der Kastelhöfe überwachte, sicherte, schützte - aber auch kontrollierte. "Als Wartturm, Warte, Warth, Burgwarteturm, Landwarte, Landturm oder Burgwarte wird ein meist einzeln stehender, oft von Wall und Graben umgebener Beobachtungsturm bezeichnet" (Quelle: Wikipedia). Wobei der Standort in mehrfacher Hinsicht sehr gezielt und optimal ausgewählt wurde: er lag direkt am Eiersbach, dessen Quellgebiet den Passübergang aus dem Rieder Gebiet markiert, ebenso wie der Übergang aus dem "Waldeckerland" über den Erlengraben. Dabei hatte man von diesem Punkt aus eine wesentlich bessere frei Sicht in Richtung Süden sowie einen Panoramablick auf die Baustelle der Burg. Wertet man die LiDAR-Aufnahme aus, sieht es so aus, als ob die moderne Straßenführung auf dem alten Weg liegt und  auf einem Teil des Wallgrabens.  
 
     
   
     
  Das auffallend strukturierte Flurstück (Quelle: Gemarkungsplan 1777 ( Ortsverwaltung Bürchau, Archiv Tegernau © 2020)   
     
     
   
     
  Rekonstruktionsversuch: Das auffallend strukturierte Flurstück (Quelle: Gemarkungsplan 1777 ( Ortsverwaltung Bürchau, Archiv Tegernau © 2020). Links: Idealform Ringwall, rechts Realform,
Maße der runden Form: Radius 16 Meter, Grundfläche 32 x 32 Meter, auf "Augenhöhe" mit der Burg auf dem Kastelfelsen...
 
     
     
   
     
  Im heutigen Flurbild nicht mehr erhalten oder nachweisbar (Quelle: Geoportal BW)   
     
     
     
     
  Quelle: Geoportal BW LiDAR & Grafik Werner Störk © 2020    
     
  Von der "Burgwarte" aus kontrollierte man das Eiersbachtal als "Pass-Passage" von Ried/Raich, hatte einen freien Blick auf den Eingang des Hollbachtales sowie einen weiten
Blickwinkel in die nördlichen wie südlichen Talabschnitte der Belchenwiese.
 
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW LiDAR & Grafik Werner Störk © 2020   
     
  Im LiDAR dagegen ist die auf dem Plan von 1777 eingezeichnet Struktur noch gut erkennen. Auffallend die Straßenführung und deren "Abzweigung" auf dem vermuteten Wallgraben.                             
 
     
   
     
  Quelle: Gemarkungsplan 1777 Ortsverwaltung Bürchau, Archiv Tegernau © 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Mögliche flachere Zuwegung für Gespanne (gelb) und zu Fuß (orange) über den Eiersbach - dabei würde die moderne Straßenführung der alten folgen -
und im Serpentinenbereich teilweise auf dem alten Wallgraben liegen.
 
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW LiDAR & Google Earth & Grafik Werner Störk © 2020    
     
  Rekonstruktionsversuch: Was auf dem LiDAR sich nur schemenhaft abzeichnet, lässt die Luftaufnahme besser erkennen: die runde Kuppe
wurde nach Süden hin planiert, um eine terrassenähnliche Basis zu erhalten. Zuwegung zu Fuß (orange). 
 
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW LiDAR & Google Earth & Grafik Werner Störk © 2020     
     
  Wie war die Burgwarte zum Tal hin  gesichert? Es gibt einige auffällige Geländemarken, die natürlich auch im Zuge der landwirtschaftlichen Nutzung und Flurabgrenzung entstanden sein können.  
     
     
     
     
  Foto & Grafik Werner Störk © 2020    
     
  Blick vom Schorrbühl nach Westen auf den Standort der Burgwarte (rot) und der Zuwegung (gelb) auf dem dort vermuteten Wallgraben.
Die heutige Straßenführung läuft wahrscheinlich auf der historischen Wegführung.
 
     
     
   
     
  Foto & Grafik Werner Störk © 2020     
     
  Blick von der Sonnhalde auf den Standort der Burgwarte.  
     
     
   
     
  Foto & Grafik Werner Störk © 2020     
     
  Der östliche Ausläufer des Eiersbachtales.  
     
     
     
     
  Quelle: Google & Grafik Werner Störk © 2020 
 

 

 
     
     
 
  Quelle: Google & Grafik Werner Störk © 2020   
     
     
     
     
  Quelle: Google & Grafik Werner Störk © 2020   
     
     
   
     
  Quellen: Geoportal BW & Google  
     
  Die Bodenstrukturen auf dem Hügel der Burgwarte erinnern an die Ringwall-Anlage westlich von Neuenweg und nördlich vom Eck.- weitere Infos über die nachfolgenden Direktlinks  
     
  http://minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-0.html
http://minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-1.html
http://minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-2.html
http://minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-3.html
http://minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-4.html
http://minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-5.html
 
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW LiDAR & Grafik Werner Störk © 2020  
     
  Vergleich Bodenanomalien Schlossboden (libnks) und Burgwarte (rechts), Mauer mit Vor- und Kernburg (rot).  
     
     
 
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
  Die Bachläufe vom Eiersbach und dem Erlengraben waren damals wichtige Zuwegungen ins Kleine Wiesental.   
     
     
     
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020    
     
  Die Bachläufe vom Eiersbach rot) und dem Erlengraben (blau & orange) waren damals wichtige Zuwegungen ins Kleine Wiesental.  Das Riederbächle (schwarz).  
     
     
     
     
  Das Relief zeigt gut die Zugangswege analog der Bäche (Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020)     
     
     
     
     
  Quelle: Google & Grafik Werner Störk © 2020    
     
  Rekonstruktionsversuch: Wir gehen davon aus, dass das rot markierte Areal das erste war, das gerodet wurde, um für die Burgwarte den exponierten Geländepunkt auf der Kuppe frei zu legen.   
     
     
   
   
  Quelle: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe]  
     
  Topographischer Plan 1779/1780 von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann mit Hinweis (Grafik Werner Störk) darauf, dass die Plan  n i c h t  eingenordet ist.  
     
     
   
     
  Quelle: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe]  
     
  Nicht eingenordeter topographischer Plan 1779/1780 von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann (Detail, Kreis: unser Forschungsgebiet)  
     
     
   
     
  Quelle: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe] Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Eingenordeter topographischer Plan 1779/1780 von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann, Detail, Legende: Zugangswege und kein direkter südlicher Zugangsweg zur Burg (gelb), spezielle Zuwegungen (karminrot),  spezieller Seitenarm (Rest des einstigen Hauptarms) der Belchen-Wiese, der direkt am Kastelfelsen vorbeiführt/e (blau), Zugangsebene und Vorburg (1), Kernburg (2), Halsgraben (3), Kastelhof mit Brücke (schwarz), Zugang von Süden, Brücke (rot), Zugang Brücke und Zugang Vorburg (braun), Quellhorizont mit Wasseraustritt auf der nördlichen Flanke des Hollbachtales. Links die strategisch besten Kontrollpunkte der Zugänge zur Burg..
     
   
     
  Quelle: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe] Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  So könnte die historische Zuwegung - erfahrungsgemäß immer auf dem überschwemmungssicheren Hochgestade - ausgesehen haben, die in einem weitläufigen Bogen an die Burg heranführte. Nur in trockenen Phasen und im Winter war die Durchquerung des sonst sehr sumpfigen Talbodens auch als Säumer (grün gestrichelt Linie, mit Furt und Brücke) - jedoch nicht für schwere Ochsengespanne auf dieser Route möglich. Die mit roter und oranger Farbe markierte Linienführung ist insofern interessant und wichtig, da sie teilweise einer speziellen Fortifikationslinie (orange/rot) folgt und um 1780 als Weg ausgewiesen ist.  
     
     
   
     
  Quelle Ortsverwaltung Bürchau, © 2020  Archiv Tegernau, Grafik Werner Störk © 2020      
     
  Der Plan von 1780 zeigt das Gelände um die "Sonnhalde" mit dem freien Platz vor und hinter dem Gebäude - dort wo der Abschnittsgraben (gelb) und der Halsgraben (rot) lagen - ein Zuwegung ist auch vorhanden )Pfeil). Mit grün markiert: das ausgeräumte Hangmaterial, das zum Bau der Kernburg-Terrasse eingesetzt wurde und so den Bau eines Halsgrabens ermöglichte. Es ist die einzige Darstellung innerhalb einer Karte, die so deutlich die besondere Struktur des Geländes erfasst.  
   
     
   
     
  Quelle Geoportal BW, Grafik Werner Störk © 2020    
     
  Die heutige Straßenführung (rot/Pfeile) markiert die wesentlichen historischen Vorgaben - und das sehr exakt!  
     
     
   
     
  Quelle Werner Störk © Copyright 2020  
 

Schematischer Querschnitt des Unterbaus der Kern- oder Hochburg mit westlichem Abschnittsgraben und östlichem Halsgraben (mit Ausnahme der Auskofferungsfläche maßstäblich)

 
     
     
   
     
  Quelle: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe] Grafik Werner Störk Copyright 2020  
  Foto & Grafik Werner Störk © 2020      
     
  Rekonstruktionsversuch: Eingenordeter topographischer Plan 1779/1780 von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann, Detail, Legende: Zugangsebene (Z), Vorburg (V), Kernburg (K). Auffallend beim Standort östlich der Kernburg ist ein massiver Eingriff in das natürliche Gelände und eine Veränderung des ursprünglichen Hangreliefs (gelb gestrichelt) . Die Größe  lässt Raum für einen  Halsgraben und eine speziell zusaätzlich schützende Palisadenwand. Der Kartenzeichner hat die natürlichen Vorgaben der verschiedenen Ebenen sehr gut dargestellt - welche die naturräumlichen Voraussetzungen für eine idealtypische Anlage und eine damit mögliche Abschnittsverteidigung bilden. Wobei wir bei einer frühen Rodungsphase davon ausgehen, dass von Osten zunächst her kein Angriff erfolgen konnte, da wir hier ein geschlossenes, infrastrukturell nicht berührtes Gebiet sehen - möglichweise mit einem einzigen Pfad in Richtung Bergkamm und Überstieg ins Große Wiesental. In die durch die frühen Erdarbeiten der Burg  entstandene markante "Lücke" (gelb gestrichelte Linie) im Hang wurde später ein großes Doppelhaus (gelber Kreis) gebaut. Mitte: die eingetragenen Höhenlinien belegen, wie stark der Eingriff in das natürliche Hangprofil und wie wichtig diese Erdbewegungen für den rund 10 Meter hohen "Unterbau" der Kernburg war. .Damit wurde nicht nur der dort verortete Wohn-/Wehrturm  weithin erkennbar erhöht, sondern auch das talwärts nachfolgendende Gelände stark versteilt.  Hinweis: „Bei dem Bauwerk musste es sich nicht zwangsläufig um einen Turm handeln, sondern der Platz konnte auch von einem Haus eingenommen werden. Erhaltene längsrechteckige Grundrisse legen in einigen Fällen die Anlage eines Saalbaus nahe, in anderen Fällen spricht die geringe Stärke mancher Pfostenüberreste für ein höchstens zweigeschossiges Gebäude.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Burgweit). Was auch aus fortifikatorischer Sicht natürlich optimal war. Wir denken, dass sich kein "ziviler" Hausbau eine solche Großbaustelle mit diesem  räumlichen wie auch volumenmäßigen Ausmaß weder "privat" finanzier- noch arbeitstechnisch hätte leisten können. Ein solches Unternehmen basiert auf einer herrschaftlichen Anordnung und wohl auch nur auf der Basis von Hand- und Fuhrfron. Wie stark in das Gelände eingegriffen (gelbe Zahlen)  wurde, macht der Vergleich mit dem "unberührten" Hangprofil (weiße Zahlen) deutlich.  
     
     
   
     
  Quelle links: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe] Grafik Werner Störk Copyright 2020
Quelle rechts: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020
 
     
  Eingenordeter topographischer Plan 1779/1780 von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann, Detail, Legende: Bezogen auf das gesamte historische (wie auch aktuelle) Siedlungsbild der Oberen und Unteren Sonnhalde fällt auf, dass auf dem von uns dort verorteten Standort der Kernburg (Wohn-/Wehrturm) auch heute das größte Gebäude (Kreis rechts) der beiden Siedlungen steht. Wir gehen davon aus, dass das jetzt dort noch bestehende Gebäude des einstigen Hotel-Bergrestaurants "Sonnhalde" (roter Pfeil) auf eine sehr lange Tradition zurückblicken kann und möglicherweise - nachdem es keine Kernburg mehr gab - dort einst ein Meierhof Vorläufer und Basis für die spätere Wirtschaft war. Diesen Teil der Geschichte werden wir noch genauer untersuchen. Das links mit gelb markierte Gebäude steht in/auf der einstigen "Graben-Baulücke".  
     
Zwei  Phasen der Burg-Befestigung analog von zwei Rodungsphasen: Zur richtigen Einschätzung der Fortifikation dieser Burganlage ist sehr wichtig zu begreifen, dass wir es mit zwei Phasen des Ausbaus - parallel zur Ausdehnung der jeweils gerodeten Waldflächen - zu tun haben. In der Phase 1 liegt im Norden und im Osten des Burgareals in unmittelbarer Nachbarschaft noch nicht gerodetes Gelände, also nicht begehbarer oder gangbarer Urwald. Daher war weder nach Osten und eben auch nicht nach Norden eine massive Befestigung der Burg notwendig. Erst mit der Rodungsphase nach Norden und durch die dort gewonnenen, jetzt waldfreien Flächen, drohte plötzlich unmittelbar Gefahr für die Burg. Ein Angreifer, der die Talsohle auf dem Hochgestade umlief, konnte  von Norden her über die relativ niedere Terrassenkante des Hochgestades die Burg in breiter Front angreifen. Daher mussten jetzt dort umfangreiche Fortifikationselemente dafür sorgen, dass dies unterbunden wird. So entstand nun im Norden ein umfangreiches Befestigungssystem, um auch diese Seite der Burg nachhaltig zu sichern und zu schützen. Daher liegen die beiden wichtigsten Schutzelemente der Kernburg, der Abschnittsgraben und der Halsgraben in Nord-Süd-Richtung und sind nicht - was beim Bau der Burg mit bereits gerodetem nördlichem Gelände zwingend gewesen wäre -  in Ost-West-Richtung angelegt...    
 
 
 
Quelle Google Earth & Grafik Werner Störk © 2020      
Links: Phase 1, rechts Phase 2.
 
 
 
 
 
Quelle Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020      
 
Bei den Einschätzungen zum Bau des Erdsockels oder auch als Podest zu bezeichnen, auf dem die Kernburg stand, greifen wir auf unsere Praxiserfahrungen im Bereich der experimentelle Archäologie beim Bau einer Lunette (Barockschanze Gersbach) zurück, da sich die sich der Einsatz der dort eingesetzten Werkzeuge und Arbeitsmittel als Transfer auch am Frühmittelalter wiederfindet. Ebenso wie auf unsere Erfahrungen aus dem Modellbau (Römisches Marsch- und Feldlager) siehe Photoserie unten.
 
 
Quelle Archiv AG MINIFOSSI  Werner Störk © 2020 Diorama Römisches Marsch- und Feldlager.
 
Quelle Archiv AG MINIFOSSI  Werner Störk © 2020 Diorama Schanzbauern errichten eine Redoute.
 
 
 
Quelle Archiv AG MINIFOSSI Werner Störk © 2020 Experimentelle Archäologie: Bau einer Lunette.
 
 
Quelle Archiv AG MINIFOSSI  © 2020 
 
Nachbauten historischer Werkzeuge beim Bau der Lunette als experimentelle Archäologie. 
 
 
 
 
Mathematisch-geometrisch handelt es sich bei unserem "Podest" oder "Sockel" um einen Pyramidenstumpf (links) , der zusätzlich abgeflacht (rechts). wurde. 
 
Wie wurde mit einem geometrisch abgeflachten Pyramidenstumpf das Plateau als Basis für die Kernburg geschaffen? Die Auswertung der verschiedenen Luftaufnahmen der  U.S.-Air Force-Kriegsluftbilder des Kampfmittelbeseitigungsdienstes BW (KMBD) aus dem Jahre 1945 ermöglichen hier wertvolle Hinweise, da in der Mehrzahl der Areale noch keine Be- noch eine Überbauung stattgefunden hat. Gleichzeitig spielt  der Zeitpunkt der Aufnahme - Februar - eine zusätzlich positive Rolle, da keine abdeckende Vegetation den Aussagewert mindert. Wir interpretieren den Sachverhalt wie folgt: zunächst wurde der natürliche und über den Standort der geplanten Kernburg deutlich überragende Hangbereich (grün) abgetragen und an eingerichteten Großbaustelle aufgesetzt, verdichtet und geformt. Die Grundform eines Trapezes wurde mit Seilen im Maßstab 1:1 im Gelände ausgepflockt und die Höhen und Winkel der Pyramidenstumpf-Seiten mit Holzstangen genau ausgesteckt. Da aus dem Hang gewonnene Material wurde sorgfältig mit Holzstamm-Stempeln verdichtet, wobei die Basisbereiche der Grundform wohl mit rohbehauenen langen Balken (möglicherweise aber auch einfach mit Baumstämmen)  in mehreren Lagen übereinander so gesichert wurde, dass das frisch gewonnene Erd-Steinmaterial optimal verdichtet und verzahnt werden konnte - was die Standfestigkeit des Sockels für die Kernburg gewährleistete. So konnte kein neuaufgetragener Boden den Hang weiter abrutschen 8oder bei Regen abgespült werden)  und der Pyramidenstumpf täglich stabil wachsen. Erst nach Fertigstellung des Sockels und der Kernburg wurde der Abschnittsgraben ausgekoffert, wobei das dort abgegrabene Material einerseits über die Hangkante geworfen wurden - damit versteilte man den Hang zusätzlich - andererseits wurde  Erdreich auch am nördlichen Ende flächig verteilt. Auch beim Halsgraben wurde das ausgekofferte Material am südlichen Ende auf Halde geschüttet und  am nördlichen Bereich des Halsgrabens bei den Grabarbeiten das Erdreich den Hang hinab über die nördliche Sockelseite aufgetragen, die dort so ihre eigentlich kantige Struktur verliert und eine auffallend rundlich-kuppige Form  wurde (Foto unten) annahm.. Wir gehen davon aus, dass die beiden Gräben erst nach Errichtung der Kernburg entstanden sind, da sie sonst  logistisch und organisatorisch die Arbeiten an der Kernburg nachhaltig negativ beeinflusst hätte (Umwege,  Gefährdung der Arbeiter, etc.).
 
 
 
 
Foto Werner Störk © 2020       
 
Abgerundete, da überdeckte nördliche Seitenkante des Pyramidenstumpfes.
 
Quelle Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020     
 
Die aktuelle LiDAR-Aufnahme im Geoportal BW zeigt lediglich noch einen Abschnittsgraben von ca. 70 Metern (rot), während die U.S. Air Force-Luftaufnahme von 1945 eindeutig einen längeren Graben (gelb) erkennen lässt - dort misst er immerhin rund 97 Metern.  Gut zu erkennen: das ausgeräumte Hangterrain (grün) und die damit mögliche Anbindung mit einer Brücke über den Halsgraben (karminrot). Die sehr "unruhige" Bodenstruktur innerhalb der beiden nördlichen Kreise (gelb und karminrot) lässt die Vermutung zu, dass hier - mit einem Teil des Aushubmaterials vom Abschnittsgraben, aber auch vom Halsgraben - fortifikatorisch zusätzliche Sicherungs- und Schutzelemente eingebaut waren, um die offene Seitenflanke zwischen Halsgraben und Abschnittsgraben optimal wehrhaft zu machen. Alle Zuwegungen sind gut zu kontrollieren und im Bedrohungsfall schnell zu schließen und zu sichern.
 
 
Der Schnee modelliert sehr gut die Konturen des Unterbaus der Kernburg sowie den südlichen Auslauf des Abschnittsgrabens.
 
     
  Rekonstruktionsversuch: Historische Postkartenansicht vom Berggasthof Sonnhalde - mit auffallendem "Podest" - das Material hierfür wurde beim Bau der Burg aus dem darüberliegenden Hang entnommen und so ein östlicher Halsgraben durch Unterbrechen des natürlichen Hangprofils geschaffen. Dabei wurde eine rund 2.200 qm Fläche bearbeitet und eine "Lücke" von über 40 Meter Distanz zwischen Kernburg und Hangrelief ausgekoffert. Damit erreichte man auch, dass die Burg weithin sichtbar über dem Tal "thronte" und jedermann allgegenwärtig war.  
     
     
   
     
  Die historische Aufnahme, um 1950 entstanden, bestätigt die "herausgehobene" Lage des Hauses "Sonnhalde" - so wie wir es auch auf den Luftaufnahmen von 1945 kennen.  
  (Copyright & Sammlung Archiv Harald Senn, Bürchau).  
     
     
     
     
  Der Abschnittsgraben (rot) und sein südliches Endstück - in Hecken verborgen, trifft auf den Pfad der südlichen Zuwegung über die Brücke zur Vorburg (gelb)
sowie die Zuwegung (weiß) zur Kernburg mit dem südlichen Auslauf des Halsgrabens (orange).
 
  (Copyright & Sammlung Archiv Harald Senn, Bürchau).  
     
     
   
     
  Direktlink zur Sonderseite
 Halsgraben und Abschnittsgraben
 
  Direktlink Button anklicken  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Copyright 2020  
     
  Sat- und LiDAR-Kombination mit großem Graben, der die Vorburg von der Kern- oder Hochburg trennt.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Um Aus- und Umbaumaßnahmen am Berggasthof "Sonnhalde" nach 1949, die möglicherweise auch das Außengelände betrafen, auszuschließen, haben wir neben den LiDAR-Scans und Sat-Bilder vom Geoportal BW und Google Earth auch mit Bild Nr. 906854063 vom 15.02.1945,1:11.000, Bild Nr. 909907069 vom 19.06.1945 im Maßstab 1:30.000 und  Bild Nr. 909727093 vom 07.06.1945 ebenfalls im Maßstab 1:30.000 die Kriegsluftbilder des Kampfmittelbeseitigungsdienstes BW (KMBD), angefertigt durch die U.S. Air Force,  zur Auswertung herangezogen. Die sorgfältige Auswertung hat folgendes Gesamtbild bestätigt: vor dem Gebäude des ehemaligen Berggasthofes verlief ein rund 97 Meter und bis ca. 7 Meter breiter Abschnittsgraben (rot), den heute die dort angelegte Straße durchtrennt. Sein südlicher Auslauf endet exakt an der nördlichen Steilkante der Spornflanke zum Hollbachtal. Mit der Schaffung eines Halsgrabens (gelb) wurde die Kernburg nach Osten gesichert. Wobei jeweils an den beiden Seiten nördlich und südlich der Kernburg kleinere Wallgräben (orange)  zusätzlich schützten. Interessant dabei ist auch, dass wohl auch die historisch analogen Zuwegungen jeweils vor den Wallgräben enden und somit keinen unmittelbaren Zugang zur Kernburg zuließen. Das durch den Aushub des Halsgrabens gewonnene Material wurde zum Aufbau eines mit rund 10 Metern Höhe beeindruckenden Podests (schwarz) für die Kernburg eingesetzt, die so eine zusätzliche Terrasse mit rund 20 x 20 Metern - also eine Grundfläche von rund 400 qm erhielt. Vorburg und Kernburg waren somit deutlich getrennt. Die von uns neben ihrer heutigen Funktion als Feldweg markierte Fortifikationslinie führte genau in den westlichen großen Graben. Der Zugang zur Kern-oder Hochburg führte vermutlich über einen schmalen Pfad und über eine Brücke - eine gut zu kontrollierende Zuwegung, die relativ schnell und optimal gesichert werden konnte. Während man normalerweise den Graben vor der Kernburg weitläufig umgehen musste, konnte man im Bedrohungsfall über eine kleine Brücke die jeweils zu verteidigenden Positionen schnell erreichen. Die Gesamtkonzeption der Fortifikation wird durch die Auswertungen der Luftbilder und des LiDAR insofern auch bestätigt, dass es eine innere Fortifikationslinie - etwa dem heutigen Straßenverlauf entsprechend - gegeben hat, welche die Sicherheit - auch in Form der Abschnittsverteidigung - von der "Kanzel" bis hinauf zur Kernburg gewährleistete. Das abgebaute Terrain des Hangprofils (hellgrün).  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Die aktuelle LiDAR-Aufnahme im Geoportal BW zeigt lediglich noch einen Abschnittsgraben von ca. 70 Metern (rot), während die U.S. Air Force-Luftaufnahme von 1945 eindeutig
 einen längeren Graben (gelb) erkennen lässt - dort misst er immerhin rund 97 Meter (mehr Infos hier)..
 
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Copyright 2020  
     
  Aus der Vogelperspektive: die Sonnhalde.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
  Diese "Spuren" gaben den Ausschlag für den Ringgraben - sie stammen nicht vom Straßenbau, sondern die Straße selbst liegt auf bzw. im Graben,   
     
     
   
     
  Quelle: Grafik Werner Störk © 2020  
     
     
   
     
  Foto & Grafik Werner Störk © 2020  
     
  Aufgefülltes und planiertes Anschlussstück an den nördlichen Teil des Abschnittsgrabens.   
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020   
     
  Der aus vier Segmenten bestehende Ringgraben 8rot) - mit integriertem Abschnitts- (gelb)  und Halsgraben.(orange), auffälliges Obstbaumgelände mit Anbindung an das ausgekofferte Gelände. Durch die Ringgraben-Anlage wird auch klar, warum der Abschnittsgraben und der Halsgraben deutlich länger sind und das Areal an Osten wie Westen fast hermetisch - angepasst an die natürlichen Vorgaben - abschließt. Ohne diese "Verlängerungen" könnte die Abschnittsverteidigung nicht optimal agieren - der Angreifer könnte die Kernburg problemlos "umklammern" und aushungern. Das spezielle Obstbaum-Areal lässt den Schluss zu, dass dort - direkt im Anschluss an den nördlichen Auslauf des Abschnittsgrabens wohl ein sich homogen anschließender Wall - sicher mit Palisaden - nach Nordosten hin einen zusätzlichen Schutz aufbaute. Der Wall wurde später eingeebnet - was die planierte Fläche so auch wiedergibt.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Das heutige Gewann Sonnhalde - gelb markiert die Größe der damaligen Kernburg. Orange: Reste des Halsgrabens.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Auch hier wieder auffällig: die Flureinteilung folgt sehr genau Fortifikationslinien.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Jeweils die oberen und unteren Bereiche vom großen Hangraben (gelb) und dem Halsgraben (rot).  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Der bereits angesprochene Feldweg zieht hier direkt in den Graben, weshalb wir ihn als Laufgraben/Laufweg identifizieren
und der Fortifikation zuweisen. Rot markiert: Reste des Halsgrabens.
 
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Der starke Abschnittsgraben, der die Vorburg von der Kernburg trennt (rot), der "Zugangsweg" (Kommunikations- und/oder Fortifikationselement) zum Graben (gelb), abgetragenes natürliches Hangprofil mit Halsgraben (grün), Mauer mit Fortifikationslinie nach Norden (weiß), anthropogen beeinflusste Böschungskanten bzw. Fortifikationslinien (Pfeil orange), Zuwegungen (schwarz). Die Grafik macht deutlich, dass ohne eine nördliche Fortifikation die Kernburg schutzlos einem von dort aus kommenden Angriff ausgesetzt gewesen wäre. Kontrollpunkte (Raute).  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Blick von oben auf den großen Abschnittsgraben, der durch den modernen Straßenbau durchtrennt wurde und an der Steilkante zum Hollbachtal endet.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Copyright 2020  
     
  Sat- und LiDAR-Kombination mit großem Abschnittsgraben, der die Vorburg von der Kern- oder Hochburg trennt.  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Auch hier orientiert sich die neuzeitliche Flureinteilung an den vorhandenen "unverrückbaren" Landmarken und möglichen Messpunkten.  
     
     
   
     
  Foto Werner Störk © 2020      
     
  Die exponierte Lage der "Sonnhalde". Die beiden oberen Hofgebäude liegen teilweise auf dem ausgeräumten Hangauslauf.  
     
     
   
     
  Fotos & Bearbeitung Werner Störk © 2020       
     
  Rekonstruktionsversuch: Retuschiert man die anderen heutigen Gebäude weg, wird die exponiert-dominante Außenwirkung der "Sonnhalde" - vergleichbar mit der einstigen Kernburg - deutlich.   
  Während also im Süden nur Personen zu Fuß in die Burg gelangen können, müssen Reiter, Säumer und Gespanne einen relativ weiten Umweg in Kauf nehmen, um dann vom Norden her über einen speziellen „Flaschenhals“-(enge, leicht zu kontrollierende und verschließbare  Stelle zur optimalen Verteidigung, vergleichbar mit einer Letze) Kontrollpunkt, der speziell stark gesichert war, die Burg zu erreichen. Die Steigung bzw. das Gefälle wurde so angepasst, dass auch größere Ochsen-Gespanne mit schweren Last sicher in die Burg gelangen. Bei trockenem Wetter war wahrscheinlich auch die kürzere Anfahrt über einen Knüppelpfad möglich. Zusätzliche natürlichen Sicherheit und Schutz boten einerseits die sumpfigen und damit schwer begehbaren Talboden-Flächen, wie sie auch noch in der Karte von 1779 eingezeichnet wurden. Andererseits führte ein Nebenarm der Belchenwiese (möglicherweise später als „Kanal“ für die Mühle gezielt angelegt bzw. zunächst bewusst so aufgelassen) direkt unterhalb des Kastelfelsen vorbei – wobei es auf dieser Süd-Seite auch rechts der Belchenwiese keinen angelegten Weg gab, um auf der Höhe des Talbodens den massiven Felsensockel hier zu umgehen. Auch das hier von Osten einmündende Hollbachtal (früher: Höllbach) war mehrheitlich sumpfiges Gelände und damit schwer begehbar. Gleichzeitig konnte die enge Stelle zwischen Kastelfelsen und den beiden Flanken des Hollbachtales (nur 12 Meter breit) schnell und effektiv gesperrt werden. Und somit wurde auch der Zugang zum Brückenpfad, der zur Holzbrücke und über sie zum Eingang der Burg führte, optimal gesichert werden. Das Hollbachtal war quasi der Burggraben im Süden, im Westen und nach Norden bildete das natürliche Hochgestade Schutz und Sicherheit sowie mehrere ausgedehnte Wall-Graben-Anlagen mit Palisaden auf der Böschungskante. Der bei Burgen sonst umfassenden Burg- oder Ringgraben wird bei dieser Burg durch bereits bestehende natürliche Formen gebildet: im Süden die Flanken des steil abfallenden Hollbachtales, im Westen die abweisenden hohen Felspartien des Kastelfelsen und die sehr stark ausgeprägte Böschungskante des Hochgestades. Die mögliche Schwachstelle von Norden her wurde mit einem palisadenbewehrten Wallgraben bzw. mit einem zusätzlich auf das Hochgestade aufgesetzten Wall gesichert. Die Geländebegehung sowie auch die LiDAR-Auswertung legen einen weiteren möglichen Sperrriegel zwischen der Mauer, Vor- und Kernburg nahe. So konnte auch vom Norden her eine Abschnittsverteidigung in Richtung Süden und damit zur Kernburg gewährleistet werden.  
     
     
   
     
  Kombination Luftbild mit LiDAR unterlegt vom Forschungsgebiet Sonnhalde südlich von Bürchau (Quelle. Geoportal BW).  
   
     
   
     
  Rekonstruktionsversuch: Kombination Luftbild mit LiDAR unterlegt vom Forschungsgebiet Sonnhalde südlich von Bürchau (Quelle. Geoportal BW) Grafik Werner Störk © 2020,
 
     
     
 

Alles in allem eine sehr gut gesicherte, wehrhafte Burganlage, die es jedem Angreifer schwer gemacht hätte, einzudringen. Bei einer möglichen (kurzzeitigen) Belagerung verfügte man auch innerhalb der Burganlage über genügend Weidefläche für die Nutztier- und Kleintierhaltung. Die Wasserversorgung erfolgte wohl über den Hollbachbach bzw. durch eine am nördlichen Ende des Hangraben existierende Quelle. Vermutlich gab es aber auch zusätzliche Zisternen.  Und wahrscheinlich auch die sog. Eselswege (nachfolgende Grafik). Geologisch-hydrologisch wäre auch ein Brunnen annehmbar - die auf der Südseite des Kastelfelsen über dem Niveau der Hollbaches austretenden Quellen markieren einen relativ nahen Quellhorizont, den man mit einem Brunnen (siehe unten) sehr gut hätte auch erreichen können.

 
     
     
   
     
  Quelle rechts: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe]  
     
  Die auf dem Plan von 1779 eingezeichneten Quellaustritte aus der Südflanke vom Kastelfelsen  
     
     
   
     
  Kombination Luftbild mit LiDAR Quelle. Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020,  
     
 

"Eselssteig (von Esel, Lasttier), oft auch Eselsweg, ist die Bezeichnung für einen Pfad, der häufig in der Umgebung früherer Höhenburgen angelegt wurde. Eselssteige führten, z. T. auch versteckt (Steig ins hintere Hollbachtal), zu Nebeneingängen einer Burg. Sie zeichneten sich oft durch eine sehr schmale und steile Wegführung aus, um die Benutzung durch (gepanzerte) Feinde zu erschweren. Sie dienten, soweit die Burg noch nicht über einen verlässlichen Brunnen verfügte, zur Versorgung der Burg, vor allem mit Wasser, das auf Eseln in Fässern transportiert wurde. Die Eselswege führten direkt zu einer oder mehreren Wasserquellen beziehungsweise Wasserläufen. Darüber hinaus dienten Eselswege auch dem Transport von Brennholz." Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Eselssteig. Rot markiert: Wasserversorgung bei Bedrohungslage. Zugang zum Hollbachtal mit Verhau versperrt. Möglicher Brunnen (weiß).

 
     
 

Welche Aufgaben hatte diese Burg? Sie war einerseits eine Grenzmarke des Territoriums und sollte auch symbolisch ein Zeichen der Herrschaftspräsenz, ein Symbol der Macht und Repräsentation sein. Anderseits aber vor allem dem Schutz des Landesausbaus, also der Kolonisation dienen. Im gewissen Sinne war sie aber auch ein Zeichen der präventiven Abschreckung, damit die Rodungsarbeiten ungestört ablaufen konnten. Bereits die Vorbereitungen eines Standortes, vom dem aus die Rodungsarbeiten ausgehen sollte, erfordert viel Zeit und finanziellen Aufwand. Die für den Bau der Burg oder der anderen Gebäuden bestimmte Baumstämme wurde frisch gefällt und nahe an der Baustelle auf einem Zimmerplatz gelagert und dort "saftfrisch" zu recht gesägt oder gebeilt  (Quelle: G. Ulrich Großmann „Die Welt der Burgen: Geschichte, Architektur, Kultur“ 2013): Welches Holzvolumen für eine Burg und die darum entstehenden Gebäude in Wirklichkeit nötig war, verdeutlicht der Hinweis im Freilichtmuseum Vogtsbauernhöfe in Gutach: „Zunächst wurden dem aus Tanne, Buche und Ahorn bestehenden Mischwald (Fichten gab es nur vereinzelnd) vor allem die hochgewachsenen Tannen entnommen. Sie waren für den Hausbau ideal. Für ein Schwarzwaldhaus benötigte man rund 1.000 Festmeter Holz, das waren 800 Stämme". Dabei war die Nähe zu fließendem Wasser eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Gründung einer neuen Siedlung. Nicht nur für das notwendige Trinkwasser für Mensch und Tier und zur Bewässerung von Gartenparzellen, sondern auch zur Gewinnung von einem Naturprodukt, an das wir heute kaum mehr denken: so wurden gezielt an den Ufersäumen im direkten Überschwemmungsbereich in großem Umfang Weiden angepflanzt. Wobei gerade die Strauchweiden - naturgemäß holzwirtschaftlich als Nutzholzerzeuger ohne Bedeutung – aber als Flecht- und Bindeweiden eine große Rolle spielten. Geflochtene Trag- und Waschkörbe, geflochtene Gehegezäune für die Schweine und Kleintierhaltung, Teile für die hochgezogenen Seitenwände der Karren, Bindeweide beim Holztransport, Fassreifen, Einfassungen von Gartenbeeten, Fischreusen, Flechtmöbel, Blätter zur Fütterung der Haustiere, Flechtwerke zum Strohlehmbewurf  beim Hausbau bis hin zu „lebenden Zäunen“ – für einen damaligen Hof ein unentbehrlicher „Werk- und Baustoff“. Und auch in Heilkunde begehrt als fiebersenkend, entzündungshemmend und schmerzstillend.

 
 

Um die zum überwiegenden Teil sehr feuchte Talaue aber auch als Baugrund nutzen zu können, musste die Feuchtwiesen zunächst durch Grabensysteme trockengelegt werden. Bis sich dort dann über den Trocknungsprozeß neue Ökosysteme als „Matten“ also Grünland-Wiesen-Biotope ausbildeten, verging wieder viel Zeit – es brauchte also eine langjährige Planung. Solche großflächigen Rodungsarbeiten erforderte logistische Meisterleistungen, um bezahlte und unbezahlte Arbeitskräfte, ausreichend Nutztiere, Arbeitsgerätschaften, Werkzeuge, Nahrungsmittel, Unterkünfte, Ställe, Lager, etc. über einen längeren Zeitraum (Baujahr für eine solche Holz-Erde-Burg, ca. 1 Jahr, Rodungsarbeiten im direkten Umfeld mindestens 5 bis 15 Jahre) zusammenzuführen und zuverlässig bereit zu stellen. Burg und Kastelhöfe waren quasi „Basislager“ für Mensch, Tier und Material und Garanten für eine erfolgreiche Erschließung und Urbarmachung des Landes. Wobei es sich hier um die erste „Ost-Erweiterung“ handelt, also die bisherige Süd-Nord-Ausdehnung der Rodungstätigkeiten – insbesondere der Herren von Waldeck – verließ, um u.a. damit die hier nach Süden ausgerichteten Berghänge für eine – bedingt durch die längere Sonneneinstrahlung („Sonnhalde“ - nomen est omen) -  bessere landwirtschaftliche Nutzung zu erschließen. Denn auf dem überwiegend sumpfigen Talboden konnte kein Getreide angepflanzt werden.

 
  Oder gab es neben diesen eher landwirtschaftlich-merkantilen Überlegungen möglicherweise auch den festen Wunsch, endlich eine  gut begehbare, sichere West-Ost-Verbindung zwischen dem alten Territorium um Raich/Ried herum und mit Hilfe der "Brückenfunktion" der Burg auf dem Kastelfelsen und dem dortigen Rodungsareal eine  neue Passroute zu erschließen? Hoch über dem Hollbachtal mit mäßiger Steigung auf die Passhöhe und dann über das Dachseck relativ bequem ins Große Wiesental nach Schönau? Das, was wesentlich später dann mit dem "Neuen Weg" zwischen Neuenweg, Böllen und über den Hau erreicht wurde? Mehr dazu auf der Sonderseite Photoarchiv Schorrbühl (Direktlink unten).

 Wahre oder mögliche Hintergründe über die eigentliche „Ost-Erweiterung“ „Grundherrschaften beim Landesausbau lassen sich auch über die Burgen im Schwarzwald fassen, auch wenn für viele zwar archäologische, aber keine historische Überlieferung vorhanden ist oder umgekehrt. Rodungsburgen zur Sicherung der Territorien, aber vielleicht auch zur Sicherung der Erztransportwege und der Verhüttungsanlagen, weniger der Bergwerke, die niemand wegtragen konnte“. Quelle: „Siedlungsforschung. Archäologie - Geschichte - Geographie 10, 1992, in Verbindung mit dem Arbeitskreis für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa, herausgegeben von Klaus Fehn Helmut Bender, Klaus Brandt, Dietrich Denecke, Franz Irsigler, Walter Janssen, Wilfried Krings, Michael Müller-Wille, Hans-Jürgen Nitz, Gerhard Oberbeck, Winfried Schic„ Denn die vielen Burgen erfüllten nicht in erster Linie nur militärische, sondern auch verwaltungstechnische und wirtschaftliche Funktionen. Sie waren rechtlicher Mittel-punkt eines Güterkomplexes von unterschiedlicher Größe und Struktur, Mittelpunkt eines raumerfassenden Systems von herrschaftlichen Rechten und Pflichten, Personalverbänden, Gerichtsbefugnissen, Jagdrechten und allerlei Nutzungsrechten und anderen Einnahmequellen, Zentrum landwirtschaftlicher und handwerklicher Arbeiten und Gewerbe, bisweilen auch Inhaber von Ausbeutungsrechten an Bodenschätzen (Eisen, Silber, Gold u. ä.).“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Burg. Es waren nicht nur diese beiden Quellen, sondern ein andere Literaturhinweise, die niemals sehr konkret auf das Kleine Wiesental eingingen, aber immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Burgen und Bergbau hinwiesen (Stichwort Birkenberg). Wir haben daraufhin die Wahrscheinlichkeit beleuchtet, welche Bedeutung dieser Fragenkomplex für das Kleine Wiesental und hier besonders für den Raum Bürchau haben könnte. Und je tiefer wir in das Thema eindrangen, desto mehr entwickelte sich ein Bild, in dem auch die neue Burg eine wohl doch entscheidende Rolle spielen könnte. So sahen wir die „Ost-Erweiterung“ der Herren von Waldeck sehr bald in einem völlig neuen Licht. Überwogen am Anfang unserer Forschungsrecherchen noch die Ansicht, dass es sich bei der Richtungsänderung lediglich um die Erschließung landwirtschaftlich bessere Fläche an den Südhängen zu gewinnen, trat zunächst auch die Über-legung dazu, dass die Waldecker damit auch einen direkten Passübergang (hoch gelegene Wege und Pfade waren bevorzugt) und somit einen Anbindung an das Große Wiesental bekamen, um sich so besser in die dortigen territorialen Interessenslagen einbringen zu können. Dann ergänzte die Flurnamen-Betrachtung über den Silberberg und Silberecken den Themenkreis – aber eher am Rande der hauptsächlich durch die eigentliche Rodungsphase bestimmten Tätigkeit. Und flurnamen-etymologisch als mögliche „Erinnerung“ aus der mündlichen Überlieferung an die erste Erzsuche nach Silber in diesem Gebiet – zumeist auf der Basis von kleinen oberflächlichen Ausbissen.

  Grundwissen: Ausbisse  
 

„Im frühen Bergbau waren die Ausbisse wichtige Hinweise, wo Feuerstein oder Erze zu finden waren. Am häufigsten sind Ausbisse an Gebirgsabhängen aufzufinden. Sie konnten aufgefunden werden, indem sich der Schürfer von einem Haufen mit abgetrennten Mineralbrocken suchend nach oben vorarbeitete. Dabei lagen die Mineralbrocken umso weiter vom Ausbiss entfernt, je steiler der Abhang war. Waren Ausbisse mit Erdreich überdeckt, gestaltete sich die Suche nach ihnen wesentlich schwieriger. Diese Ausbisse ließen sich nur durch intensive Schürfarbeit finden. Die Stellen, die der Schürfer bearbeiteten wollte, untersuchte er zunächst sehr genau auf Bodenunebenheiten oder suchte sie nach Gesteinsbrocken ab. Die meisten Erzstufen waren in der Regel größer als das sonstige herumliegende Geröll oder die sogenannte Dammerde, dadurch ließ sich eine Schürfstelle relativ gut festlegen. Die Größe des Ausbisses lässt oftmals keine genauen Rückschlüsse auf die Lagerstätte zu. Es kann sogar vorkommen, dass ein reichhaltiger Ausbiss zum Auffinden einer armen Lagerstätte führt und ein unscheinbares Ausbeißen zu einer ausgedehnten und reichhaltigen Lagerstätte führt.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ausbiss.

 
     
     
   
     
  Sonderseite
Rodungsinsel Bürchau & Rodungsburg
 
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Noch werteten wir diese als sekundäres Ergebnis der primären Rodung. Doch dann entwickelte sich langsam, aber sicher ein völlig neues Bild und eine ganz andere Interpretation dieser Waldecker „Ost-Erweiterung“. Nämlich das Bild einer gezielten Sicherung von möglichen Bergbaurechten und dem Schutz des entsprechenden Terrains. Ganz im Sinne des mit ihnen eng verbundenen Bistums Basel und dem unstillbaren Hunger nach Silber für dessen bischöfliche Münzstätte. Mit dieser Ost-Erweiterung konnte man die möglichen territorialen Ansprüche und die damit verbundenen Ausdehnung der Herren von Rotenberg nach Norden in exakt jenes „silberverdächtiges“ Gebiet unterbinden und gleichzeitig deren intensiv gepflegten Einfluss von St. Blasien deutlich einschnüren und abgrenzen. „Silberverdächtig“ deshalb, da bereits in der unmittelbar angrenzenden nördlichen und westlichen Nachbarschaft – wie z. B. Todtnau – reiche Silberbergwerke hohe Gewinne abwarfen. Wir können nur ein sehr kurzes Streiflicht auf die überregionale Geschichte werfen, vor deren Hintergrund sich die scheinbar lokal-familiäre abspielt. Es geht dabei um die intensiven politisch-wirtschaftlichen Bemühungen der Basler Bischöfe (Alberto II. und Ulrich II.), Silber für die Basler Münze zu sichern, um das ihnen vom König verliehene Münzrecht auch in silbernen Denaren ausüben zu können. Hierbei spielte das elsässische Kloster Murbach und seine Bergbaurechte eine entscheidende Rolle – speziell für die Silberbergwerke im breisgauischen Südschwarzwald. Dazu zählten eben auch Todtnau und seine reichen Silberminen. Das man dabei eine illegale Schenkung als legitimes Mittel einsetze, um so doch noch in den unberechtigten Besitz jener Bergwerke zu gelangen, wirft ein treffendes Bild auf die wirtschaftliche Bedeutung des Silbers für die Basler Bischöfe. Sie, die nach dem Einfall der Hunnen und der Zerstörung des Basler Münsters und dessen Wiederaufbau alles daran setzten, ihre für damalige Verhältnisse weltpolitische Bedeutung nicht zu verlieren. Zwar erhielt 1028 Ulrich II. von König Konrad II. den sogenannten „Königszehnt“ (Zwangsabgabe der Bergwerke) verliehen, aber bereits 1025 war es dem Kloster Mur-bach gelungen, die zu Unrecht entzogenen Güter und damit auch die Bergrechte vom Basler Bischof zurück zu bekommen (Quellen: Benno Dörflinger, Mitteilungen 2020, u.a.). Durch das Aussterben des Waldecker Geschlechts konnte die Rotenberger dann den-noch genau dieses – eigentlich den Waldeckern vorbehaltene – Territorium übernehmen und so mittelbar auch den Einfluss von St. Blasien wieder reaktivieren. Nicht nur die Schenkung von 1278 unterstreicht diese Arbeitshypothese, sondern auch der damit verbundenen jahrzehntelange Erbstreit mit Fehde zwischen den Herren von Rotenberg und den mehr Basel zugeneigten Röttlern, die vom Erbe der Rotenberger sehr bewusst nicht bedacht und so provozierend ausgeschlossen wurden. Dass am Ende – auch die Rotenberger sterben aus – dann doch noch die Röttler zunächst (auch sie sterben aus) alles gewinnen, zeigt, wie abwechslungsreich die Territorialgeschichte des Kleinen Wiesentals ist. Halten wir fest: die Initiative der Waldecker, ihre Rodungspläne nicht nur weiter nach Norden voranzutragen, sondern sich bei Kastelfelsen auch noch Osten auszudehnen, hatte nicht nur rein landwirtschaftliche oder infrastrukturelle Beweggründe, sondern sicherlich auch ein von Basel gesteuertes bzw. sehr erwünschte Vorhaben, mit einer territorialen Barriere weniger die mögliche Ausdehnung der Rotenberger nach Norden zu unterbinden, sondern vor allem auch dadurch Bergbaurechte zu sichern und mögliche Lagerstätten auszubeuten. Die bereits bestehenden reichen Silberminen im Gebiet des Großen Wiesentals z. B. mit Todtnau sowie die anderen im Betrieb befindlichen breisgauischen Bergwerke des Klosters Murbach ließen in dem Gebiet von Bürchau und Neuenweg ebenfalls reiche Funde vermuten. Funde, die sich zwar im unmittelbaren Raum von Bürchau heute nicht mehr nachweisen lassen, aber in einem Fall eine reiche Fundstätte als konkrete Bestätigung erhielten: mit der Blei-Silbererz-Grube am Neuenweger Spitzkopf. Wobei wir dort einen engen Bezug zur Ringwall-Anlage auf dem  Schlossboden sehen mit dem Standort zumindest einer Burgwarte, wenn nicht sogar einer Burg - zur Sicherung der wichtigen Verkehrsverbindung Ost-West einerseits, aber auch zum Schutz und der Verwaltung der reichen Silbermine am Spitzkopf. Im Zusammenhang mit der Erforschung dieser Burganlage wird somit ein völlig neues Licht auch auf die Silbererzsuche im Kleinen Wiesental geworfen, die offensichtlich wesentlich früher als bislang angenommen einsetzte und intensiv betrieben wurde.

     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
     
   
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
  War die "Ost-Erweiterung" der Herren von Waldeck u.a. der erste Versuch, einen schnellen und sicheren Zugang zum Großen Wiesental zu schaffen? Dazu mehr auf der Sonderseite Photoarchiv Schorrbühl.  
     
     
 

Dafür mussten die höher gelegenen Bergflanken – bevorzugt die Ost- und Südhänge (waren im Frühjahr als erste schneefrei) – gerodet werden. Wer sich heute Luftbilder von Bürchau anschaut, erkennt die große Rodungsinsel, die genau diesen Himmelsrichtungen folgt. Nur so konnte eben auch der angestrebte wirtschaftliche Gewinn durch die Urbarmachung gesichert werden. Die hiesigen Territorialherren als Grundherrschaft standen ja auch wiederum in einer Pacht-Abgaben-Abhängigkeit ihres Lehens – es musste etwas „abwerfen“, die hohen Investionskosten gerade am Anfang einer Rodung mussten sich mit der späteren intensiven landwirtschaftlichen Nutzung wieder auszahlen – möglichst mit Gewinn. Daneben oblag der Burg vor allem die Überwachungs- und Kontrollfunktion der vorbeiführenden Wege, der Brücken und Furte sowie des Flusses – weshalb man auch die optimal ausgewählte Lage betonen muss, die strategisch alle Faktoren bei der Auswahl des Standortes wie auch bei der Bau der Burg einschließlich ihrer Sicherungs- und Schutzeinrichtungen berücksichtigt hat. Die Burg lag ja direkt am wichtigsten und einzigen Nord-Süd-Hauptweg (mit naher Abzweigung nach Ried und Raich), ebenso an der einzigen Brücke an diesem Fluss-/Bachabschnitt, wohl auch der einzigen Furt und direkt am Fluss/Bach. Und natürlich war es auch die Aufgabe aller Burgbewohner, bei einem Angriff die Burg erfolgreich zu verteidigen und ggfs. auch eine Belagerung zu überstehen.

 
   
     
   
   
  Die drei Flurbezeichnungen "Im Kastel" mit dem Standort der Burg und der Kastelhöfe (Raute und Kreis) (Quelle: Geoportal BW) mit eingezeichneter (roter) Gemarkungsgrenze (Grafik Werner Störk).  
     
     
  Warum wurde diese große Burganlage mit einer 80 Meter langen und hohen Mauer nicht früher entdeckt? Je intensiver wir uns mit dieser Burg beschäftigen, desto öfter haben wir uns genau diese Frage gestellt. Lag es daran, dass die Historiker und Burgenforscher - vergleichbar mit der geographischen Fehleinschätzung der Lage von Gebinbach - einfach in der falschen Richtung suchten? Also entsprechend dem bereits bestehenden Waldecker Rodungsflächen und Siedlungen direkt nach Norden - auf dem Terrain von Raich und Ried, entlang am Burstel und vorbei am Hohenegg? Bestärkt durch die teils großen Gewanne "Im Kastel" auf Rieder Seite samt dem dortigen Kastelhof? Und natürlich alles links, also  auf einer eingenordeten Karte westlich der Belchenwiese als "Grenzfluss" des Waldecker Territoriums? Warum sind aber die Gewanne "Im Kastel" auf der rechten und damit östlichen Seite der Wiese nicht aufgefallen oder stärker als Indiz für eine dortige, also rechts der Belchenwiese angelegten Burg bewertet worden? Und auch die Trennung der Siedlung Kastelhöfe keine Nachfrage in Richtung Osten zum Kastelfelsen (Burgfelsen) auslöste? Warum wurden offensichtlich auch nicht die exponierte Spornlage und der Namen des Kastelfelsen – nomen est omen – als Burgfelsen (also Standort einer Burg) erkannt und einmal auf die Möglichkeit hin untersucht? Warum wurde die bis heute noch eindrucksvolle Mauer in ihrer doch z. T. wuchtigen Ausprägung nicht wahrgenommen? Fragen, auf die wir wohl keine Antwort mehr erhalten.  
 

Warum sind Namen Kastelhöfe und Kastel als Siedlungs- und Flurnamen erhalten geblieben, der Name der Burg aber spurlos verschwunden? Auszug aus meinem Mail-Verkehr vom 05.06.2020, 8.18 Uhr, Absender Daniel Senn (Bürchau): „Das Interessante an dem Flurnamen Kastel ist ja auch, dass wir eben direkt auf der anderen Seite des Berges den selben Flurnamen in Bürchau bzw. der südlichste Teil davon haben. Ich hatte mich als Kind schon immer gefragt, woher dieser Name kommt und ob das wohl mal was mit einer Festung zu tun haben könnte.“ Als Anlage beigefügt: ein Kartenausschnitt mit dem markierten Flurnamen „Im Kastel“. Meine spontane schriftliche Reaktion (Mail vom 05.06.2020, 10.42 Uhr): „Wir laufen jetzt aber nicht Gefahr, dass wir ein weiteres (sehr großes) Fass aufmachen. Denn die Basis für die ganze "Kastel"-Geschichte hat eine sehr große Dimension, an der schon viele sich die Zähne ausgebissen haben... motiviert natürlich auch!“. Mein Hinweis auf das „weitere Fass“ bezog sich auf die Tatsache, dass wir bereits gemeinsam seit einigen Monaten sehr intensiv die historischen Bergbauspuren im gesamten Bürchauer Raum suchen und aufsuchen – was sehr viel Zeit Vorort, aber auch im Rahmen der notwendigen Recherche abfordert – zumal unsere gemeinsamen Team-Ressourcen auch begrenzt sind. Wobei das „neue Kastel-Fass“ tatsächlich nun auch noch wichtige Erkenntnisse für den Bürchauer und Neuenweger Bergbau brachte: „motiviert natürlich auch!“ – wie wahr! Daniel Senn ging von einer Beobachtung aus, die man einerseits bei Bürchau und andererseits auch im benachbarten Großen Wiesental bei Fröhnd machen kann. Auf der Bürchauer Seiten begegnen uns noch heute die Flurnamen „Im Kastel“ und „Kastelhöfe“. Bei Fröhnd ebenso ein „Kastel“ sowie ein „Burstal“ – wobei wir dann aber auch gleich noch den „Burstel“ bei Raich/Ried nahe Hohenegg erwähnen.

 
 
     
   
     
  Flurkarte vom südlichen Bürchau mit Luftbild unterlegt (Quelle: Geoportal BW).  
     
     
   
     
  Flurkarte vom südlichen Bürchau mit Flurnamen "Im Kastel". Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
     
   
 
  Quelle: Google-Earth   
 
  Der Burstel bei Raich/Ried nahe Hohenegg.   
     
     
 

"Wobei Burstal und Burstal eine wohl durch sprachliche „Verschleifung“ entstandene Namensform von Burgstall sind. „Als Burgstall (Singular der Burgstall, Plural die Burgställe, altertümlich die Burgstähl), auch Burgstelle, Altburgstelle, wird in der Burgenkunde eine Burg bezeichnet, von der noch weniger erhalten ist als eine Ruine. Die Fachliteratur kennt zudem den Begriff abgegangene Burg oder abgekommene Burg, der meist mit der Bezeichnung „Burgstall“ gleichzusetzen ist. Das Wort Burgstall – ‚die Stelle der Burg‘ – ist mittelalterlichen Ursprungs und bezeichnet ursprünglich schlicht ‚Burg, Burgberg‘, später speziell ‚kleinere Burg‘. Diese Bedeutung hielt sich bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts. Heute bezeichnet man mit Burgstall eine nicht fertiggestellte Burgbaustelle oder den Standort, an dem einst eine Burg stand, deren Mauern heute völlig oder weitgehend eingeebnet sind. Eine fachliche Definition lautet beispielsweise: Als „Burgstall“ werden abgekommene Sitze bezeichnet, deren Burgstelle dem natürlichen Gelände angepasst sind, aber durch erhaltene künstliche Bodeneingriffe (Wall, Graben, Terrassierungen) identifiziert werden können. Viele Burgen, die heute nur noch als Burgställe erhalten sind, wurden bereits im Mittelalter geschleift oder dem natürlichen Verfall preisgegeben, manche aber auch erst später, beispielsweise als Folge der Dachsteuer in Österreich. Flurnamen in Bezug auf die Befestigung haben sich seitdem meist erhalten, ebenso sind noch erkennbare ebene Gevierte oder Schutthügel zahlreich vorhanden, da sie burggemäß meist an eher unzugänglichen Plätzen liegen – wenn nicht, wurden sie verbreitet als „Steinbruch“ für nahe Bauten genutzt und sind vollständig abgegangen. Teils sind nur noch erdbauliche Reste wie Gräben oder Erdwälle oberirdisch erkennbar. Das heißt, dass Burgställe nur noch als Geländeunebenheiten oder gar nur in Luftbildaufnahmen erkennbar sind. Heute sind sie zumeist als Bodendenkmal geschützt. Eine Burgruine wird meist dann als Burgstall bezeichnet, wenn eine Rekonstruktion des Gebäudegrundrisses und der Funktionen der Gebäude nicht mehr möglich ist. Eine Ruine, bei der die spärlichen Grundmauern noch eine Rekonstruktion erlauben, wird in der Fachliteratur meist nicht als bloßer Burgstall gewertet. Als Burg ist hierbei schon ein befestigter Gebäudekomplex mit Wehrcharakter mit Mauerring und einem Wohnraum anzusehen. Als „abgegangen“ klassiert man aber auch Burgen, die gar keine Spuren hinterlassen haben, was etwa für Hang- oder Spornburgen typisch ist, die völlig von Erosion und Bergsturz abgeräumt wurden, sowie Burgen, deren historischer Ort gänzlich unbekannt ist. Ein Gutteil aller nicht mehr erhaltenen Burgen ist aber schlicht in einem jüngeren Bauwerk, etwa einer frühneuzeitlichen Festung oder einem mittelneuzeitlichen Schloss, aufgegangen, wo sie noch als Baureste in Form einzelner Trakte (oft Teile der Kernburg), Gebäude oder Befestigungselemente bestehen oder die Grundmauern von Neubauten oder gartenbaulichen Terrassen bilden." Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Burgstall

 
     
     
   
     
  Flurkarte von Fröhnd mit Gewann- und Siedlungsnamen.  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020  
     
     
 

Soweit ein Beitrag zum Grundwissen der Burgenkunde. Im landeskundlichen Informationssystem Baden-Württemberg (LeoBW) ist über das Fröhnder Kastel als Wohnplatz   zu lesen: „1260 zum Castil, durch die Kienberger, Nachfolger der Herren von Granichen, an St. Blasien verkauft. An der Engstelle des Wiesentals findet sich auf steilen Anhöhen beider Ufer der Flurname Burstal (Burgstall), der zusammen mit dem Ortsnamen auf frühere, sonst nicht bekannte Burgen weist. An der Kasteler Brücke ist das Rathaus für die gesamte Vogtei Fröhnd erbaut.“ Über den Burstel oder Burgstal bei Raich schreibt LeoBW im Historisches Ortslexikon: „Burstel – Wohnplatz. Ersterwähnung:1344, Ortslage und Siedlung (bis 1970): Haus. Historische Namensformen: am Burgstal. Geschichte: 1344 am Burgstal, gehörte zum Dorf Hohenegg. Die gänzlich verschwundene Burg wird für Altwaldeck gehalten. Im Gebiet der früheren Gemeinde Raich liegen die Dörfer Raich, Hohenegg, Oberhäuser und Ried, der Hof Scheurenhof und die Einzelhäuser und Häusergruppen Am Rain, Burstel und Lochhäuser (Im Loch). Im früheren Gemeindegebiet liegen die aufgegangene Ortschaft Kastelhöfe, die teilweise auch im Gebiet der früheren Gemeinde Bürchau liegt, und die abgegangenen Burgen Alt-Waldeck und Sitliburg.“ Ebenfalls im Historisches Ortslexikon von LeoBW erfolgt der Hinweis auf gleich drei der noch heutigen Flurnamen Im Kastel nördlich, westlich und südlich der Bürchauer Kastelhöfe: „Aufgegangener Ort. Liegt auf Gemarkung Bürchau. Im Anschluss an den Zinken Kastelhöfe, Gemarkung Raich. Der Name dürfte auf eine abgegangene Burg hinweisen, von der jedoch nichts weiter bekannt ist (siehe auch Raich)". Kastel oder Kastell – beide Begriffe bedeuten das Gleiche: „Kastell (vom lateinischen castellum‚ Burg, Festung) bezeichnet: allgemein einen befestigten Ort, eine Befestigungsanlage oder ein befestigtes Militärlager, siehe Burg“. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kastell

 
 

LeoBW fasst zu den historischen Kastelhöfen auf der Gemarkung Raich zusammen: “Kastelhöfe – Wohnplatz, Ortsteil – Historisches Ortslexikon, Wirtschaftsgebäude, Gesindewohnungen, Scheunen, Vieh- und Pferdeställe, Typ: Wohnplatz. Liegt auf Gemarkung: Raich Ersterwähnung: 1667 Ortsgeschichte, Geschichte: 1667, gehörten zur Hälfte zur Rieder Vogtei (siehe auch Bürchau)“.  Bei Bürchau selbst vermerkt das LeoBW: „Von der Gemarkungsfläche werden nur etwa 1/5 landwirtschaftlich genutzt, während ansonsten je nach Standort artenarme Tannen-Mischwälder und Tieflagen-Buchenwälder einander abwechseln. Dieses Nutzungsverhältnis bedingen das unruhige, durch den Wechsel von Graniten, Porphyren und Vulkaniten geprägte Relief und die Höhenlage zwischen ca. 600 m und 1000 m. In Weidewirtschaft befindliche Flächen liegen meist an flachen Hängen oder in Ortsnähe. Streusiedlung mit schwach ausgebildetem Ortsmittelpunkt im Tal und Einzelhöfen an beiden Talhängen in einer Weitung des Kleinen Wiesentals (sogenannte Belchenwiese). Historische Namensformen: Birchowe 1278.Geschichte: 1278 Birchowe, Ortsname von Birken. Besitz der Herren von Rotenberg kam an Kloster St. Blasien, über die Herren von Rötteln an die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg, 1503 Markgrafen von Baden. Bis 1781 gehörte Bürchau mit Kastel zur Vogtei Tegernau; seither eigener Ortsvogt. Zum Amt Müllheim 1805, Amt Schönau 1809, Вezirksamt Schopfheim 1813, Landkreis Lörrach 1936/39. Zum 1.1.2009 Zusammenschluss mit Elbenschwand, Neuenweg, Raich, Sallneck, Tegernau, Wies und Wieslet zur neuen Gemeinde Kleines Wiesental.“ 

 
 

Warum sind Namen Kastelhöfe und Kastel als Siedlungs- und Flurnamen erhalten geblieben, der Name der Burg aber nicht? So unsere Ausgangsfrage. In unserem Fall wäre es zu einfach, anzunehmen, dass man nach der  erfolgreichen Rodungsphase den unmittelbaren Schutz durch eine Burg nicht mehr brauchte und sich zwischenzeitlich aus den in den Vorburgen angesiedelten Gebäuden wie auch aus den benachbarten Wirtschaftshöfen kleine „eigenständige“ Siedlungsformen entwickelt hatten. Auch der Hinweis, dass die Burg nicht aus Stein errichtet wurde, befriedigt nicht wirklich. Möglicherweise wurde relativ schnell anstelle der Kernburg ein "steinerner" Meierhof errichtet und hat alle vorhandenen anderen Bauspuren - wie z. b. ein steinernes Fundament - unter sich begraben. War die Zeitspanne, in der die Burg als Burg auch von der Bevölkerung wahrgenommen werden konnte, einfach zu kurz, um doch noch in die oral history, also als mündliche Überlieferung mit Mythen und Legenden und Sagen einzugehen? Was wir jedoch für eine mögliche Variante ansehen: das Interesse der Territorialherren, sprich in diesem Fall der Herren von Rötteln als Nachfolger, hat sich dem "Neuen Weg", also Neuenweg zugewandt: wesentlich "lukrativer" durch sein Silberbergwerk und die neue, sehr wichtige Verkehrsverbindung in West- und Ost-Richtung (vergleiche: Schlossboden Neuenweg). Auch die kriegerische Zerstörung der Burg ist für uns keine Option. Ebenso wenig eine Zerstörung durch das Erdbeben von 1356. Dass sich mit den Kastelhöfen und ihrem dazugehörenden Wirtschafts- und Nutzungsbereich tatsächlich über Jahrhunderte hinweg der Siedlungs- und Flurname  erhalten hat, ist sicherlich vor allem dem Umstand zu verdanken, dass die dort lebenden und arbeitenden Menschen das Glück hatten, alle Krisen, Kriege und Katastrophen zu überstehen und die Gebäude und ihr Wirtschaftraum „überlebten“. Und damit auch die Tradition und die Überlieferung mit der Weitergabe der Namen und Flure weder einen Unterbruch noch einen totalen Abbruch und damit den völligen Verlust erlitt. Und als Siedlung weder „auf“- noch „abgegangen“ noch eine Wüstung würde. Ein Glücksfall für das Kleine Wiesental – den man vor allem auch kulturhistorisch nicht hoch genug einschätzen kann. Wohl auch deshalb ein Glücksfall, dass die Kastelhöfe nicht unmittelbar auf der Burg angesiedelt waren sondern ihre „eigenständigen“ Standort schon von Anfang an innehatte.

 
     
     
     
     
  Quelle: Geoportal BW & Grafik Werner Störk © 2020 (nach Dr. Albrecht Schlageter)  
     
  Die Konfrontations- und Konkurrenzsituation zwischen den Herren von Waldeck (rot), den Herren von Kaltenbach (blau) und den Herren von Wart (grün) – und den jeweikligen Krichen (Rauten) entprechend der Zeichung von Dr. Schlageter, Seite 54 in: Quelle: Albrecht Schlageter: Rund um den Belchen. Beitrag zur Siedlungsgeschichte der Täler im Umkreis des Berges (Münstertal, Großes und Kleines Wiesental), in: Das Markgräflerland, Jg. 1988, H. 1, S. 46.  
     

Doch zurück zur Burg und dem verloren gegangen Namen! Nach gründlichem Studium der "benachbarten" sowie familiären Herrschaftsverhältnisse und deren Rangfolge inklusive den weltlichen und vor allem klerikalen Verbindungen, Verflechtungen und persönlichen Beziehungen sehen wir dort die Gründe dafür, dass diese ursprüngliche Burganlage wohl schon so früh ihren Namen „verloren“ hat und damit auch nicht in das kollektive Gedächtnis der oral history, also der mündlichen Überlieferung gelangen konnte. Dass sie aber als relativ große und für die Rodungsphase im Kleinen Wiesental „systemrelevante“ Burg auch im urkundlichen Bereich nicht auftaucht, werten wir ebenfalls als ein Indiz dafür, dass es mit den Nachfolgern der ursprünglichen Besitzer Streitigkeiten um das Erbe und damit auch eine nachdrückliche Veränderung der Interessenslage an und für diese Burg gegeben hat. Wir gehen davon aus, dass diese Burganlage von den Herren von Waldeck veranlasst wurde. Rein hypothetisch könnte – wir betonen ausdrücklich – könnte es Neu-Waldeck sein. Das ist reine Spekulation, die sich aber auf viele Indizien gründet. Vor allem aber auch auf die nachgewiesenen Streitigkeiten zwischen den beteiligten klerikalen Kräften. Auf der einen Seite St. Blasien, auf der anderen Seite das mächtige und politisch selbst auf europäischer Ebene agierende Bistum Basel und im Hintergrund die Konkurrenz und den Streiitgkeiten mit dem Kloster Murbach sowie dem Bistum Straßburg. Sowiea uf der weltlichen Seite die Herren von Rotenburg und die Herren von Rötteln, deren Fehde und Erbstreitigkeiten wir schon bei Gebinbach kennenlernten. Und nicht zu vergessen: die Konkurrenzsituation bis hin zur Konfrontation auch mit den Herren von Wart und den Herren von Kaltenbach. Insbesondere die Herren von Wart hatten ein großes Interesse, ihre territoriale "Lücke" vom Süden aus kommend  mit Demberg und Sallneck nach Norden hin, speziell zu ihrem bereits dort bestehenden Teil-Besitz von Heubronn, mit einer durchgehenden Rodungstrasse zu erreichen und zu verbinden. Für die Herren von Waldeck Grund genug, ihre territorialen Ansprüche im hinteren Kleinen Wiesental mit einer machtvollen Rodungsaktion nicht nur nach Norden, sondern auch nach Osten, zu dokumentieren. Und so den Herren von Wart mit der massiven Sicherung der historischen Wegverbindungen über das Eyersbachtal und den dortigen Höhenweg mit einer echten "Berg-und Talsperre" einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen. Wobei deren Verwicklung in den Königsmord sowie dessen Folgen das Ihrige dazu beigetragen haben, dass diese Konkurrenz für die Waldecker "erträglich" blieb.

 

Wir verweisen aus grundsätzlichen Überlegungen hier auf zusätzliche Quellen, die wir als Grundlektüre zur besseren Einschätzung der familiären und herrschaftlichen Verflechtungen und den damit einhergehenden sehr unterschiedlichen politischen Lagerbildungen, Territorialansprüchen, Privilegien und Erbmassen empfehlen:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6tteln_(Adelsgeschlecht)

https://de.wikipedia.org/wiki/Burgruine_Rotenburg

https://de.wikipedia.org/wiki/Waldeck_(Adelsgeschlecht,_Schwarzwald)

https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_St._Blasien_(Schwarzwald)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_Basel

https://de.wikipedia.org/wiki/Kaltenbach_(Adelsgeschlecht)

https://www.alemannische-seiten.de/deutschland/kleines-wiesental_sallneck.php

https://de.wikipedia.org/wiki/Wiesental

https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/019795/2013-08-23/

https://de.wikipedia.org/wiki/Freiherren_von_Wart

 

Klaus Schubring: Tegernau, das Kleine Wiesental und das Obere Wiesental vor 900 Jahren. In: Das Markgräflerland, Band 2014, S. 7–22.

Klaus Schubring: Die endgültige Erschließung des Kleinen Wiesentals. In: Das Markgräflerland, Band 2015, S. 49–63.

Stephan E. Maurer: Die Herren von Waldeck. In: Das Markgräflerland, Band 2013, S. 121–138.

 
 

Was spricht für die Herren von Waldeck? Einerseits die konsequente Fortführung ihrer Süd-Nord-Rodungsrichtung über Raich und Ried nach Norden hinaus. Andererseits aber auch die Neuorientierung südlich von Bürchau (das es so noch nicht gibt) in Richtung Osten, um dort das landwirtschaftlich besser nutzbare (Getreideanbau) Gelände zu erschließen. Gleichzeitig sichern sie für sich im hinteren Teil des Kleinen Wiesentals den strategisch wichtigsten Punkt des zukünftigen Handels- und Verkehrsweges und damit ihren unmittelbaren Einfluss auf das neue Territorium. Mit dem Bau der neuen, fast schon idealtypisch angelegten großen frühmittelalterlichen Burg setzen sie ein weithin sichtbares Zeichen ihres neuen Besitzanspruches und erweitern damit ihr Herrschaftsgebiet über das ursprüngliche „Waldecker-Land“ deutlich aus. Und schaffen einen neuen "Brückenkopf" im Tal für die Passhöhen ins Großen Wiesental Richtung Schönau und Zell - und damit eine enge Ver- und Anbindung an andere Waldecker Territorien und deren Einflussnahme. Damit verbunden war auch ein Machtzuwachs, aber vor allem auch eine deutliche Vergrößerung ihres Territoriums – beides wird man in Basel mit Freude und Genugtuung mitgetragen haben. Denn am Ende schenken Trutwin und Heinrich von Waldeck 1148 die beiden Burgen Alt-und Neu-Waldeck mit all ihrem Zubehör dem Bischof von Basel. Schon 1150 stirbt das Geschlecht der Waldecker aus und die Burgen Alt- und Neu-Waldeck fallen an das Bistum Basel. Die urkundlich zeitlich-parallele Nennung kann auch so interpretiert werden, dass Neu-Waldeck möglicherweise  erst zeitlich nah an 1148 gegründet wurde (und damit die Rodungsphase eigentlich erst richtig begonnen hatte) und mit dem Beinamen "Neu" damit auch gleich das neu gewonnene Territorium beschrieben wird. Das unter den Nachfolgern weiter ausgebaut wurde. Es folgte dann ja ein schneller Wechsel der "Erben" (die Herren von Rotenberg und die von Rötteln), die aus vielerlei Gründen – allen voran sehr „familiären“ – kein Interesse daran haben konnten, die Burg und das Territorium immer noch mit dem Namen Waldeck verbunden zu sehen. Auch und vor allem nicht St. Blasien, das jetzt wieder über die Rotenberger verstärkten Einfluss gewinnt. Auch nicht die Rotenberger selbst, die jetzt ebenfalls ihre Territorium nach Norden ausdehnen und mit Elbenschwand, Gebinbach, Bürchau und Neuenweg ihre Siedlungsmarken setzen. Wir sehen in dem starken Wechsel der Besitzer und deren jeweils politischen wie klerikalen Ein- und Anbindung einen der wesentlichsten Gründe dafür, dass diese Burg in der Geschichte – zumindest mit genauem Standort – „unterging“, „ausgelöscht“ und auch urkundlich „verbannt“ wurde, da andere territoriale Interessen und Konflikte dies erforderten und förderten. Und – für die Bewohner der Vorburg und die Bediensteten der Kastelhöfe war der Burg-Name sicher nicht so wichtig – sie mussten ihren schweren Alltag mit den zwangsmäßig geforderten Abgaben und die Erfüllung ihrer harten Hand- und Fuhrfronten meistern. Gemeinsam war ihnen allen in jener Zeit aber die kaum fassbare Angst, nach dem Tode in das Fegefeuer und/oder gar in der Hölle zu landen. Einen „Glauben“, den die Geistlichkeit seelsorgerisch gezielt und nachhaltig förderte. Dafür schenkten die Adligen kurz vor ihrem Tod große Teile, nicht selten sogar auch ihren ganze Besitz – in unserem Fall – entweder dem Kloster Weitenau bzw. St. Blasien bzw. dem Bistum Basel, was zu deren wachsendem Reichtum und Einfluss auf die weltliche Macht und Politik führte. Und sie schenkten den Klöstern nicht nur ihren weltlichen Besitz – sondern auch sich selbst, in dem sie auf der letzten Strecke ihres Lebens und in der Hoffnung auf ewiges Seelenheil noch schnell in das beschenkte Kloster eintraten – sei es als Novize oder gleich als Mönchsbruder. Das Erkaufen vom Seelenheil hat also eine lange Vorgeschichte – bis Bruder Tetzel kam... und dann Bruder Martin.

 
     
     
   
     
  Quelle: https://mittelalter.fandom.com/de/wiki/Bauern?file=Agricultur_calendar_Crescenz_1306.jpg:
 
  Historische Darstellung bäuerlicher Tätigkeiten um 1300 (Mitte, links: Adliger mit Falke)  
     
  Wie lebten die Bauern im Frühmittelalter? "Die frühmittelalterliche Gesellschaft war vorwiegend agrarisch geprägt. Grundlage der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung im Westen war die Grundherrschaft, in der die meisten Menschen auf dem Land eingebunden waren (Hörigkeit). Größte Landbesitzer waren der König, der Adel und die Kirche. Typisch für das Frühmittelalter wurde die Validation, die zweigeteilte Grundherrschaft: einerseits der Fronhof des Grundherrn, andererseits die vom Grundherrn abhängigen Bauernhöfe. Dem Bauern wurde vom Grundherrn Boden zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt und er wurde unter dessen Schutz gestellt, der Bauer musste dafür unterschiedlich hohe Abgaben leisten. Es bestand folglich ein wechselseitiges Verhältnis, von dem freilich der Grundherr am meisten profitierte. Die Grundherrschaften waren aber keine geschlossenen Wirtschaftsräume, vielmehr wurde reger Handel getrieben. Die Landwirtschaft war der bedeutendste Wirtschaftszweig. In der Landwirtschaft ist zwischen Acker- und Weideland zu trennen, wobei der Ackerbau wohl dominierte. Getreide stellte die wichtigste Nahrungsgrundlage für die breite Bevölkerung dar und wurde in vielfältiger Form genutzt. Fleisch und Fisch wurden regional unterschiedlich aber ebenso als Ergänzung verzehrt. Eine Vielzahl der Alltagsprodukte wurde zu Hause hergestellt. Die Anfänge der Dreifelderwirtschaft scheinen auf das 8. Jahrhundert zurückzugehen, sie war im Frühmittelalter aber nicht flächendeckend verbreitet. Zwar begann bereits im Frühmittelalter auch ein Innovationsprozess technisch wurden aber zunächst viele antike Vorläufer übernommen, so der bereits bekannte Pflug zur Bodenbearbeitung. Als Zugtiere dienten in der Regel vor allem Ochsen, da Pferde zu kostspielig dafür waren. Das Kummet kam erst im 11./12. Jahrhundert verstärkt zum Einsatz und auch nur in Regionen mit ausreichend vorhandenen Pferden; neueren Untersuchungen zufolge waren die antiken Anspannungssysteme dem Kummet auch nicht prinzipiell unterlegen, der erst im Zusammenspiel mit anderen Neuerungen eine wirkliche Effizienzsteigerung brachte. Bei der Getreideverarbeitung spielten Mühlen eine wichtige Rolle, wobei Wassermühlen bereits in der Spätantike weit verbreitet waren." Quelle. https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChmittelalter.  
 

„Das Leben der Bauern war gekennzeichnet durch harte Arbeit und ständige Existenzangst. Die Frondienste für die Grundherren mussten unabhängig vom Erfolg der Ernte geleistet werden. So konnte eine schlechte Ernte, z.B. aufgrund eines Naturereignisses, die Einkünfte einer Bauernfamilie unter das Existenzminimum sinken lassen. Im Frühmittelalter war die Anzahl der freien Bauern noch relativ hoch. Dies änderte sich jedoch durch das politische, soziale und wirtschaftliche System des Feudalismus mit seiner Erscheinungsform der Grundherrschaft, die die Bauern unmittelbar betraf. Die ehemals freien Bauern gerieten in Abhängigkeit und waren nun entweder Hörige der Grundherren oder Leibeigene und somit unfrei. Ihre Pflichten überstiegen ihre Rechte um ein Vielfaches, was für die Grundherren in genau umgekehrter Folge galt. Die leibeigenen Bauern waren in ihrer persönlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Zu ihren Pflichten zählten Abgaben an den Gutsherren in Form eines Anteils ihrer erwirtschafteten Erträge sowie Frondienste. Auseinandersetzungen mit dem Grundherrn wurden nicht vor Gericht ausgetragen, sondern vom Grundherrn in eigener Sache entschieden, da dieser auch die Gerichtsbarkeit über seine Untertanen innehatte. Dieser Umstand lässt wenig Raum für Spekulationen bezüglich des Ausgangs solcher Verfahren. Im Gegenzug hatte der Gutsherr den Bauern Schirm und Schutz zu bieten. Es war seine Pflicht, sie vor kriegerischen Überfällen zu schützen und ihnen in unverschuldeten Notlagen wie im Krankheitsfall zu helfen.“ Quelle: https://mittelalter.fandom.com/de/wiki/Bauern

 
 

"Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion seit dem 11. Jahrhundert: Bedingungsfaktoren: Klimaveränderung: Erwärmung der Lufttemperatur, Bevölkerungswachstum, erhöhte Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Vergrößerung der Anbaufläche und Kolonisierung neuer Gebiete. Rodung von Wäldern. Einführung der Dreifelderwirtschaft: höhere Produktivität (arbeitsteilige Wirtschaft) und Bodennutzung (Steigerung um 16%), Risiko einer Hungersnot bei Ausbleiben einer von zwei Ernten pro Jahr reduziert. Soziale Folgen: Dorfgemeinschaft; enger Zusammenschluss der Bauern (Organisation notwendig; Risiko für einzelnen Bauern reduziert sich)  Verbesserung der landwirtschaftlichen Technik Räderpflug: Zeit- und Kraftersparnis; Stabilität des Pfluges; Boden wird tiefer aufgelockert, die Unkrautbildung verringert, verbesserte Humusbildung. Die Arbeit geht schneller und mit weniger Aufwand. Das Querpflügen entfällt. Nachteil: Pflugschar aus Eisen - für ärmere Bauern zu teuer. Einsatz der Egge im 11. Jh. anstelle von Rechen und Hacke. Schnellere Einebnung des unregelmäßig gelockerten Bodens. Neue Anschirrmethode: Kummet und Stirnjoch. Die stärkeren Pferde können in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Optimale Nutzung der Zugkräfte der Tiere. Steigerung der Leistung um das 4 - 5fache. Ochsen zwar langsamer, jedoch genügsamer im Futter und weniger anfällig für Krankheiten. Einsatz der Sense anstatt der Sichel. Nutzung des Strohs im Stall (Fütterung). Arbeitsersparnis; bequemeres Arbeiten. Nachteil: Ernteverluste gegenüber Sense (Körner sitzen locker in der Ähre); natürlicher Dung durch die stehen gebliebenen und schließlich untergepflügten langen Halme entfällt. Dreschflegel: Vormals: Austreten des Getreides durch das Vieh, dann von Menschen geführte Schlagwerkzeuge. Vorteil des Dreschflegels: bequemeres Arbeiten. Vermehrter Düngereinsatz (Torf, Asche, Kalk). Dünger steigert die Erträge des Bodens. Hufeisen: Einsatz der Pferde in der Landwirtschaft. Steigerung der Leistung der Pferde und Beschleunigung der Feldarbeit. Anschaffung war jedoch kostspielig; beschlagene Pferde waren zunächst selten Windmühlen: Vormals: mörserähnliche Gefäße. Verarbeitung von großen Getreidemengen unabhängig von Wasserläufen." Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChmittelalter

 
 

Quelle: https://online-lernen.levrai.de/-geschichte_-uebungen/-mittelalter/04_arbeiten_im_fruehmittelater_uebung.htm: "Arbeiten auf einem Bauernhof im Frühmittelalter: Der Arbeitstag begann bei  Sonnen-aufgang gegen 4 Uhr und endete meist erst bei Sonnenuntergang. Die zwei Haupt-mahlzeiten des Tages bestanden hauptsächlich aus Getreidebrei, aber auch Brot oder dünnen Suppen. Früchte der Jahreszeit und Wild ergänzten die Nahrung. Männer leisteten die schwere Arbeit auf den Feldern und sie versorgten das Großvieh. Die Geräte wie der Hakenpflug waren noch sehr einfach. Die Männer bauten Häuser, Scheunen und fällten Bäume für Baumaterial und Brennholz. Frauen hatten auf dem mittelalterlichen Bauernhof vielfältige Aufgaben zu erledigen. Sie bereiteten das Essen, versorgten die Kinder, wuschen die Wäsche und verarbeiteten Milch zu Käse. Auch das Spinnen und Weben sowie Gartenarbeiten gehörten zu den Aufgaben der Bauersfrau. Kinder mussten auf dem Bauernhof früh mithelfen. Viele Kinder starben schon im ersten Lebensjahr. Nur etwa jedes dritte Kind erreichte ein jugendliches Alter. Zum Spielen blieb für die Kinder eigentlich nur der Sonntag.“.

 
  Die nächste Quelle kommt aus Österreich, dürfte aber auch auf die Situation bei uns zutreffen: Die meisten Bauern lebten – mit heutigen Worten gesprochen – am Existenzminimum, die Ernährung fiel daher dementsprechend karg aus. Die Hauptnahrung war Getreidebrei. Teilweise wurde dieser dicke Brei auch getrocknet oder geröstet. Auf diese Weise erhielt man eine Art Fladenbrot, ohne dafür einen Backofen zu benötigen. War ein Backofen vorhanden, so wurden diese gemeinschaftlich genutzt. Brot – nach unserem Verständnis – mit Hefe oder Sauerteig als Treibmittel entwickelte sich allerdings erst im Laufe des Hochmittelalters. Die vermehrte Herstellung von Brot beförderte schließlich auch die Entwicklung des Mühlenwesens. Als Brotgetreide verwendete man meist Roggen oder Dinkel, weißes Brot aus Weizen war dagegen der geistlichen und adeligen Oberschicht vorbehalten. Kleine Gärten ermöglichten auch den Anbau von Hülsenfrüchten und Obst, wobei das Obst meist gedörrt und als Vorrat für den Winter gelagert wurde. Daneben wurden auch Rüben und Kohl geschätzt. Ebenso war Käse ein wichtiger Bestandteil bäuerlicher Ernährung. Schweinefleisch wurde im Mittelalter wertvoller als Rindfleisch betrachtet und war daher auch teurer. Vom Schwein wurde alles verwendet: Fleisch, Borsten und Haut, die Innereien galten besonders in der ländlich-agrarischen Bevölkerung als Delikatesse. So gab es auch die Gewerbe der Kuttler und Flecksieder. Und während das Rindsleder meist für Schuhe diente, konnte das Schweineleder vielseitiger verwendet werden. Die Därme der Tiere fanden auch als Wursthaut Verwendung. Schafe waren und sind insofern sehr dankbar in der Viehhaltung, da sie sehr genügsam und leicht zu hüten sind. Sie liefern Fleisch, Milch und Wolle. Ihre Haut ist besonders geschmeidig und wurde vor allem für den Beschreibstoff Pergament verwendet. Das Schaffett Lanolin diente zur Herstellung von Salben. Hühnerfleisch aßen die Bauern nicht. Das helle Fleisch galt als besonders fein und war dem Adel vorbehalten. Aus den Funden von Abfallgruben ist zu schließen, dass seit der Karolingerzeit viel Wild gesessen wurde, wie überhaupt der Fleischkonsum im Frühmittelalter ziemlich hoch lag, da die landwirtschaftliche Produktion noch nicht sehr fortgeschritten war und kein intensiver Ackerbau betrieben wurde. Daher war extensive Viehwirtschaft möglich. Im hohen Mittelalter ging der Genuss von Fleisch aber massiv zurück, die Bevölkerung ernährte sich beinahe vegetarisch. Der Fleischkonsum war im Grunde auf den Herbst, wenn Tiere geschlachtet wurden, sowie auf Feste beschränkt. Diese Entwicklung hat mehrere Gründe: Im Hochmittelalter wurde vermehrt Getreideanbau betrieben, da die wachsende Bevölkerung ernährt werden musste; dies hatte eine Reduktion der Viehhaltung zur Folge. Zudem wurde den Bauern das freie Jagen nicht mehr erlaubt, was den Verzehr von Wildfleisch stark reduzierte. Bei der Fischerei ist eine ähnliche Entwicklung zu konstatieren. Bauern durften in der Folge höchstens damals als minderwertig Angesehenes wie Krebse essen. Getrunken wurden vor allem Wasser, Most, Molke und Milch. Besonders beliebt bei Festen war der Met, der allerdings im Laufe der Zeit vom Bier abgelöst wurde, weil dieses billiger in seiner Herstellung und zudem länger haltbar ist. Wein wurde dagegen seltener getrunken.“ Quelle: https://www.ooegeschichte.at/-epochen/mittelalter/alltagsleben-und-festkultur/baeuerliches-leben/ernaehrung-kleidung-wohnen.html.  
     
  Einen anderen, etwas "späteren" Einblick in die hand- und Fuhrfron spiegelt dieser Textauszug: "1397 wurde urkundlich auch im Schwarzwald von anderhalb meny und zwo menina vermerkt, was deutlich macht, dass man die meny an der Anzahl der eingespannten Zugtiere bemaß.14) Wobei eine ganze Mene ein Gespann mit sechs Pferden oder Ochsen umfasste und eine halbe Mene eine Gespanneinheit von  3 – 4 Zugtieren. Gerade beim Bau eines Bauernhofes wurde die Arbeit des Holztransports wichtig: Denn dabei mussten bis 1000 Festmeter Holz bzw. bis zu 800 Stämme, bei den relativ großen Menehöfen sicherlich weit aus mehr, von den Einschlagstellen bis zur Baustelle transportiert werden.15) Bei einer Transportkapazität von durchschnittlich 5 – 6 Stämmen bedeutet dies bis zu 160 Fuhr. Mit dem Mentag umschrieb man den Frondienst mit der Mene – also dem Gespann –der einen ganzen Tag beinhaltete, wobei mit dem Menacker der Umfang eines Grundstückes gemeint war, der innerhalb eines Tages, also dem Mentag bearbeitet werden konnte. Somit wurde der Menacker auch zum Ackermaß und umfasste ca. 2,5 bis 3 Hektar (Mentaggut, Mentagland). Mit dem Menegeld und dem Menpfennig sowie dem Menehafer bzw. der Mengarbe konnte sich nur der reiche Bauer mit Geld bzw. Getreide von der Fron loskaufen und so Ersatz für den nicht geleisteten Dienst anbieten. Das Menebrot dagegen war die Brotspende des Menebauern zum Auftakt des Ackerfahrens an Bedürftige, insbesondere Kinder im Ort, die dafür Gebete zugunsten des Spenders verrichteten. Um überall problemlos menen zu können, mussten die Hage und Zäune immer eine ausreichende Lücke in der Einfriedung von Grundstücken als Durchgang für die Fuhrwerke aufweisen, das Menloch. Dies war auf Grund der rechtlichen Wegesituation im Mittelalter wie aber auch in der frühen Neuzeit dringend geboten und durch die Dorfgenossenschaften abgesichert. Denn die heute kaum vorstellbare Vielfalt der mittelalterlichen und frühen neuzeit-lichen Wegearten war im Dorfrecht fest verankert und wurde streng überwacht: Nur ihrer jeweils zugewiesenen spezifischen Eigenart entsprechend durften sie benutzt werden. Dazu zählten Heuwege, Dungwege, Brachwege, Brunnenwege, Kirchwege, Mühlewege, Gemeinwege, Allmendwege, Waldwege, Flurwege, Feldwege, Bauwege, Stiege, Steigen, Stege, Fußpfade, Rainwege, Schlittenwege, Winterwege, Sommerwege, Weidewege, Tränkwege, Triebwege, Holzwege, Schleifwege, Fahrwege, Karrenwege und „Schalmenwege“, die zur dorffernen Viehbegräbnisstätte führten. Alle diese Wege dienten nur den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Dorfes und waren Einrichtung der Dorf- und Markgenossenschaft. Während die Dorfwege nur den Dorfgenossen vorbehalten waren, standen Straßen „für jeden ehrlichen Mann offen“. Dagegen dienten die Wege nur der Feld- und Wiesen-Bebauung bzw. der Wald-nutzung und durften so nur von den Dorfgenossen genutzt werden. War ein Bauern gemenn, dann besaß er ein oder mehrere Gespanne und konnte Zugtiere führen bzw. Lasten sicher mit einem Wagen transportieren. Der Mener war der Viehtreiber, der das Zugtier zum schnelleren Gehen mit der Gerte antrieb. Meneschaffner war ein Taglöhner, der bei einem Menebauern arbeitete.Auch der Menknecht führte als Knecht beim Pflügen oder Fuhrtransport das Zugvieh je nachdem eine Ochsen-, Ross- oder Stiermene auf dem Meneweg, dem Fuhrweg, oft begleitet auch vom Menjungen oder Menbuben, der auch die Aufgabe hatte, die Zugtiere anzutreiben." Quelle: Störk, Werner (2011): “Von Rodungsfreien zu Fuhrunternehmern: Die Menebauern von Gersbach“, Geschichtsverein Markgräflerland (Bd. 1/2011, Seite 81 -104, 19 Abbildungen).  
     
     
   
     
  Quelle. Google Earth & Grafik Werner Störk © 2020,  
     
  Simulationsversuch, die erste Rodungsphase der Herren von Waldeck nachzuempfinden.  
     
     
 

„Das zweite, wesentlich häufigere Prinzip bestand darin, dass die jeweiligen Rodungsherren in größerer oder kleinerer Entfernung von ihrem ursprünglichen Familiengut Kolonisationsland erschlossen und durch die Verlegung ihres Wohnsitzes auf eine neu errichtete Burg inmitten dieser Rodungsherrschaft eine Schwerpunktverschiebung innerhalb ihrer Familiengüter bewirkten.“ Quelle: Werner Meyer: „Rodung. Burg und Herrschaft, ein burgenkundlicher Beitrag zur mittelalterlichen Siedlungsgeschichte“. In: Burgen aus Holz und Stein, Burgenkundliches Kolloquium in Basel 1977, Ölten u. Freiburg/Br. 1979. SBKAM, Bd. 5, S. 43-80. Legt man dieses Prinzip von Werner Meyer, einem der kundigsten Kenner unserer regionalen Burgen.auch an "unsere" Burg an, dann wird die Möglichkeit, dass es sich dabei  tatsächlich um Neu-Waldeck handelt, immer größer.

 
  Auch wenn Werner Meyer hier vor allem die Burgenwelt der nahen Schweiz bespricht, gelten diese Prinzipien ganz sicher auch für die Entstehung der Rodungsburgen in unserem Bereich. Deshalb hier nochmals die obige Textpassage in größerem Zusammenhang:  
 

„Wie im Verlaufe dieser Ausführungen gezeigt werden soll, verfügte der Burgherr in seinem Rodungsgebiet nicht nur über die wirtschaftliche Nutzung des Bodens, sondern er übte innerhalb des Novallandes auch herrschaftliche Rechte aus, wobei sich der Anspruch auf derartige Befugnisse offenbar aus der Kolonisationstätigkeit ableitete. Kolonisationsland bildete somit einen differenzierten Komplex aus Grund und Boden, Nutzungsrechten und obrigkeitlichen Funktionen, für den wir die Sammelbezeichnung Rodungsherrschaft vorschlagen möchten. Ebenso statthaft und sinnvoll dürfte es sein, für Burganlagen, die im Zusammenhang mit Kolonisationsarbeiten entstanden sind und sich auf Novalland (redaktionelle Anmerkung: Novalland (ein Gebiet von teils bereits neu erschlossenem und teils für die Rodung vorgesehenes Land) In diesem Zusammenhang verweist das Grimmsche Wörterbuch auch auf den Begriff der Waldmarkung bzw. Waldmark sowie Waldmarkzehnt. „Waldmarkzehnte, m.: der von solchen umgerodeten Waldungen zu entrichtende Zehnte wurde daher Waldmarkzehnte, und das Novalland selbst Markfeld genannt. (Landrecht von Erbach 373.) G. v. Maurer Fronhöfe 3, 211.und novale gleich Brachland) erheben, den Begriff Rodungsburg zu verwenden, während wir jene adlige Oberschicht unterschiedlichen Ranges, die als Trägerin der Kolonisationsbewegung auftritt und ihre Machtstellung durch die Erschließung von Neuland gewonnen hat, als Rodungsadel umschreiben wollen. Für die Herrschaftsbildung des gräflichen und edelfreien Hochadels auf Rodungsland zeichnen sich zwischen dem 10. und dem frühen 12. Jahrhundert, wenn wir die Fälle der mehr oder minder gut erfassbaren Einzelvorgänge zu überblicken versuchen, in der Hauptsache drei charakteristische Prinzipien ab. Wichtigstes Merkmal beim ersten Prinzip war, dass die Rodungsherren von einer Basis im Altsiedelland aus durch Klostergründungen und die Entsendung bäuerlicher Untertanen Waldgebiete erschlossen und ihrem Herrschaftsbereich angliederten,  selbst aber auf ihren angestammten Wohnsitzen, auf Burgen im Bereiche alter Siedlungen, auf ehemaligen Königshöfen oder auf okkupierten Fluchtburgen, verblieben... Das zweite, wesentlich häufigere Prinzip bestand darin, dass die jeweiligen Rodungsherren in grösserer oder kleinerer Entfernung von ihrem ursprünglichen Familiengut Kolonisationsland erschlossen und durch die Verlegung ihres Wohnsitzes auf eine neu errichtete Burg inmitten dieser Rodungsherrschaft eine Schwerpunktverschiebung innerhalb ihrer Familiengüter bewirkten. Vor allem kleinere und mittlere Dynasten haben nach diesem Schema gehandelt... Als dritte prinzipielle Möglichkeit ist die lokale oder regionale Kolonisation zu nennen, bei der ein einheimisches Geschlecht durch Rodung innerhalb der näheren Umgebung eine Herrschaft aufrichtete... Mischformen zwischen den drei Prinzipien waren nicht selten... Auch die Herrschaftsbildung der Habsburger im Aargau vollzog sich nach allen drei Grundprinzipien.“ Quelle: Meyer Werner: Rodung, Burg und Herrschaft, in: Burgen aus Holz und Stein. Burgenkundliches Kolloquium Basel 1977, Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 5 , 1979, 43-80.„Daneben liegen offenbar auch Verbindungen zu den Habsburgern vor: Wie auch Walcho von Waldeck hatte ein Rudolf von Habsburg im 11. Jahrhundert Besitz sowohl bei Ebingen und Tailfingen als auch im südlichen Breisgau. Der Name Wernher findet sich außerdem zum gleichen Zeitpunkt im Namensgut beider Familien.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Waldeck_(Adelsgeschlecht,_Schwarzwald)

 
 

Wenn wir alle uns erreichbaren Unterlagen über die anderen bekannten Burgen im Kleinen Wiesental auswerten – von denen einige nur „annahmeweise“ Namen und historisch spekulative Standortzuweisungen erhalten haben – und wenn wir auch die Größen und Strukturen der unterschiedlichen Burgen betrachten, dann würde unsere Wahl eindeutig auf Neu-Waldeck fallen. Wie schon gesagt: „würde“ – Möglichkeitsform und keine Tatsachenbehauptung. Allerdings mit einigen gewichtigen Indizien „auf der Rückhand". Wobei wir uns eigentlich garnicht in den in Fachkreisen der Burgenforschung immer noch offenen Diskurs einmischen wollen, wo Neu-Waldeck eigentlich und tatsächlich lag. Die intensive Beschäftigung mit „unserer“ Burganlage machte es natürlich aber auch zwingend notwendig, zu prüfen, inwiefern es sich hier um den Standort von Neu-Waldeck handeln könnte. Man weiß aus Urkunden, dass Alt-Waldeck und Neu-Waldeck zeitlich parallel bestanden und man Alt-Waldeck relativ sicher räumlich zuweisen konnte. Nicht jedoch Neu-Waldeck – das nach Einschätzung der Burgenexperten in Luftlinie keine 800 Meter weiter nördlich von der alten Waldecker Burg – auch in Spornlage – südlich von Tegernau errichtet worden sein soll. Wir wundern uns nur darüber, dass die dort angenommene Neuanlage einer Burg – deren Bau ja in mehrfacher Weise längerfristig Ressourcen bindet – für die Herren von Waldeck keinen wirklichen Nutzen gebracht hätte. Zwar läge – und das wäre das gewichtigste Argument – die neue Burg im Gegensatz zu Alt-Waldeck – strategisch wesentlich günstiger – in Spornlage direkt über den Tal, nahe dem Fluss und dem Verkehrs- und Handelsweg . Nur – dieses Argument steht auf tönernen Füssen. Denn die Burg läge südlich von Tegernau und könnte nur den südlichen Zugang kontrollieren.

 
     
     
   
   
  Standort der Neu-Waldeck südlich von Tegernau (Quelle: https://opentopomap.org/#map=14/47.73629/7.81677).  
     
     
     
     
  Standort der Neu-Waldeck südlich von Tegernau (Quelle: Google Earth)  
     
     
   
   
  Dreh- und Angelpunkt für Handel, Kreuzungspunkt der wichtigsten Verkehrswege, Ausgangspunkt für Rodungsprojekte und zentraler Punkt der Infrastruktur: Tegernau (Quelle: Google)  
     
 

Ein Burgherr, der aber nur eine von vier möglichen Kontrollchancen wahrnimmt, würde seine eigene Machtposition sehr nachhaltig schwächen. Vor allem dadurch, dass er die Kontrolle über das wichtigste „Drehkreuz“ von Verkehr und Handel, nämlich den Verkehrsknoten- und Kreuzungspunkt Tegernau – mit West-Ost und Süd-Nord Zuwegungen und Abzweigungen der Handelswege – also d e m Dreh- und Angelpunkt für den Handel - mit dieser Standortwahl aufgibt. Bewertet man die Aktivitäten der Herren von Waldeck, ihre ausgeprägte territoriale Präsenz, ihre großflächigen Rodungsprojekte sowie ihre politisch-klerikalen Verbindungen ist eine solche Standortwahl südlich von Tegernau nicht vorstellbar. Viel besser würde Neu-Waldeck auf unsere Burg zutreffen – um die herrschaftliche Präsenz und die territoriale Macht der Herren von Waldeck auf ihrem neuen Rodungsprojekt im hinteren Kleinen Wiesental zu demonstrieren. Sozusagen im Süden und im Norden mit jeweils einer Burg klar abgegrenzt und territorial klar markiert. Wie schon betont: „würde“ – Möglichkeitsform, also keine Sachbehauptung, sondern eine Annahme – rein spekulativ natürlich.

 
     
   
     
  Die topographische Karte zeigt die Rodungsinseln im Kleinen und Großen Wiesental (Quelle: https://opentopomap.org/#map=14/47.73629/7.81677).  
     
     
   
     
  Die Rodungsinsel Bürchau (Quelle Google Earth mit Daten)  
     
     
   
   
  Die Rodungsinsel Bürchau (Quelle: https://opentopomap.org/#map=14/47.73629/7.81677) mit dem Ortsteil Rütte (Kreis)  
     
     
   
   
  Die Rodungsinsel Bürchau  mit dem Ortsteil Rütte (roter Kreis) und Sonnhalde (schwarzer Kreis).(Quelle: Geoportal BW) sowie Kastelhöfe (Pfeil).  
     
     
   
     
  Die Rodungsinsel Bürchau  mit dem Ortsteil Rütte (rot) und Sonnhalde (gelb.(Quelle: Geoportal BW) sowie Kastelhöfe (Pfeil).  
     
     
 

Wie muss man sich die damalige Rodung rund um Bürchau vorstellen? Ein ersten Hinweis finden wir in Bürchau selbst – den Ortsteil „Rütte“: „Hinweis darauf geben die ganzen Rode- und Brand-Suffixe in Orts- und Flurnamen wie beispielsweise -schwand, -schwanden, -schwend, -brand, -reuten, -rütte (Metzenschwand, Ottoschwanden, Geschwend, Brandeck, Brandenberg, Rütte, Rüttenberg). Diese Namen zeugen heute noch von der Nutzung des Feuers im Rahmen der Rodung und Urbarmachung des Schwarzwaldes.“ Quelle: Hans D. Page (2002):  „Feuer in der Landschafts- und Landnutzungsgeschichte des Schwarzwaldes“, in: Ber. Naturf. Ges. Freiburg i. Br., 92, Heft 2, S. 53-89.

 
 

„Der erste Schritt zur Urbarmachung von Land bestand deshalb seit der Landnahmezeit in Mitteleuropa in der Rodung eines Waldgebietes und der Anlage einer Siedlung, in deren Peripherie sich Agrarflächen befanden. Zum Weiden wurden Tiere in den Wald getrieben. Bei einer manuellen Rodung werden die Bäume mit Äxten oder Sägen gefällt und die Stümpfe zum Beispiel mit einer Hacke („Reuthaue“) abgetragen, manchmal auch mit Hilfe von Tieren (z. B. Ochsen) ausgerissen. Bei der Brandrodung wird zumeist das Abschneiden und Abbrennen der Vegetation kombiniert. Zur Benennung merkt ein Biologie-Lexikon an, der Wortbestandteil Rodung sei irreführend, da die Wurzelstöcke im Boden belassen werden. Der Ausdruck Schwenden bezeichnet zumeist eine historische Methode der Landgewinnung. Beim Schwenden wurde der Baumbestand oft zunächst durch Ringelung ausgetrocknet. Unterholz und Gestrüpp wurden entfernt, ebenso Äste und immer wieder die neu entstehenden Triebe (Schneitelung). Nach dem Verdorren des Baums gab es folgende Möglichkeiten: Abbrennen: Die ausgetrockneten Bäume werden gezielt verbrannt, um landwirtschaftliches Nutzland zu gewinnen. Die Brandreste sorgen für hochwertigen, gedüngten Boden. Laut dem Großen Konversations-Lexikon von Meyers (1905–1909) fielen die geschädigten Bäume ohne weiteres Zutun irgendwann um. Mechanisches Fällen der Bäume, um anschließend auf der Fläche – um die Stubben*) herum – Feldbau zu betreiben. Beim Schwenden entfiel die aufwendige Entfernung des Wurzelwerks. Ein weiterer Vorteil war die geringere Erosionsgefahr der so gerodeten Flächen, besonders in abschüssigen Lagen, da die Wurzeln das Erdreich festhielten. Ein Hackbau war zwischen den Baumstumpf möglich. Für den Pflugfeldbau war die Methode aber ungeeignet, besonders wegen des hohen Gewichtes der nicht leicht umzusetzenden Pflüge.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rodung.

 
 

*) Stubben: „Ein Baumstumpf (auch Strunk, Stubben, Stumpen, Stuken, Stucken, Wurzelstock, süddeutsch Knorz), forstlich Stockholz oder Erdstammblock, ist das Überbleibsel eines Baumes, das nach der Baumfällung vorläufig am Hiebort verbleibt und aus dem Erdreich ragt. Ein Baumstumpf verbleibt ebenso nach dem Bruch eines abgestorbenen Baumes (Baumleiche) oder bei Windbruch. Ein Wurzelstock besteht aus: Wurzelholz: der gesamte unterirdische Teil des Baumes. Stubbenholz, Strunkholz im eigentlichen Sinne: das verbliebene oberirdische Stammstück“. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Baumstumpf

 
 

„Im frühen Mittelalter begann die dauerhafte Kolonisation und Besiedlung des Schwarzwaldes in historischer Zeit von seinen Rändern her. Dabei spielte die Brand-rodung eine bedeutende Rolle. Im Laufe der Zeit etablierten sich unterschiedliche Landbaumethoden, bei denen der regelmäßige flächige Feuereinsatz in der Landschaft ein fester Bestandteil der jeweiligen Wirtschaftsweise darstellte. Diese werden alle unter dem Begriff der Reutbergwirtschaft zusammengefasst. Beim Weidbrennen und bei der Reutweidewirtschaft steht die Viehhaltung und Beweidung im Vordergrund, während bei der Reutwaldwirtschaft die Schwerpunkte eher auf dem Ackerbau und der Niederwaldbewirtschaftung liegen. Dabei spielte sicherlich neben Axt und Viehmaul*) das Feuer zur Rodung und Urbarmachung eine bedeutende Rolle. Hinweis darauf geben die ganzen Rode- und Brand-Suffixe in Orts- und Flurnamen wie beispielsweise -schwand, -schwanden, -schwend, -brand, -reuten, -rütte (Menzenschwand, Ottoschwanden, Geschwend, Brandeck, Brandenberg, Rütte, Rüttenberg). Diese Namen zeugen heute noch von der Nutzung des Feuers im Rahmen der Rodung und Urbarmachung des Schwarzwaldes. Über den tatsächlichen Umfang der mittelalterlichen Brandrodung lassen sich nur Vermutungen anstellen, da keine gesicherten Quellen darüber existieren. Doch es kann davon ausgegangen werden, dass diese Art der Kulturlandgewinnung sehr bedeutsam, wenn nicht die bedeutendste Rodungsart war.“ Quelle: Hans D. Page (2002):  „Feuer in der Landschafts- und Landnutzungsgeschichte des Schwarzwaldes“, in: Ber. Naturf. Ges. Freiburg i. Br., 92, Heft 2, S. 53- 89.

 
  *) Ein Schäkel (Malotte, umgangssprachlich auch Kuhmaul/Viehmaul oder Schäkel-haken) ist ein U-förmiger, mit einem Schraub- oder Steckbolzen verschließbarer Bügel zum Verbinden zweier Teile. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%A4kel  
 

Kastelhöfe – ein einzigartiger Siedlungsname in ganz Baden-Württemberg! Wobei wir natürlich auch wieder bei den seltenen Flur- und Siedlungsnamen sind, mit den uns das Kleine Wiesental immer wieder überrascht. Vor allem Flurnamen sind ein seit Jahrhunderten gewachsenes Namensgut. Zum Beispiel der Schlossboden, von dem es im gesamten deutschen Sprachraum nur fünf gleichnamige Gewannamen gibt – überwiegend sog. Burgställe oder Burgstellen  (abgegangene Burgen) aus dem 12. bis 14. Jahrhundert. Oder auch den Erbeerboden auf dem Tannenkopf an der Gemarkungsgrenze von Elbenschwand und Bürchau. Ihn gibt es in ganz Baden-Württemberg – folgt man dem Geoportal BW – ein einziges Mal! Eine absolute Ausnahme – denkste! Mit den Kastelhöfen haben wir bereits den zweiten ultimativen Solitär im Kleinen Wiesental. Auch diesen Namen listet das Geoportal nur ein einziges Mal auf! Diesmal nicht als Flur- sondern als einmaligen Siedlungsnamen.

 
 

Abschließend tauchen wir wieder in jene Montangeschichte des Kleinen Wiesentals ein, dem wir uns bereits schon seit mehreren Monaten intensiv widmen. Da nun das neue „Burgen-Fass“ andere Prioritäten abforderte, war es umso spannender, auch bei der Erforschung der frühmittelalterlichen Burganlage plötzlich auf Silber zu stoßen. Jenes Edelerz, das uns schon länger beschäftigt – sei es im Zusammenhang mit dem Schlossboden in Neuenweg, der Wüstung Steinihöff und vor allem mit der Blei-Silber-Erzgrube am Spitzkopf – alle drei Themen wurden von uns ausführlich im Netz dar-gestellt und dokumentiert:

 
 

http://www.minifossi.pcom.de/Schlossboden-Neuenweg-Schanzen-Burgen-0.html

http://www.minifossi.pcom.de/Wuestung-wuestgefallene-Siedlung-Hof-Steinehof-Steinihoff-Neuenweg-Bergbau-Spitzkopf-Kleines-Wiesental-Suedschwarzwald.html

http://www.minifossi.pcom.de/Bleierz-Silber-Grube-Bergwerk-Spitzkopf-Spitzberg-Neuenweg-Suedschwarzwald-Schwarzwald.html

 
 

Haben die Bürchauer "Silberecken" etwas mit der Burg zu tun? 1773 vermerkt Geometer Erhardt in seinen Aufzeichnungen von  „beschehener sonderbahren begebenheiten, welche einige noch lebende hiesige Bürger selbsten wollen gesehen respective und gehört haben“ und berichtet davon, dass   „nach Aussage 80-jähriger Männer von Neüweg und Birchau sollen hieselbsten sehr reiche Silber Wercke gewesen seyn, so aber schon in dem 30jährigen Krieg verlassen worden. Man findet auch hieselbsten hie und da Ansätzte von Stollengebäuden in taubem Gestein.“ Dies veranlasste manchen Montanhistoriker zu der Vermutung, dass sich deren Aussage  “als Erinnerungsrest mehr auf die St. Trudpertsche Belchen-Nordseite bezogen haben dürfte, im Gefolge des verdämmernden Wissens aber auf das Kleine Wiesental übertragen wurde.“ Schon länger mutmaßen Geologen und Bergbauexperten, dass eine Fortsetzung des Bleierz-Ganges der „Spitzkopf“-Grube über das Kleine Wiesental hinweg nach Süden möglich erscheint, aber bislang nicht gesichert ist. Dennoch läuft die Gangrichtung relativ exakt auf den Bürchauer „Silberberg“ zu. Und es ist nicht nur der „Silberberg“, sondern auch das „Silbereck“ – gleich zweifach – die als Flurnamen in Bürchau existieren. Grund genug, auch im Bereich von Bürchau nach archäologischen Spuren des früheren Bergbaus zu suchen. Mit freundlicher Unterstützung von dem damaligen Ortsvorsteher Friedrich Meier wurden ältere Bürger befragt – leider ohne verwertbare Hinweise.

 
     
     
   
     
  Quelle: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/bild_zoom/zoom.php?bestand=14213&id=3462009&screenbreite=1680&screenhoehe=1010  
  "Topographischer Plan von dem Elbenschwand und Bürchauer Bann", [Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe] Grafik Werner Störk Copyright 2020  
     
  Auf der nicht eingenordeten Karte die beiden Flurnamen Silbereck - jeweils im freien - gerodeten- und bewirtschafteten Gelände  
     
 

Die Indizien, die wir jetzt im Rahmen unserer Burgenforschung gesammelt haben, weisen auf einen wesentlich früheren Bergbau, zumindest auf eine schon sehr frühe Suche nach Silber hin. So wurden bereits – ausgelöst durch das von König Konrad II. (990 - 1039) wie später auch durch Konrad III. (1093–1174) an das (Fürst-)Bistum Basel vergebene Privileg, eigene Münzen zu prägen und selbst nach Erzen zu suchen, auch im südlichen Schwarzwald mögliche Lagerstätten erkundet. Durch die intensiven Verbindungen zwischen den Herren von Waldeck und dem (Fürst-)Bistum Basel – insbesondere mit Oertlieb von Frohburg, (Fürst-)Bischof von Basel*) (1137–1164), der auch persönlicher und langjähriger Berater und Kreuzzug-Begleiter der staufischen Herren Konrad und Friedrich Barbarossa war – schließen wir nicht aus, dass auf diesem Wege der nachhaltige Impuls kam, die Rodungsarbeiten zu nutzen, um parallel dazu auch nach Silber zu suchen. Die Erschließung großer, bislang nicht erkundeter Waldflächen war ideal für die ausgeschickten Prospektoren. Der Südschwarzwald mit seinen Ressourcen wurde so Gegenstand geplanter Bewirtschaftung, Erkundung, Besiedlung und Ausbeutung.

 
 

*) Wobei wir uns noch einen kleinen Einschub im Zusammenhang mit dem Bistum Basel erlauben, um dessen tatsächliche klerikale, aber vor allem auch auf die für damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse global-politische Bedeutung hinzuweisen. https://de.wikipedia.org/wiki/Ortlieb_von_Frohburg, https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=olt-001:1992:50#17: Kurt Haber: „Oertlieb von Frohburg, Bischof von Basel (1137 – 1164). Berater und Begleiter der staufischen Herren Konrad und Friedrich Barbarossa.“ Oltner Neujahrsblätter. Nachfolgend Kurzfassungen.

 
 

 

 
   
     
 

Bischof Adalbero II. († 12. Mai 1025 in Basel) war zu Beginn des 11. Jahrhunderts Bischof in Basel. Adalbero war der erste Bischof in Basel, der – während seiner gesamten Amtszeit (999–1025) – Münzen prägte und damit über ein wichtiges herrscherisches Privileg verfügte. Die Vergabe der Abtei Moutier-Grandval im Jahre 999 durch König Rudolf III. von Burgund an Adalbero II. bezeichnet auch die Geburtsstunde des späteren Fürstbistums Basel mit seinen umfangreichen Ländereien. Die Geschichtsbücher erwähnen Adalbero II. erstmals im Jahr 999 als unter ihm die königlichen Münzrechte an den Bischofsstuhl überging. Seine Lebensdaten sind nicht näher bekannt. Zahlreiche Prägungen aus dieser Zeit tragen jedoch seinen Namen. Unter Adalbero II. entstand auch der Bau der dreischiffigen Kathedrale des heutigen Basler Münsters, seit dem 20. Jahrhundert meist „Heinrichsmünster“, seltener „Adalbero-Dom“ genannt. Adalbero II. war Stadtherr in Basel und Vertreter des Kaisers. Am 11. Oktober 1019 weihte er in Gegenwart von Kaiser Heinrich II. das während seiner Amtszeit neu erbaute Basler Münster ein. Adalbero II. verstarb 1025 knapp ein Jahr nach seinem Freund und Gönner Kaiser Heinrich II. Nach seinem Tod setzte König Konrad II. den Bischof Ulrich II. als einen Mann seiner Gunst als Bischof von Basel ein. Adalbero II. wurde in der hinteren Krypta des Basler Münsters beigesetzt.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Adalbero_II._(Basel) „Ortlieb von Frohburg (* vor 1136; † 18. August 1164) war von 1137 bis zu seiner Resignation wahrscheinlich nach dem 15. März 1164 Bischof von Basel. Ortlieb von Frohburg war vermutlich ein Sohn des Grafen Ludwig I. von Frohburg (erwähnt von 1098 bis 1114). Er selbst ist für 1136 erstmals als Domherr von Basel bezeugt. Im Jahr darauf wurde er zum Bischof von Basel gewählt und am 18. März 1139 als solcher bezeugt. 1139 nahm er am Zweiten Laterankonzil und am Reichstag in Strassburg teil. Bischof Ortlieb beteiligte sich stark an der Reichspolitik und hielt sich oft am Hofe von König Konrad III. auf, den er von 1147 bis 1149 auf den Zweiten Kreuzzug begleitete. Nach der Rückkehr aus dem Heiligen Land setzte ihn der König 1150/1151 als seinen Legaten (Statthalter) in Italien ein. Dorthin begleitet er 1154/1155 auch dessen Nachfolger Friedrich I. Barbarossa zur Kaiserkrönung. Ein drittes Mal, von 1160 bis 1162, befand er sich wiederum während eines Italienzuges im kaiserlichen Gefolge. Als Basler Bischof förderte er die Klostergründungen von Lützel, Bellelay, Schönthal (von Verwandten aus seiner Familie vor 1146 gegründet) und Feldbach. Wahrscheinlich nach dem 15. März 1164 legte er sein Amt nieder. Zum Nachfolger wurde sein Verwandter Ludwig II. von Frohburg gewählt. Ortlieb starb am 18. August 1164 in Italien und wurde im Münster von Basel bestattet. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ortlieb_von_Frohburg

 
 

Frühe Verbindungen zwischen den (Fürst-) Bischöfen von Basel und dem Kloster St. Blasien: Rudolf von Homburg (erstmals erwähnt 1097; † 9./10. November 1122) war Bischof in Basel. Rudolf stammte aus der Familie der Grafen von Thierstein. Ab 1097 wirkte er als Dompropst des Basler Domkapitels. 1107 wurde er Bischof von Basel. Ab 1114 war er zudem Propst am Zürcher Grossmünster. Er bemühte sich erfolgreich um die Stärkung der Rechte der Bischöfe über das Kloster St. Blasien im Schwarzwald und beteiligte sich aktiv am Bau der Kirche St. Leonhard in Basel, deren Weihe er 1118 vornahm. Adalbero III. († 16. Oktober 1137 in Arezzo, Italien, bestattet im Basler Münster) war 1134 bis 1137 Bischof in Basel. Die Geschichtsbücher erwähnen Adalbero III. erstmals im Jahr 1130 als er noch Benediktinermönch und Prior im heutigen Kloster St. Blasien im Schwarzwald war. 1131 wurde er Abt von Prüm. Ende 1133 wurde er zusätzlich zum Bischof von Basel gewählt und 1134 geweiht. 1135 erhob er die Pfarrkirche St. Leonhard in Basel zum regulierten Chorherrenstift. Das Basler Erdbeben von 1356 zerstörte einen Grossteil der Leonhardkirche und die Klostergebäude, zahlreiche Dokumente gingen verloren.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Adalbero_III._von_Basel

 
     
     
     
     
  Quelle: Geologische Karte Baden-Württemberg 1:25.000, Blatt 8212, Malsburg-Marzell, Copyright Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) im Regierungspräsidium Freiburg - Abt. 9  
     
  Ausschnitt aus der geologischen Karte Baden-Württemberg 1:25.000, Blatt 8212, Malsburg-Marzell mit dem Erzgang vom Spitzkopf (gelber Kreis) - die geologisch-mineralogische Zusammensetzung der Ostseite von Bürchau weist auf die Parallelen des geologisch-mineralogischen Situation am Spitzkopf hin und damit auch auf die Möglichkeit, dass es dort ebenfalls Silbervorkommen geben könnte. Wir untersuchen derzeit das gesamte Gelände von Bürchau..Wir sehen in der Häufung vom „Silber“-Flurnamen – ausschließlich auf der östlichen Seite von Bürchau, also dem damaligen Rodungsgebiet – einen wichtigen Hinweis darauf, dass es sich dabei um die aus der mündlichen Überlieferung tradierte Erinnerung an jene ersten Schürfversuche auf das Edelmetall handeln könnte. Auch mit Blick auf die Silbergrube am Spitzkopf südlich von Neuenweg gehen wir zwischenzeitlich von einer deutlich früheren Bergbau aus, als bislang in der Fachwelt angenommen.  
     
     
     
     
  Quelle: Kombination Sat + LiDAR Geoportal BW © 2020 & Werner Störk Grafik © 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Legende: Die Grafik zeigt zwei denkbare Szenarien. Einmal eine kleinere Burganlage (schwarz) mit den verschiedenen Zugängen und anthropogenen wie auch natürlichen Fortifikationselementen sowie eine größere Burganlage (gelb), der wir den Vorzug geben, da alle Befunde (Kernburg weiß) auf einen solchen Ausbau hinweisen. Mit orange markiert die Zuwegungen und Verbindungen der von uns so bezeichneten Burgwarte. Beide zusammen - Burg und Burgwarte - erfüllten alle Funktionen, die an eine solche Anlage gestellt wurden und dem optimalem Schutz und der Sicherheit dienten. Gleichzeitig bilden beide Objekte - Burg und Burgwarte - mit den jeweiligen links- und rechtsseitig der Belchenwiese errichteten Zentren die Basis für die Rodungsaktivitäten in Richtung Osten und Norden. Aber auch die Möglichkeit einer Talsperre. Wohl erst mit den Herren von Rotenberg erfolgt dann auch die Gründung von Bürchau als Siedlung in der Birkenaue. Beide Areale decken sich flächenmäßig nach Norden und Süden (weißes Rechteck) und gewährleisten so die Kontrolle des gesamten Talbodens und aller - vor allem der westlichen und südlichen - Zugangswege. Blau markiert: großer westlicher Abschnittsgraben und östlicher Halsgraben sowie große West- und Nordsicherung außen. Kontroll- und Durchlasspunkte (Rauten).  
     
     
   
     
  Direktlink zum Photoarchiv
 Halsgraben und Abschnittsgraben
 
     
     
   
     
  Quelle: Kombination Sat + LiDAR Geoportal BW © 2020 & Werner Störk Grafik © 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Die landwirtschaftlichen Nutzzonen der Burg im Zusammenspiel mit den Fortifikationselementen: Die für die große Nutztierhaltung (Ochsen, Maultiere/Esel; Pferde, Kühe, Kälber) standen geschützte und mit Zäumen parzellierte Flächen im nördlichen und südlichen Außenbereich zur Verfügung. Wobei die Anzahl der Ochsen die der der Pferde um den Faktor 10 übertraf. Insbesondere als Helfer bei den schweren Rodungsarbeiten. Pferde hielt man überwiegend nur für die Herrschaft zum Reiten bzw. für Turniere und im Kriegsfall. Maultiere/Esel waren unersetzliche Helfer als Tragtiere für Werkzeuge, Wasserfässer oder Nahrungsmittel. Die Kleintierhaltung fand in unmittelbarer Nachbarschaft bzw. auf dem Areal der Vorburg ihren Platz, für Gänse und Enten waren die Kastelhöfe der ideale Ort in der Nähe der Belchenwiese. Für die Nutzung als Gartenareal wurden kleine Parzellen ebenfalls im Bereich der Vorburg angelegt. Alle Zuwegungen waren gleichzeitig fortifiziert, um im Bedrohungs- oder Belagerungsfall einerseits die Versorgung der Tiere zu gewährleisten, andererseits waren die mit Zäunen angrenzenden Weideflächen auch Annäherungshindernisse, die bewusst in die Abschnittsverteidigung eingeplant waren. Zusammen mit den Kastelhöfen, aber auch ohne sie, war die Burg zumindest zeitweise dann relativ autark.  
     
     
   
     
  Quelle: Kombination Sat + LiDAR Geoportal BW © 2020 & Werner Störk Grafik © 2020  
     
     
  Rekonstruktionsversuch: Das Zusammenspiel der drei tragenden Strukturelemente: die Burg, die Burgwarte und die Kastelhöfe mit Mühle und  mit ihren jeweils
nahen Bewirtschaftungs- und Rodungsräumen inkl. Zuwegungen.
 
     
     
   
     
  Quelle: Kombination Sat + LiDAR Geoportal BW © 2020 & Werner Störk Grafik © 2020  
     
  Rekonstruktionsversuch: Gesamtübersicht: Die Zugangsebenen zur Burganlage laufen über die Brückenverbindung über das Hollbachtal sowie über die vom Norden herführenden Wegstrecke für Gespanne, die vor Betreten bzw. Befahren des inneren Bereiches einen Kontrollpunkt passieren (rote Raute). Nur auf diesem Wege kann man die Vorburg unmittelbar erreichen. Der direkte Zugang zur Kernburg ist nur über einen schmalen Pfad und eine Brücke möglich, die wiederum eingebunden ist in mehrere Fortifikationslinien (rot), welche in den jeweiligen Bereichen die Abschnittsverteidigung von außen nach innen gewährleisten - mit der Kernburg als letztes Verteidigungselement. Die Kastelhöfe (grün) mit Mühle und die Burgwarte mit ihrem Ringwall. Im Süden führt der Zugang zur Burg über eine Brücke bzw. durch ein Furt. Die geschützten Innenflächen für die Bewirtschaftung sind hellgrün markiert, die Vorburg ist weiß gekennzeichnet. Die Kernburg, getrennt durch einen massiven Abschnittsgraben (hellblau), ist schwarz gerahmt mit Zugang von der Ostseite mit Halsgraben (hellblau) über eine Brücke.  
     
 

Copyright Werner Störk © Eigene Texte, Grafiken & Fotos 2020

 
     
  Weitere Bilder und Informationen erhalten Sie auf den fünf Webseiten unseres Photo-Archivs:  
     
Im Kastl & Kastelhöfe Kastelfelsen & Mauer Südsicherung Westsicherung Nordsicherung Schorrbühl & Sonnhalde
 
Sonderseite
Zehntscheuer & Vogtei
 
 
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