Zeitgenössischer
Stich, Foto-Repro © 2009 Werner Störk, Archiv AG MINIFOSSI |
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Markgraf Ludwig von Baden
bricht an der Spitze der kaiserlichen Reiterei bei Slankamen in das omanische Lager ein. |
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In der Schlacht bei Slankamen
(auch Szlankamen) trafen während des Großen Türkenkrieges
am 19. August 1691
die Heere Österreichs
(33.000) unter Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden und des Osmanischen Reiches
(50.000)
unter Großwesir Köprülü
Fazil Mustafa Reiches aufeinander. Der Kampf bei Slankamen (auch Szlankamen)
endete
mit einem beeindruckenden
Sieg der kaiserlichen Truppen, welcher es diesen ermöglichte, den
größten Teil von Un-
garn gegen die Osmanen zu
behaupten. |
Außerdem kostete die
Niederlage bei Slankamen die Osmanen so schwere Verluste (12.000 Tote,
25.000 Verwun-
dete), dass sie unfähig
waren, in jenem und auch nicht im folgenden Jahr erneut die Offensive zu
ergreifen. Dies wie-
derum bedeutete eine spürbare
Entlastung für das kaiserliche Heer (4.000 Tote, 7.300 Verwundete),
welches zu die-
sem Zeitpunkt bereits schon
länger am Rhein gegen die zahlenmäßig weit überlegenen
französische Truppen kämp-
fte. |
Kaiser Leopold I. ernannte
aufgrund dieses erfolgreichen Feldzuges Ludwig Wilhelm von Baden zum Generalleutnant
des kaiserlichen Heeres,
also zum Oberbefehlshaber aller kaiserlichen Truppen. Der spanische König
verlieh dem
Markgrafen zusätzlich
den Orden vom Goldenen Vlies |
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Fortifikation
im Barock - Die Schanzlinien des Türkenlouis
im Südschwarzwald
Text
© Werner Störk 2009 |
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Leben im Barock – damit
verbinden sich sehr gängige Vorstellungen von prachtvollen Kostümen,
einer klangvollen
Musik, einer atemberaubender
Malerei und einer traumhafter Architektur. Ein Leben voller Prunk, absolutistisch-
feudalem Glanz und unbegrenztem
Luxus. Wie so oft entpuppt sich diese Einschätzung erst bei genauerem
Hin-
sehen als gängiges
Klischee und zeigt neben seiner scheinbar alles überstrahlenden Vorderseite
auch die düstere
Kehrseite dieser Medaille:
Der Barock als Epoche europaweiter und regional heftig geführter Kriege
und einer Zeit,
in der für das einfache
Volk über Jahrzehnte der Friede nur eine vage Hoffnung und der Krieg
allgegenwärtig war. |
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Die neue Dauerausstellung
im Dachgeschoß des Städtischen Museums bedient daher nicht
die gängigen Klisch-
ees des Barock, sondern
widmet sich erstmals auch dem Schaffen jener Menschen, die als zwangsverpflichtete
Bauern ein kärgliches
und täglich bedrohtes Leben zwischen Hof und Wall, Pflug und Schanze
fristeten: Den
Schanzbauern. In mühevoller
Hand- und Fuhrfron errichteten sie unter dem Befehl des legendären
Türkenlouis,
dem badischen Markgrafen
Ludwig Wilhelm, eine über 550 km lange rein defensive Schanzlinie:
Beginnend im
Süden bei Bad Säckingen
über die Höhenzüge und durch die Täler des gesamten
Schwarzwaldes sowie durch
die Ebene des Kraichgaus
bis hin zum Neckar bei Heidelberg. Neben dem „Großen Krieg“
führten diese Bauern
in vielfachen Varianten
auch den
„Kleinen Krieg“, um ihr Leben, ihre Familie und ihren Hof
aus dem reißenden
Strudel der europäischen
Geschichte heraus zu halten. |
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Detailgetreue Modelle und
historische Illustrationen der großen städtischen Sammlung ermöglichen
nun einen be-
eindruckenden Blick auf
diese unfriedliche Zeit um 1700, als die Schanzbauern die massiven Schanzanlagen
in
unserer Region errichteten:
Defensiv-Systeme, mit denen der Türkenlouis als Oberbefehlshaber der
habsbur-
gischen Reichs- und Kreistruppen
die Kriegs- und Kontributionszüge des französischen Sonnenkönigs
Ludwig
des XIV. unterbinden sollte.
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Alle Dioramen der städtischen
Sammlung sind Unikate der Schülerarbeitsgemeinschaft AG MINIFOSSI
der Fried-
rich-Ebert-Schule (Haupt-
und Werkrealschule) Schopfheim. Mit wechselnden Themenschwerpunkten werden
im-
mer wieder neue Akzente
- auch in Form eines speziellen Begleitprogramms - gesetzt. Diese Ausstellung
er-
gänzt in besonderer
Weise die experimentell-archäologische Schanzen-Rekonstruktion im
nahen Ortsteil Gers-
bach und bildet somit das
lang gewünschte Pendant hier in Schopfheim.
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Interessierte Besucher,
die sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen wollen, können
einen 70-seitigen
Sonderdruck (22 Abbildungen)
mit den aktuellen Ergebnissen der Schanzenforschung erwerben. Ebenfalls
steht
eine CD-ROM zur Verfügung,
die den Ausstellungskatalog der großen Türkenlouis-Ausstellung
aus dem Jahre
2007 beinhaltet. Hier findet
der historisch Interessierte eine überaus reiche Fundgrube (ausgedruckt
170 Seiten)
von den klassischen bis
zu den Quellen im Internet. Den Sonderdruck sowie auch die CD-ROM können
Sie an
der Museumskasse erwerben.
Sollten Sie darüber hinaus an weiteren, detaillierten Informationen
interessiert sein,
können Sie auch an
einer Sonderführung teilnehmen. Hier besteht nicht nur die Möglichkeit,
sich im Museum
zu informieren, sondern
z. B. auch museumsextern original historische Schanzen sowie die Rekonstruktion
der
60 Meter (Durchmesser) großen
Sechseck-Schanze in Gersbach zu besuchen. Informieren Sie sich bitte an
der
Museumskasse.
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Thematisch orientiert sich
die Ausstellung an der Fortifikation (Festungsbaukunst) und hierbei vor
allem an der
Errichtung der sog. Erdwerke
(Schanzen). So zeigen die Exponate die vielfachen Varianten der Schanzwerk-
zeuge, aber auch die von
den Bauern eingesetzten alltäglichen Werkzeugen, die dann auch zu
Waffen wurden.
Der „Kleine Krieg“ war
fester Bestandteil des „Großen Krieges“ und gerade unter der
Führung von Markgraf Lud-
wig Wilhelm von Baden, der
auf Grund seiner Erfolge über die osmanische Truppen den Ehrennamen
„Türken-
louis“ erhielt, ein wesentliches
Element seiner taktisch-strategischen Überlegungen im Kampf gegen
die zahlen-
mäßig immer überlegenden
französischen Angriffe und deren ständigen Kontributionszüge
(zwangsmäßige und
ggfs. brutale Eintreibung
von Nahrungsmittel, Bauholz oder Arbeitskräften bei der zivilen Bevölkerung).
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Historische Kupferstiche,
Karten und exemplarische Illustrationen sollen einen ersten Einblick in
jene unfried-
liche Epoche des Barocks
(1615 - 1715) ermöglichen, die gerade für die regionale Raumschaft
eine fast 100
Jahre dauernde kriegerische
Bedrohung des Alltagsleben mit sich brachte. Mit dieser Ausstellung wird
ein
bislang in den Geschichtsbüchern
„vergessenes“ Kapitel unserer Landesgeschichte auch museal erstmals
in dieser Form beleuchtet.
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Gezeigt wird auch, wie die
Schanzbauern mit der Zeit ihre Aufgabe verlieren und auf Grund der veränderten
An-
forderungen der Festungsbauer
an die Schanzen - insbesondere wegen der zunehmenden Feuerkraft der Ge-
schütze - die Fortifikation
neue Aufgaben an die Kriegsführung stellt und somit eine berufliche
Neuorientierung
der militärischen Spezialkräfte
wie die der Sappeure, Ingenieure und Pioniere mit sich bringt. Oder auch
wie
sich aus einfachem Werkzeug
- z. B. den Hippen - über das Faschinenmesser komplexe Spezialwaffen
wie das
Bajonett entwickeln.
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Original-Exponate, Karten
und Kupferstiche weisen auf das wohl schlimmste Ereignis in unserer Region
innerhalb
des Spanischen Erbfolgekrieges
hin, als am 14.10.1702 von der französischen Festung Hüningen
aus ein Angriff
auf das markgräfliche
Territorium erfolgt. Der Versuch Frankreichs, sich auch hier rechtsrheinisch
festzusetzen,
um sich dann mit den verbündeten
bayerischen Truppen zu vereinigen, konnte Markgraf Ludwig Wilhelm zwar
er-
folgreich abwehren, mit
hohen Verlusten auf beiden Seiten - mit über 2.000 Toten und 3.300
Verwundeten.
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Angesichts der Tatsache,
dass nach dem Spanischen Erbfolgekrieg erneut eine bedrückende Reihe
schwerer
kriegerischer Auseinandersetzungen
folgt, die sich zunächst im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71)
nieder-
schlug, danach im Ersten
Weltkrieg (1914 -1918) und schließlich unrühmlich im Zweiten
Weltkrieg (1939 - 1945)
gipfelte, wird vielleicht
dem Besucher dieser Ausstellung auch wieder bewusst, wie zerbrechlich der
Friede sein
kann und dass es keinesfalls
selbstverständlich ist, dass wir heute in einem befriedeten, nachbarschaftlichen
Europa leben dürfen
und können ...
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Die Ausstellung umfasst
100 Exponate, 10 Schanzenprofile, 8 große Raum-Modelle, 20 Illustrationen,
über 2.000 Figuren, 80 Münzen &
Medaillen (Hinweis:
Bedingt durch Sonderausstellungen können
bestimmte
Exponate
zeitweise auch nicht präsent sein)..
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