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Fortifikation von Muggenbrunn (9) |
Das Gätterle (Gatter) am Grenzweg. |
Muggenbrunn, Todtnau, Wiesental, Landkreis Lörrach, Südschwarzwald, Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland |
Werner Störk
©
2017 |
Quelle:
©
Google Maps, Bilder
© 2016 DigitalGlobe,
Kartendaten
© 2016 GeoBasis-DE/BKG (© 2009), Google. |
Standort des Gewanns "Gätterle". |
Ausschnitte aus einer topographischen Karte von 1905. |
Die führenden Kupferstecher ihrer Zeit wie Homann (oben) oder in diesem Fall Seutter (unten) wetteiferten um die beste Darstellung der Kriegswesens - von ihnen als "Kriegskunst" bezeichnet. Auf sog. "Tafeln" wurden alle wichtigen Teilbereiche von Taktik und Strategie zusammengestellt und so auch einer breiten Öffentlichkeit präsentiert - wobei fleissig auch voneinander "abgekupfert" wurde. |
Matthe(a)us Seutter (1720):
Tafel in
Welcher alle gehorige Werckzeuge zur Kriegs-Kunst, Vestungs-Bau und
Artillerie, zu Belagerund der Staette, Vestungen und
Schlosser, in Feld Schacten, Heer Lager und Lager Plaetzen, auch allerly Schiff und See-Materialien vorgestellt werden |
Darunter auch eine "barriere", wie das Gattertor (Kreis) auch genannt wurde - die Mehrzahl der Fachbegriffe wurden durch die französische Sprache geprägt, da Frankreich unter seinem Festungsbaumeister Vauban vermutlich auch die beste Fortifikations-Manier beherrschte und in Europa führend war - und so für alle anderen Nationen Vorbildfunktion hatte. |
Ludwig A.
Herlin schrieb 1724 |
„Die Pallisaden sind
zusammengesetzt von unterschiedenen pallisadirten und fraisirten Gattern
oder Schrancken welche ihr in der Breite des Wegs wo die Feinde zu euch
kommen stellet sie werden also verfertiget daß man sie kan aufheben und
niederlassen nach der Art eines Rahms oder Gatterwercks nachdem ihres
vornöthig befindet Wenn nun erfordert wird diese Barrieres aufzuheben so
sind sie gerade unterstützet vermittelst der Streben welche an einen
ihrer Enden miteisernen Ringen angehenget und am andernEnde wider das
Gatterwerck angestützet sind allwo die Fugen oder Kerben um sie
aufzuhalten. Sollen diese Barrieres auf ihren Gatter niedergelassen
werden so es leichtlich wenn man die Streben so sie aufrechthalten
wegnimmt was die Sturmpfähle betrifft so sind sie
gesetzt von einigen halben Pallisaden die an
Enden mit den eisernen eweglichen Nägeln in der Mitte und
zwischen den grossen Pallisaden festgemacht sind also daß wenn die
grossen Pallisaden aufrecht stehen diese Sturmpfähle sich selbst
horizontaliter niederlassen und ihre Spitzen gegen des Feindes Seite
kehren sie sind in solchem Stande durch den Querbalcken gehalten welcher
ihre äuserstes Ende anhält Wenn aber diese Barrieres niedergelassen sind
so finden diese Sturmpfähle ihren Platz zwischen denen grossen
Pallisaden Wie man nun mit Waltzen das Gatter versehen auf welchem diese
Barrieres liegen so kann an sie durch Gewalt der Arme hinter und vor
sich bringenhinter die andere und mehr oder weniger nach der Länge des
Weges den man disputiren will. Wenn alle diese unterschiedene Reyhen der
Barrieren also gestellet solässet man sie Anfangs nieder daß es der
Feind nicht inne werde und der Weg frey bleibe. Hernach wenn die
voranstehenden Trouppen attaquiret und genöthiget sind sich zu retiriren
so passiren sie ohne Verhinderung über die erste Reyheeurer Barrieres
wenn sie darüber passiret so heben sie dieselbe auf und formiren
alsobald durch dieses Mittel ein Retrenchement welches den Feind aufhält
daß er nicht weiter kann. Ihr defendiret euch mit Vortheil hinter der
ersten Reyhe der Barrieres. Wenn ihr allda gezwungen werdet so
verrichtet denselben Handel bey der zweyten Reyhe von der zweyten zur
dritten und nach und nach von der einen zur andern Durch dieses
Mittelhaltet ihr entweder den Feind ab der euch will verfolgen oder ihr
obligiret ihn zum wenigsten den Terrain theuer genung zu verkaufen... |
Sein umfangreiches Werk trägt den ebensolchen Titel: |
FORTIFIKATION - Der
dreyfache Tractat von Festungen - Die befestigte Festung - Die eine
Major Scheitern abgefertigte Schrifft - Das Bedencken von Verstärckung
der ehemahligen Festung des Fischer Thors in der Stadt Straßburg
Colligirt und mit Fleiß durchsehen. Nebst einer Vorrede darzugehörigen
Rissen einige Anmerckungen zu allen mehrern Erläuterung. Und ein
vollständiges Register Welchen als ein Anhang Beygefiss. Das Diarium von
der Türckischen Belagerung der Festung Candia Ein Extraët eines Berichts
von den Befestigungen Bau der Stadt Straßburg Herr Suttingers Abwehr
Schützen des Herrn Rimplers weiter Herrn Werdmüllern Landsbergs
Raisonnement von Attaquen. Zum Nutz des Gemeinen Besten herausgegeben
von Sr Kön Majin Polen und Churf Durchl zu Sachsen Ingenieur carrrain
Mit Sr Kön Majin Polen und Churf Durchl zu Sachsenallergn privilegio
Dreßden und Leipzig Verlegt von Christoph Hekels sel Sohn und Erben 1724 |
Quelle Deutsche Fotothek |
Das Gatter fand in vielfältige Form Anwendung - entweder im Vorfeld einer Schanzanlage wie auf diesem Kupferstich zu sehen - oder eingebaut in eine Mauerwerk oder Wallkorpus - immer mit dem Ziel: mit einfachsten Mittel eine zusätzliche Verteidigungsposition zu schaffen, die zu überwinden für den Angreifer mit einem hohen Risiko verbunden war. In Gersbach haben wir ein Gattertor, das in eine massive Zick-Zack-Mauer aus losen Feldsteinen eingesetzt wurde. |
Um den Durchgang am Gattertor effektiv zu schützen, kamen oft "Spanische Reiter" - auch "Friesische Reiter" ( franz. cheval de frise) genannt - zum Einsatz. Sie ließen sich leicht gewegen, waren aber dennoch ein effektiver Schutz gegen Fußtruppen wie auch gegen Reiter. |
"Moderne Spanische Reiter bestehen typischerweise aus circa 1,5 m langen, X-förmig zusammengebundenen und angespitzten Stangen, welche durch eine 5 bis 6 m lange Längsstange so verbunden werden, dass man nicht hindurchkriechen kann. Ursprünglich waren sie aus Holz und gegen Reiter gerichtet und dienten der Lagerbefestigung. Man stellte sie her, indem man durch einen langen Baum (Leib) spitze Pfähle (Federn) oder auch die kurzen Spieße oder Schweinsfedern des Fußvolks einander kreuzend steckte. Der Leib wurde auf einem Wagen mitgeführt, mitunter war die ganze Vorrichtung fahrbar angelegt. Im 19. Jahrhundert wurden sie mehr aus Winkeleisen gefertigt und dienten der Sicherung von Durchgängen und Furten." (Quelle: Wikipedia). |
Historische Darstellung eines "Spanischen Reiters" |
Foto/Quelle: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Spanischer_Reiter_(Barriere) |
"Eine solche „Passage“ (Durchgang) konnten zusätzlich mit sog.
„Spanischen
Reitern“ gesichert werden. Auch
„Friesische Reiter“
64) genannt, waren es etwa vier Meter lange und
rund 25 Zentimeter starke Holzbalken, durch welche man, kreuzweise
durchbohrt, an beiden Seiten angespitzte oder aber auch mit Eisenspitzen
versehen bis 2 Meter lange und ca. 8 - 10 cm starke Holzstöcke stecken
konnte. Mit rund zwei Metern Höhe und über zwei Meter Tiefe war das
Annäherungshindernis auch mit Pferden nicht leicht zu überspringen. Die „Spanischen Reiter“ waren noch Überbleibsel einer Verteidigungs- und Schutztechnik aus der Zeit der mittelalterlichen Wagenburgen. Sie eigneten sich jedoch nur für die zusätzliche Sicherung von schmalen Wegen, „Grendel“ sowie für schmale Zugänge in die Wallgräben oder zu den Schanzen." |
Quelle: Störk, Werner (2009):
„Fortifikation im Barock: Die Schanzen des
"Türkenlouis" im Südschwarzwald", Sonderdruck aus:
Geschichtsverein Markgräflerland, Bd.1/2009, 70 Seiten mit 21
Abbildungen. |
"Gätterle" (1); "Auf der Schanze" (Scherengraben) (2), "Lägerkopf" (3) "Läger" (4), doppelte Steinwall-Sicherung Süd (5), West-Redoute (6), östliche Polygonalschanze (7), nördliche Talsperre (8), Kommunikationslinie Alarmfeuer (9) und Kommunikationslinie (Laufgraben) zum Scherengraben (10). Topographische Basiskarte von 1905. |