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Sonderseiten im Rahmen der WEA-Windpark-Diskussion Zeller Blauen - Neuenweg  
 
 
 Aufgaben und Wirkung von Defensivsystemen - am Beispiel einer Pass- & Grenz-Sicherung
 
 Letzbrunnen am Dachsgraben & Hörnle-Redan
 
Fröhnd, Wiesental, Südschwarzwald, Landkreis Lörrach, Baden-Württemberg
 
Ich verweise im Vorfeld meiner Überlegungen auf die nachfolgenden bereits im Netz stehenden Webseiten:
 

Signal-- & Alarmfeuer
Historische Quellen
Strategisch-
topografische Lage
Historische 
Kartenwerke
Wolfsacker-
Schanze
Nördlicher
Sperrgraben
Ausspringender
Winkel (Redan)
Südlicher
Sperrgraben
Kommunikation
Laufgraben
Alarm- und
Signalfeuer
Tannenkopf mit Hangterrassen
 

Mit dem Wiederauffinden des nördlichen Redan am Hörnle und auf Grund des intensiven Gedankenaustausches mit dem fachkundigen und geländeerfahrenen Erkundungsteam Vorort - Daniel und Harald Senn (Bürchau) - ergaben sich immer wieder Fragen nach den Aufgaben und der Wirkungsweise von Defensivsystemen wie den der sog. "Linien". Dabei waren natürlich Taktik, Operation und Strategie wichtige Eckpunkte unserer Diskussionen - alle mit dem Ziel, die tatsächliche Bedeutung dieser Anlagen besser zu begreifen und damit historisch wie auch archäologisch sachorientiert einordnen zu können.. Besonders geeignet war der bereits nur noch teilweise existierender Hörnle-Redan - dessen südlicher Schenkel dem Bau der Forststraße zum Opfer fiel. Gleichzeitig gibt es aber - was in unserem Raum selten ist - einen konkreten Beweis für dessen Existenz: den Gemarkungsplan von Fröhnd aus dem Jahr 1785. Die nachfolgenden Überlegungen sollen die Grundlage dafür bilden, in den beiden Redans am Hörnle wie dem am Wolfsacker ein in dieser Form besonders seltenes Ensemble zu erkennen, eine archäologische Gesamtheit - zu der natürlich die Signalstation auf dem Tannenkopf gehört wie auch der Letzbrunnen und die Bürchauer Schanze. Das funktionale Zusammenspiel dieser archäologischen Gesamtheit soll hier kurz beleuchtet werden. Wobei der Hinweis auf die historischen (hochmittelalterlichen) Walderdbeer-Hangterrassen nicht fehlen darf, die bei der Umsetzung der WEA 7 genauso betroffen sind wie die Signalstation sowie Teile des Wolfsacker-Redans. Zum Schluss möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass unsere montanhistorische Spurensuche des alten Bergbaus  in unserem Forschungsgebiet sehr intensiv und entsprechend erfolgreich verläuft. Wir werden die Ergebnisse nach Offenlegen der EWS-Standortpläne entsprechend veröffentlichen.

 
 
Quelle GEOPORTAL-BW-LiDAR
 
LiDAR-Bild unseres Zielgebietes.
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW-LiDAR
 
Legende: Alarm- und Signalfeuer-Station (gelb), spätmittelalterliche Walderdbeer-Hangterrasssen (grün), Letzbrunnen (blau), Redan Wolfsacker (schwarz) Redan Hörnle (rot).
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW-LiDAR
Im LiDAR zeichnet sich die exponierte topographische Lage der beiden Redan-Anlagen ab - optimal ausgewählt. Wobei man davon ausgehen kann, dass beide Anlagen verbunden waren.
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW LiDAR
 
Die LiDAR-Darstellung zeigt die topografisch möglichen (idealen) Auf- und Abstiegsrouten (gelb) mit den bekannten Hauptwegen (blau), dem Redan am Wolfsacker (schwarzer Kreis), dem Redan am Hörnle (blauer Kreis), der Signal- und Alarmanlage auf dem Tannenkopf (Raute, orange), dem Letzbrunnen (roter Kreis) sowie der Bürchauer Schanze (grüner Kreis). Deutlich wird dabei, dass die zentrale Lage des Redans am Hörnle wohl zu allen Zeiten und innerhalb aller Defensivsysteme einen sehr wichtigen strategischen Punkt sicherte, der für alle Passzugänge und Passübergänge eine entscheidende Kontroll- und Beobachtungsfunktion innehatte.
 

Linien erfüllten einen rein taktischen Zweck, in dem sie große Landstriche zuverlässig in allen Jahreszeiten vor dem Eindringen kleinerer feindlichen Parteien und Detachements schützten. Hinter ihnen konnten ohne störende Zwischenfälle Felder bebaut werden, konnte Handel betrieben werden, konnten Steuern eingezogen werden, kurz: das hinter ihnen liegenden Land blieb als logistische Basis der eigenen Kriegsführung vorbehalten und gleichzeitig wurden die Untertanen geschont, woran die zivilen und militärischen Amtsträger ein großes Interesse haben mussten. So dienten die Linien dazu, die Ressourcen der von ihren geschützten Gebiet dem Gegner vorzuenthalten und sie selbst zu nutzen!“

Quelle: Plassmann, Max (2000): Krieg und Defension am Oberrhein: Die vorderen Reichskreise und Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (1693 - 1706), Historische Forschungen, Band 66, Duncker & Humboldt, Berlin und Mainz, Univ. Diss. 1998.
 
Ich gehe davon aus, dass die untersuchten Anlagen  auch eine unmittelbare Funktion als Grenzübergang wahrnahmen und so auch den zivilen Verkehr kontrollierten. Solche Grenzkontrollpunkte waren nicht durchgehend geöffnet, sondern ließen nur zu bestimmten Zeiten auch nur bestimmten Personengruppen durch. Strategisch wichtige Passübergänge wie der beim Wolfacker, standen so nicht nur auf Grund ihrer territorialen (wie auch konfessionellen) Grenzlage im Zentrum militärischer Observation. Sie waren auch optimal zu kontrollierende Punkte, an denen auch der Waren- und Personenverkehr überwacht werden konnte. Für die Landbevölkerung, die z. B. ihre Produkte auf die nahen Märkte bringen wollte, bedeuteten die Passagen solcher Posten auch, dass sie nur zu bestimmten Zeiten (zwei Stunden am Tag, eine Stunde am frühen Abend) diese passieren durften. Nachts waren diese Stellen geschlossen und – wie tagsüber auch – durchgehend besetzt und bewacht. Die Kontrolle des Personenverkehrs – so weisen mehrere Quellen nach – lag auch an der von den Franzosen verstärkt betriebenen Spionagetätigkeit. Die abgefangenen französischen Beschreibungen der Schanz- und Verteidigungslinien berichten sehr detailliert mit exakt beschriebene Darstellungen der einzelnen Stellungen.1703 wird z.B. ein französischer Offizier gefangen genommen, in dessen Besitz sich eine präzise Karte mit möglichen Schwarzwaldübergängen – Ergebnis einer intensiven Spionagetätigkeit – befindet, worauf sich man sich im Schwäbischen Kreis sofort bereit erklärt, die dort beschriebenen Stellen zu verstärken. (Quelle: PLASSMANN, S. 252, Hinweis auf GLA K. 46/3867, 70: Schwäb. AA an Ludwig Wilhelm, o.O. 2003.). Einer der wirklich seltenen Quellen berichtet über ein anderes Problem, das in der Fachliteratur für unseren Raum nur rudimentär gestreift wird: das der Flüchtlinge, die sich über die Pässe hinter die Linie flüchten, um so den massiven und lebensbedrohlichen Kontributionszügen oder ebenso gefährlichen Einquartierungen entziehen. Der Bereich des südlichen Markgräflerlandes hatte dazu einen nahegelegenen Fluchtpunkt: Basel. Die bedrohten Menschen aus dem nördlichen Bereich und des Breisgaus flüchteten dagegen ins für sie nahegelegene Wiesental, also das Große Wiesental, das hinter der Linie lag und somit – zumindest theoretisch – Reichsschutz gewährte. Hier lag auch zwischen Schönau und Wembach die erste massive Verteidigungslinie mit Reichs- und Kreistruppen – vorwiegend aus Bayern (nur bis 1702), Schwaben und Chursachsen.
 

Die Durchgänge bei solchen Grenzübergängen, nannte man Grendel,  „Grindel“ oder auch „Serren“. Der Name leitet sich vom althoch-deutschen „krintil“ ab und bedeutet Schlagbaum, Barre oder Sperrbalken. Der „Grendel“ südlich von Zell war ein solch speziell gesicherter Grenzpunkt zwischen dem evangelisch-badisch-durlachischen Landesteil und dem katholisch-habsburgisch-vorderösterreichischen Reichsterritorium, ebenso wie auch der Grenzpunkt auf dem „Mettlenkopf“. Eine solche „Passage“ (Durchgang) konnten zusätzlich mit sog. „Spanischen Reitern“ gesichert werden. Auch „Friesische Reiter“  genannt, waren es etwa vier Meter lange und rund 25 Zentimeter starke Holzbalken, durch welche man, kreuzweise durchbohrt, an beiden Seiten angespitzte oder aber auch mit Eisenspitzen versehen bis 2 Meter lange und ca. 8 - 10 cm starke Holzstöcke stecken konnte. Mit rund zwei Metern Höhe und über zwei Meter Tiefe war das Annäherungshindernis auch mit Pferden nicht leicht  zu überspringen. Die „Spanischen Reiter“ waren noch Überbleibsel einer Verteidigungs- und Schutztechnik aus der Zeit der mittelalterlichen Wagenburgen. Sie eigneten sich jedoch nur für die zusätzliche Sicherung von schmalen Wegen, „Grendel“ sowie für schmale Zugänge in die Wallgräben oder zu den Schanzen.

 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW 
 
Der Grendel südlich von Zell im Wiesental 
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW  
 
Engster Punkt: der bis auf den Talgrund reichende Felssporn des Grendels. Vor der Korrektion der Wiese durch Tulla füllte das Flussbett den gesamten Talboden aus.
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW  
 
Idealer militärischer und ziviler Grenz- und Kontrollpunkt: die Grendel-Schanze.
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW LiDAR  
 
Grendel-Schanze (rot) südlich von Zell i. W. und Schanze auf der Hebelhöhe oberhalb von Raitbach mit Verbindungsweg (Kommunikation) 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL BW LiDAR  
 
Die drei Beispiele zeigen die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der LiDAR-Technik:  Grendel-Schanze, Schlechtbacher Redoute. Schanze Hebelhöhe (von links)
 
 
 
Bilder © 2020 Google © Kartendaten © Geo-Basis-DE/BKG © 2009  
 
Redan am Hörnle in Blickrichtung Ost-West.
 
 
 
Bilder © 2020 Google © Kartendaten © Geo-Basis-DE/BKG © 2009  
 
Redan am Hörnle in Blickrichtung West-Ost.
 
 
 
Bilder © 2020 Google © Kartendaten © Geo-Basis-DE/BKG © 2009  
 
Redan am Hörnle in Blickrichtung Süd-Nord.
 
 
 
Bilder © 2020 Google © Kartendaten © Geo-Basis-DE/BKG © 2009  
 
Redan am Hörnle in Blickrichtung Nord-Süd.
 
Die jeweilige militärische Neugewichtung, wo ein Fortifikationswerk errichtet oder weiter betrieben wird, ist immer abhängig von der jeweils neuen militärische Bedrohung. Für die Schanzen, um die es bei uns geht, heißt das, dass sich innerhalb von 30 Jahren die Bedrohungslage durch den Bau von Hüningen und später von Neu-Breisach ständig verändert hat - einmal eine starke Bedrohung aus dem Süden mit Angriffen über das Kandertal in das Kleine Wiesental oder mit Vorstößen über Neuenburg - Sirnitz und dem Klemmbachtal, dann wieder über Staufen und das Münstertal aus Freiburg kommend. Für den Türkenlouis war zunächst primär der Hauptaugenmerk auf Hüningen gerichtet - denn da war die Bedrohungslage innerhalb von wenigen Stunden sehr akut. Und daher die Errichtung der Wolfsackerschanze und der deutlichen Gewichtung dieser Sperreinrichtung als Grenz- und Pass-Sicherung. Mit der Errichtung und Fertigstellung von Neuf-Brisach (1699 bis 1703) war der südliche Schwarzwald sowie der gesamte Breisgau, vor allem aber das Markgräflerland in einer massiven französischen Zangenlage
Durch die spätere starke Sicherung von Eck und Hau sowie der Holderschanze und dem Schänzle im südlichen Klemmbachtal war dort ein Durchbruch eher unwahrscheinlich, aber über Kandern und das Kleine Wiesental bis vor Bürchau - das bestand die latente und konkrete Gefahr eines Angriffs. Der Hörnle-Redan gehört wohl in eine frühere Ausbauperiode dort bereits bestehender Verteidigungssysteme. Wobei die mittelbare Nähe zum namentlichen Letzbrunnen und in Verbindung zur Letzhalde und dem Letzberg bei Schönau wichtige Indizien für diese Einschätzung sind.  Denn mit der Errichtung der Vorderen Linie liegt die Fortifikationslinie deutlich westlicher, um das im Osten liegende Reichsgebiet besser zu schützen.
 
 
 

Quelle:https://www.leo-bw.de/detail-gis/-/Detail/details/DOKUMENT/kgl_atlas/HABW_06_12/Siedlungszerstörungen+und+Festungswerke+im+späten+17+und+frühen+18+Jahrhundert+%281674-1714%29 

https://www.leo-bw.de/media/kgl_atlas/current/delivered/bilder/HABW_06_12.jpg

 
Primäre Funktion der Vorderen Linie im südlichen Teilabschnitt:  der nach den massiven und wiederholten französischen Überfällen auf Schönau notwendige Schutz des hiesigen Reichsgebietes
 
 
 

Die Karte - Ausschnitt - mit dem Verlauf der Linie von 1734 - veröffentlicht als Theatrum belli ad Rhenum superior nec non munimentorum tum imperialum, tum gallicorum ichnographica exhibitio accurate tradita (Homann-Erben, Nürnberg) - legt Schönau v o r  die Linie - ist also nicht korrekt - nur ein Beispiel dafür, dass historische Karten stets zu hinterfragen und am besten gleich mehrfach abzugleichen sind.

 
Wie der zwischen den Schanzen auf dem Gleichen und bei Schlechtbach liegende „Letzweg“ und „Letzwald“ oder wie der Neuenweger „Hau“ selbst, bestanden auch bei uns im Rahmen der defensiven Verteidigungssysteme die sog. „Letz-„ oder „Hauwälder“ – auch auf der Karte von 1701 entsprechend markiert.
Grundwissen: Letze (Festungsbau) Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Letze_(Festungsbau)

„Eine Letze oder schweizerdeutsch Letzi ist die historische Bezeichnung für eine Verteidigungsanlage, Grenze, Befestigung oder ein Sperrwerk an der man aufgehalten wird, zum Beispiel ein Pfahlwerk oder Verhau. Es wurde auch für eine mobile Verteidigung an der Grenze, eine Landwehr. Der Begriff Letzte wird für die „äuszerste Verteidigungslinie einer stadt, eines schlosses oder eines gebietes, schutzwehr zur abhaltung eines feindes“ verwendet. Der Bedeutung nach ist die Letze das „Ende von etwas“ bzw. speziell „Grenzbefestigung“. Das Verb „letzen“ stammt von „lasz“ im Sinne von etwas „zurückstehend machen, abhalten, hindern, hemmen […] zufügen eines körperlichen schadens, einer wunde“ (verletzen). Eine weitere mögliche Verwandtschaft besteht laut Johann Georg Krünitz zum Wort Litz (eine Sehne oder Schnur). Das würde auf eine Verteidigung mit dem Bogen hindeuten, da die Litze als Teil des Bogens (umgangssprachlich auch Flitzebogen oder Flitschbogen, niederländisch Flitz) in einigen Mundarten ebenfalls Letze genannt wurde. In der Schweiz wurde „Letzi“ für eine Grenzbefestigung „in Gebirgsgegenden und zwar für ganze Länder, wie für einzelne Täler, bei Städten am Ende des Weichbildes […] Grenze eines Dorf-, Stadt-, Landgebietes“ verwendet. Diese konnte aus natürlichen Begrenzungen (See, Fluss, Felsen) oder durch Zäune, Hecken, Grenzpfähle oder einfache Trockenmauer bestehen. Die Bezeichnung taucht öfter als Flurname oder Ortsbezeichnung auf wie in Letzigraben, Letzibrugg oder Lëtzebuerg. Im Alemannischen ist der Begriff schweizerisch als Letzi [mauer] ‚Talsperre‘ noch gebräuchlich. Die Bedeutung Sperrwerk steht auch in Zusammenhang mit der Bedeutung ‚aufhalten, abhalten, hemmen, hindern‘ von letzen.“

 
 
 
Repro © Landesarchiv Baden-Württemberg Generallandesarchiv Karlsruhe https://www.landesarchiv-bw.de/web/47245 2017 Signatur Hfk Planbände 11. Bl.9. Genehmigung Aktenzeichen: 4-7512-Störk,WernerQuelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, „Die beständige Postirung auf dem Schwartzwalt“ (1701) Signatur HfK Bd. XI Nr. 9 
 
Legende der Militärkarte von 1701 mit Hinweis auf den Verhau.
 
 
 
Repro © Landesarchiv Baden-Württemberg Generallandesarchiv Karlsruhe https://www.landesarchiv-bw.de/web/47245 2017 Signatur Hfk Planbände 11. Bl.9. Genehmigung Aktenzeichen: 4-7512-Störk,WernerQuelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, „Die beständige Postirung auf dem Schwartzwalt“ (1701) Signatur HfK Bd. XI Nr. 9  
 
Die Hau- oder Letzwald-Bereiche sind grün markiert, der Hau-Pass (rot), das Gebiet zwischen Wolfsacker und Letzbrunnen  (weiß) liegt 1701 östlich der Letzwälder.  Mit der Errichtung der Vorderen Linie liegt die Fortifikationslinie deutlich westlich, um das im Osten liegenden Reichsgebiet besser zu schützen. Ich sehe darin auch ein Hinweis auf die ältere Anlage des Letzbrunnens.
 

Beim „Baumletzen“ wurden die Stämme nicht vollends gefällt, sondern in ca. 1 - 1,20 Meter Höhe so angeschlagen, dass die Baumkrone in  die gewünschte, also feindliche Angriffsrichtung fiel, der obere Teil des Stammes jedoch nur umgeknickt war, also noch relativ fest mit dem unteren Reststamm verbunden blieb. Gleichzeitig konnte so der Saftstrom noch die oberen Äste und Blätter erreichen, so dass diese länger grün blieben und mit ihrer ausladenden Baumkrone ein massives Hindernis bildete. Zusätzlich wurden die längsten Äste mit benachbarten "geletzten" Bäumen  entweder verflochten oder mittels Seilen miteinander verknüpft und durch das Geäst der Bäume wurden weitere Pflöcke getrieben, um diese nochmals zu fixieren. So entstand ein kaum zu überwindendes und nur schwer beseitigendes Weghindernis. Diese rein defensive Verteidigung impliziert einen taktisch sehr wirkungsvollen Stufenplan: Überwinden die Angreifer die Baumletze - wofür sie viel Zeit zum Weg-räumen brauchen - können die Verteidiger diese Zeit nutzen, um ihre Abwehrpotential durch das Zusammenziehen von zusätzlichen Verteidigern deutlich zu verstärken. Sollten dennoch der feindliche Angriff auf die Letze gewagt werden, erwartet sie dort mit Sicherheit eine massive Gegenwehr, die auf Grund der optimalen Deckung für den Angreifer das Risiko hoher Verluste bedeutet. Wie effektiv das "Baumletzen" als defensives Fortifikationselement war, zeigt sich auch heute noch im Wald: Neben dem natürlichen "Letzen" durch Wind- und Schneebruch - bei uns sind die "verletzten“ und „verhackten" Wälderreste nach dem Orkan "Lothar" noch in bester Erinnerung -  zeigen aber auch schon relativ kleine Forstarbeiten, wie schnell nahezu unüberwindliche Stamm- und Asthindernisse entstehen.

 
 
 
Quelle Generallandesarchiv Landesarchiv http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1704124-1
Repro Sammlung & Archiv Werner Störk (Karte bearbeitet)  
 
Ausschnitt aus dem nicht eingenordeten Gemarkungsplan von 1785 mit den möglichen Zugangswegen über den Letzbrunnen (blau) sowie über die Redan-Anlage am Hörnle.
 
 
 
 
 
Quelle: Landesarchiv_Baden-Wuerttemberg_Generallandesarchiv_Karlsruhe_H-1_Nr._787_Bild_1_(4-468077-1).jpg 
 
Ausschnitt aus dem Gemarkungsplan von Fröhnd (oben) aus dem Jahre 1903 mit dem "Letzbrunnen" -
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW 
 
Der Letzbrunnen  als Quelle auf einer modernen Karte.. 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW 
 
Die Versorgung der Wachmannschaften auf den Schanzanlagen mit frischem Trinkwasser war - wie bereits an anderer Stelle schon mehrfach betont - eine der vorrangigsten Aufgaben und so suchte man neben den strategisch exponierten Stellen natürlich auch jene vorrangig aus, die in der Nähe - möglichst unmittelbar -  eine eigene Quelle aufwiesen, deren ausreichende ganzjährige Schüttung die Frischwasserversorgung Vorort sicherte. So waren die Bachläufe im oberen Abschnitt nicht nur die passnahen Zugangsbereiche, sondern auch die bevorzugten Quellhorizonte.
 
 
 
Quelle: Karte des Badischen Schwarzwaldvereins im Maßstab 1 : 50.000 Blatt IX., Wiesenthal, Lörrach - Schopfheim,2. Auflage, 1921 
 
Die entlang der Kammlinie angelegte Linie mit den Redan-Anlagen beim Wolfacker (gelb) und am Hörnle (orange) sowie der Bürchauer Schanze (weiß) und dem Letzbrunnen. .
 
 
 
Quelle: Bundesamt für Landestopografie swisstopo  KOGIS (Koordination, Geoinformation und Services) geo.admin.ch  https://map.geo.admin.ch/lang=de&topic=ech&bgLayer=ch.swisstopo.swissimage&layers=ch.swisstopo.zeitreihen,ch.bfs.gebaeude_wohnungs_register,ch.bav.haltestellen-oev,ch.swisstopo.swisstlm3dwanderwege&layers_opacity=0.25,1,1,0.8&layers_visibility=true,false,false,false&layers_timestamp=18601231,,,&E=2629989.33&N=1290790.84&zoom=7 
 
Eine Karte aus dem Jahre 1851 zeigt noch den Wanderweg von Ittenschwand über den Letzbrunnen nach Bürchau..
 
 
 
 
Quelle GEOPORTAL-BW  LiDAR
 
Die Bürchauer Schanze und ihre Wach- und Sicherungsfunktion der Pass-Zu- und Übergänge 
 
 
 

Grafik © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Der Versuch einer Rekonstruktion auf der Lidarscan-Basis und dem Vorortbefund: Wolfsacker-Redan mit Doppelsperre (gelb),
Schanzgraben-Redan mit Doppelsperre (rot), historische Wege nach Elbenschwand, Bürchau, Fröhnd/Schönau und Zell i. W.,
(grün), Kommunikationslinien (orange), Wallgräben  (blau), möglicher Standort eines Block- und Wachhauses (karminrot),
Grendel (weiß).
 
 
Am 13.07.2018  erfolgte die Wiederentdeckung der zweiten Redan-Linie am Hörnle nördlich vom Wolfsacker als Pass- und Grenz-Doppelsicherung: 
 
Diese neue Entdeckung kam völlig überraschend, da bislang jeder Hinweis auf diese große Doppelsperr-Anlage fehlte. Bislang galt die vom Landesamt für Denkmalpflege im Rahmen der von ihr durchgeführten Windpark-Voruntersuchungen gefundene Schanzlinie am Elbenschwander Gewann Wolfsacker als Solitär, also als ein Einzelstück - zwar eingebunden in die bekannte Markgräfliche Defensivlinie – aber ansonsten weit und breit im Wald allein gelegen. Das hat sich nun schlagartig verändert.
 
Nur wenig weiter nördlicher habe ich nun  – nach gründlichem Studium historischer Kartenwerke – eine bislang völlig unbekannte weitere große Doppelsperr-Anlage im Gelände wiederfinden können. Ausgehend von den Hinweisen auf einer Karte von 1785 (siehe unten) – dort wurde der heute nicht mehr existierende Gewannname „Schanzgraben“ eingetragen sowie eine – neben dem Wolfsacker – weitere Redan-Anlage. Ein Redan ist - wie bereits oben ausgeführt - ein vorspringender – stumpfer bis spitzer – Winkel, der den Angreifer zwingt, seine Kräfte aufzuteilen und somit zu schwächen. Gleichzeitig ermöglichen es die beiden Winkelbereiche, dass die Verteidiger ihre eigenen Flanken optimal schützen können. Die Winkelschenkel des Wolfsacker-Redans messen beachtliche 22 Meter, die des Schanzgraben-Redans können nicht mehr bestimmt werden.
 
Denn beim Bau der Forststraße hat man die bestehenden Grabenstrukturen genutzt, um genau dort die Wegführung hineinzulegen. So besteht der komplette Redan nur noch auf der Karte, ebenfalls liegt ein Teil unter der heutige Straße. Ein neue Funktionszuweisung, die viele historische Schanzanlagen in unserer Region schon ereilte.
 
So wurden beispielsweise Sportplätze in unserer Region nicht nur auf der großen Sternschanze am Zeller Grendel errichtet - übrigens auf dem Grendel (steht für Grenzstation) selbst wurde die dortige Schanze mit Bauschutt und den Verhüttungsresten einer Gießerei “abgedeckt“, denn auch in Adelsberg und Neuenweg wurden Sportanlagen auf den idealen Plateaus alter Schanzen errichtet. In Gersbach nutze man einst drei dorfnahe Schanzen in Ermangelung einer öffentlichen Müllabfuhr als willkommene Füllstellen und auf dem Mettlenkopf wurden schon früh die dortige Anlagen im wahrsten Sinne „untergepflügt“. In Raitbach kam aus „historischer Vergesslichkeit“ eine ganze Wallgrabenanlage auf über 400 Meter für einen neuen Maschinenweg im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Räder“ schwere Holztransporter. Und am Maiberg in Hausen lag eine Schanze bei der Straßenplanung im Weg, während in Muggenbrunn heute ein privates Wohnhaus auf der einstigen Anlage steht. Die Beispiele lassen sich leider beliebige fortsetzen, denn was seit 1700 an wirklich gut erhaltenen Schanzen übrig blieb, lässt sich heute an zwei Händen abzählen!
 
Nicht umsonst stehen die noch existierenden Anlagen als Kulturdenkmäler daher unter Schutz. Dieser ist jedoch nicht so sicher und gewährleistet keineswegs eine bleibende und umfassende Wirkung – wie die Diskussion um die Planungen der Windkraftwerke auf dem Bergrücken des Zeller Blauens eindrücklich belegen. Dass es trotz modernster amtlicher Geländescans und detaillierter Luft- und Bodenaufnahmen von Behörden immer wieder solche Überraschungsfunde -  wie jetzt geschehen - gibt, ist für Störk eine starke Bestätigung dafür, dass es aus archäologischer Sicht noch weitere Objekte in den ausgedehnten Waldgebieten des Zeller Blauens gibt, die bislang nur noch nicht fachlich als Schanz- und Linienanlagen gedeutet wurden. Meine Forderung: „Eine ernsthafte Suche, die ganz neutral und damit auch wirklich unabhängig davon forscht, ob die Objekte den Planern des Windparks im Weg stehen oder nicht!“
 
Die mächtigen Doppelsperren mit ihren beeindruckenden feindwärts gerichteten Winkeln dienten primär zur Sicherung der historischen Wegverbindung zwischen Zell, Fröhnd, Elbenschwand und Bürchau. Damit wurde  der mögliche Aufstieg feindlicher Truppen vom Talboden der Kleinen Wiese vereitelt und  der hier strategisch entscheidende Wolfsacker-Pass gleich doppelt geschützt. Wie wichtig dieser Passübergang war, belegen auch die vier Schanzen auf der Ostseite auf Zeller Gebiet, die diesen Zugang intensiv überwachten und auch gewährleisteten, dass trotz unfriedlicher Zeiten der Warenhandel zwischen dem Großen und dem Kleinen Wiesental möglichst ungestört betrieben werden konnte. So war besonders für urbanen Zentren des habsburgischen Reiches der kontinuierliche Zufluss von landwirtschaftlichen Gütern und frischen Nahrungsmitteln lebenswichtig.
 
Die gesamte Anlage vermittelt den Eindruck einer besonders starken Landes- und Reichsgrenzsicherung - wobei der ziviler Grenz- und Handelsverkehr ebenfalls durch dieses Nadelöhr geführt wurde, um ein Höchstmaß an Kontrolle zu erreichen. Es war damit auch - vergleichbar wie die Grendel-Schanze vor Zell - eben auch ein Grendel, eine verschanzte Grenzstation. Die massive Ausprägung in Form gleich zwei solcher mächtigen Anlagen - die Wolfsacker-Redan-Anlage ist allein schon über 200 Meter lang - lässt aber den Schluss zu, dass es wohl noch ein weiteres Objekt zu schützen galt, der auf der nur 400 Meter weit entfernten Kuppe des Tannenkopfes vermuteter Standort einer militärisch extrem wichtigen Einrichtung, der eines Alarm- und Signalfeuers, mit dessen Hilfe die Besatzung der zwei Redans mit Böllen, Muggenbrunn und Wieden im Norden sowie mit dem Zeller Blauen im Süden nachrichtlich "kommunizierten".
 
Obwohl diese neue Anlage quasi nur ein Steinwurf von der Linienanlage entfernt liegt, die das Landesamt für Denkmalpflege erst vor kurzem entdeckt hatte, scheint man dort diese eindrucksvoll verschanzte Linie übersehen zu haben. Was die Tatsache jedoch keineswegs schmälert, dass es hier um ein jetzt wirklich zusammenhängendes Ensemble, also um eine archäologische Gesamtheit handelt. Wenn man die gesamte sog. Vordere Linie sehr gut kennt, kann man die beiden Redan-Doppelgraben-Sperren - bezogen und im Vergleich zu allen anderen bekannten Anlagen - nur mit einem Wort bewerten: "Einzigartig!"
 
 
 
 
Quelle Generallandesarchiv Landesarchiv http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1704124-1
Repro Sammlung & Archiv Werner Störk (Karte bearbeitet)
 
Karte (nicht eingenordet) von 1785: die neue Doppelwall-Sperre mit Redan mit Gewann "Schanzgraben"  
 
 
 
 
Quelle Generallandesarchiv Landesarchiv http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1704124-1
Repro Sammlung & Archiv Werner Störk (Karte bearbeitet)  
 
Karte zur besseren Raumorientierung gedreht und eingenordet. 
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Die Sonnenstrahlen markieren den mittleren Teilabschnitt der Linie der Doppelwall-Sperre 
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Blick von der Forststraße auf den darunter liegenden Teilabschnitt der Doppelwall-Sperre. 
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Diese Sperre ist etwas kleiner als die am Wolfsacker - schützt aber ebenso strategisch günstig angelegt die einstigen historischen Wegverbindungen.
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Markierter Verlauf des Sperrgrabens.
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Hier wäre  jetzt der Übergang zum Redan - der hier allerdings unter bzw. in der Forststraße liegt. 
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Noch sehr gut erhalten: der massive Wallkorpus . der das schon so steile Gelände nochmals "überhöht". 
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Der noch heute immer noch eindrucksvolle da gut erhaltene Wallgraben des nördlichen Schenkels.
 
 
 
 

Foto © Archiv & Sammlung Werner Störk 2018

 
Der Redan-Winkel  weist - wie der auf dem Gewann Wolfsacker - nach Westen.
 
Strategisch-
topografische Lage
Historische  Kartenwerke Wolfsacker-
Schanze
Nördlicher
Sperrgraben
Ausspringender
Winkel (Redan)
Südlicher
Sperrgraben
Kommunikation
Laufgraben
Alarm- und
Signalfeuer
Tannenkopf
mit
Hangterrassen
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