FORTIFIKATION* |
Fortifikation (lat.), Befestigungskunst;
auch die Behörde einer Festung, der die Verwaltung der
letztern in fortifikatorischer Beziehung obliegt. Fortifizieren,
befestigen; fortifikatorisch, auf F.
bezüglich. |
|
DEFENSIVE
* |
Defensive (lat.), diejenige der
beiden Hauptformen kriegerischer Thätigkeit, bei welcher es, im
Gegensatz zur Offensive, auf Verteidigung, nicht auf
Angriff abgesehen ist. In der D. erwartet
man den Feind in einer Aufstellung und wehrt seinen
Angriff ab. Man bedient sich der reinen D.
aber nur so lange, als man ihrer der eignen Schwäche
wegen bedarf, und gibt sie auf, sobald
man sich zum Angriff stark genug fühlt. Eine gute D.
muß offensive Momente haben. Es wird
deshalb die Stellung zur D. so gewählt, daß sich neben
oder innerhalb einer starken Verteidi- gungslinie
ein günstiges Angriffsfeld findet. Defensivstellung heißt diejenige
Stellung, welche das Vordringen des
Feindes in einer bestimmten Richtung verhindern oder wenigstens er-
schweren soll. Wo die Natur solche Hilfsmittel versagt,
muß die Kunst sie zu ersetzen suchen,
teils durch Anwendung der Fortifikation, teils durch
zweckmäßige Verteilung der Waffengat- tungen;
stets kann und muß die Kunst auch die besten Positionen noch verstärken.
Befindet sich ein fester Platz in der
Nähe der Stellung, so gewinnt diese dadurch sehr an Festigkeit.
Die besten Defensivstellungen bietet ein wellenförmiges,
stellenweise durchschnittenes und bedecktes
Terrain. Defensivlinien sind ausgedehntere Terrain-abschnitte, welche
durch Be- festigungen verstärkt sind.
|
|
BEFESTIGUNG (FORTIFIKATION)* |
|
Die Anlage von Verteidigungseinrichtungen
und Bauten für den Truppengebrauch im Krieg. Man
unterscheidet dabei die schnelle Herstellung flüchtiger
Anlagen, die passagere oder Feldbefestig-
ung; den Bau von Befestigungen für lange Dauer und mit allen Mitteln
der Kunst, permanente oder stehende
B. (Festung); die Herstellung von Anlagen, die für längere Dauer bestimmt
sind, aber in kurzer Zeit und deshalb
mit ähnlichen Mitteln wie Feldbefestigungen hergestellt werden
müssen (provisorische Befestigungen); den Bau von Wegen
und Brücken (Feldbrücken) sowie die
Zerstörung von Eisenbahnen, Brücken und Wegen nebst der Wiederherstellung
solcher zer- störter Verbindungslinien. Die
Kunst, welche die Ausführung aller dieser Arbeiten am richtigen
Ort und mit den besten Mitteln lehrt, heißt die Befestigungskunst.
Die provisorischen Befesti- gungen stehen
zwischen den permanenten (Festungen) und den Feldbefestigungen und dienen
in der Regel als Ersatz permanenter Befestigungen. Feste
Plätze, zu denen schwer zugängliche,
verteidigungsfähige Zufluchtsorte und Wohnstätten jeder
Art zu rechnen sind, kennt man aus al- len
Zeiten von der neolithischen Periode bis in die frühslawische Zeit hinein.
Sie werden am besten eingeteilt in Wallanlagen
(Verschanzungen), Gehege (Gepäck, Baumschanzen) und Gräben. 1)
Wallanlagen (Verschanzungen) kommen vor mit einfachen,
zwei- und mehrfachen Verwallungen (Doppelwälle,
Doppelschanzen) und zwar bei allen drei unten näher beschriebenen Arten.
Das Ma- terial der Schanzen besteht aus Erde
oder Steinen oder aus diesen beiden Materialien zugleich
und zeigt zuweilen infolge starker Brandeinwirkung stellenweise
Verschlackung (Brandwälle), oder der ganze
Wall ist mehr oder weniger durch Verschlackung in eine zusammenhängende
Masse verwandelt (Schlackenwälle, verglaste
Wälle, verglaste Burgen, Glasburgen). Letztere sind bekannt
aus Böhmen und Schottland. Der Form nach teilt man die
Verschanzungen ein in: a) Rundwälle
oder Ringwälle. Die in den Ebenen vorkommenden Rundwälle liegen meist
in Sümpfen und Mooren und sind zuweilen
auf Pfahlrosten errichtet. Die Ringwälle sind kreisförmig, oval oder,
dem Terrain sich anschmiegend, zuweilen
etwas unregelmäßig gestaltet und hegen in bergigen Gegenden oft
den Gipfel eines isolierten Bergkegels ein (Steinringe,
Hünenringe). Zuweilen sind noch Außenwerke,
Vorburgen, ebenfalls durch Schanzen eingeschlossen,
mit dem eigentlichen Verteidigungswerk in
Verbindung. b) Burgwälle, Wallburgen, bestehen aus Wällen,
welche bogenförmig oder nahezu ge- radlinig
quer über einen vorspringenden Bergrücken gelegt sind und denselben
von dem hinterliegen- den Terrain abschneiden.
Es finden sich auch hier Außenwerke und Vorburgen. Obige beide Arten
stehen zuweilen, wenn sie an See- oder Flußufern liegen,
mit Pfahlbauten in Verbindung. |
|
FESTE
STELLUNGEN* |
|
Feste Stellungen, im Gegensatz
zu den Festungen, Stellungen, in welchen sich Heeresabteilungen,
selbst Feldarmeen, welche den Kampf nicht vermeiden
können oder wollen, festsetzen, um durch die
hinter den Deckungen etc. für die Verteidigung gewonnenen
Vorteile der Überlegenheit des Feindes d as
Gegengewicht zu bieten, seinen Angriffen also erfolgreicher widerstehen
zu können. Solche Stell- ungen bedürfen ebenso
starker taktischer Stützpunkte (Dörfer, Gehöfte, Gehölze) wie Hindernisse
(Gewässer, Sumpf, steile Hänge) im Vorfeld, um dem Feinde
die Annäherung zu erschweren, und wer- den
dann in ausgedehnter Weise mit den Mitteln der Feldbefestigung verstärkt.
In der Regel wird man sich nicht auf die reine
Defensive beschränken, deshalb müssen einzelne Teile des Gefechtsfeldes
das Vorgehen zum Angriff oder Gegenstoß begünstigen.
F. S. sind entweder schon im Frieden vorbereitet
(Rußland), dann zum Teil in provisorischer Manier angelegt,
oder sie werden erst im Lauf des Feldzugs
nach den Grundsätzen der Feldbefestigung hergerichtet. Sie bestehen
aus zusammenhängenden Lin- ien oder aus einer
Anzahl sich gegenseitig unterstützender offener oder geschlossener Schanzen.
Allseitig durch Befestigungen abgeschlossen, nennt man
sie auch verschanzte Lager. F. S. haben schon
seit dem Altertum in allen Kriegen eine große Rolle
gespielt; Friedrich d. Gr. machte davon 1761 bei Bun
zelwitz Gebrauch, die Österreicher im Siebenjährigen
Krieg fast immer. Aus der Napoleonischen Zeit sind
besonders Wellingtons Stellung von Torres Vedras nördlich
Lissabon 1810 und die der Russen bei Drissa
an der Düna 1812 bemerkenswert. Eine große Rolle spielten
in neuester Zeit die Stellungen der Dänen
1864 (Danewerk, Düppel), und 1877/78 diejenigen der
Türken (Plewna, Tschataldscha etc.) und Russen
(Schipkapaß etc.). |
|
FELDBEFESTIGUNGEN* (1) |
|
Feldbefestigungen. Nach allgemeiner
Einführung der modernen Schnellfeuerwaffen mit ihrer in so hohem
Grade gesteigerten Tragweite, Trefffähigkeit und Durchschlagskraft
wird es sich in dem nächsten großen
Kriege, in welchem auf jeder Seite Millionen mehr oder weniger ausgebildeter
Soldaten kämpfen werden, sehr oft um
den Angriff fester Stellungen handeln, die entweder bereits im Frieden
vorbereitet sind (Fest- ungen), oder bei Beginn
eines Feldzugs, bez. im Verlauf desselben errichtet werden. Die letztern
Arten bezeichnet man im allgemeinen
als provisorische und Feldbefestigungen; da man aber in neuerer Zeit
im Felde nicht nur Erde und Holz, sondern
auch Stein und Eisen verwendet, ist die Grenze schwer zu bes-
timmen, wo die provisorische Befestigung aufhört und
wo die Feldbefestigung anfängt, so daß man zweck-
mäßiger nur von F. und verstärkten F. spricht, welch
letztere im Stellungskrieg sehr oft je nach Maßgabe
der zur Verfügung stehenden personellen und materiellen
Mittel nach und nach aus erstern entstehen.
Was zunächst die im Felde zu ver-wendenden Deckungen
aus Erde, Holz, Steinen oder Eisen anbetrifft,
so widerstehen die bislang als ausreichend erachteten
Brustwehrstärken nicht mehr den modernen Schuß-
waffen. Von dem neuen deutschen Infanteriegewehr werden
auf nähere Entfernungen Erdmassen von 100
cm, Tannenhölzer von 40 cm, ja einen Stein starke Ziegelmauern und 10
- 11 mm starke Stahlplatten glatt durchschlagen;
auf größere Entfernungen (z. B. 500 m) nimmt die Durchschlagskraft allerdings
wesentlich ab. Daß unter solchen Umständen
die Ausführung widerstandsfähiger F. sehr erschwert wird, liegt auf
der Hand; man wird sich daher in Zukunft
mehr, als bisher geschehen, zunächst auf Deckung gegen Sicht und
gegen aus größern Entfernungen wirkende Schußwaffen
zu beschränken und die weitere Verstärkung ins
Auge zu fassen haben, sobald die nötigen Kräfte zur
Verfügung stehen. Wenn nach frühern Anschauungen
die Anwendung der F. den Offensivgeist der Armeen lähmen
sollte, geht man jetzt vielfach von der Ansicht
aus, daß nicht nur in der Defensive, sondern auch in
der Offensive F. in der Regel von großem Nutzen sein
werden. Selbst in der deutschen Armee, welche im allgemeinen
von jeher das Schanzen für überflüssig, ja
schädlich erachtete, sind zur Zeit andre Strömungen
bemerkbar. So ist z. B. in den betreffenden neuesten
Vorschriften bemerkt, daß rechtzeitig am richtigen Platze
hergestellte künstliche Deckungen der Truppe und
ihrer Führung wichtige, zuweilen unentbehrliche Dienste
leisten (selbst beim Angriff zur Festhaltung und Ver-
stärkung gewonnener Abschnitte), aber unter der Bedingung,
daß sie nur den Absichten der Führung dienen,
nicht umge-kehrt dazu gelangen, sie zu beherrschen.
Dies geschieht aber, wenn die Arbeit begonnen wird,
bevor die Absicht zweifellos feststeht. Verfrühte Verstärkung
des Geländes ist also geradezu schädlich und
hemmt die Bewegungsfreiheit. Es bedarf seitens des Führers
taktischer Schulung, um zu wissen, wo und
wann, nicht bloß wie man das Schanzzeug anwendet. Es
ist anzunehmen, daß in Zukunft die großen Ge-
legenheitsschlachten, welche im Feldzug 1870/71 eine
so große Rolle spielten (z. B. Wörth, Spichern, Col-
ombey-Nouilly, Mars la Tour), möglichst vermieden werden,
und daß der Angreifer sich bestreben wird, seine
Zwecke mit geringern Opfern zu erreichen. Die sich zum
Entscheidungskampf rüstenden Armeen werden da-
her nicht unterlassen, diejenigen Punkte des voraussichtlichen
Schlachtfeldes, welche sowohl beim Vor- als
beim Zurückgehen von besonderer taktischer Wichtigkeit
sein können, rechtzeitig zu verstärken; ein Warten,
bis die Absicht zweifellos feststeht, könnte leicht
verhängnisvoll werden, da, wie schon oben bemerkt, wider-
standsfähige Befestigungen zu ihrer Ausführung eine
erheblich längere Zeit als früher in Anspruch nehmen,
und da die Maßnahmen des einen Gegners sehr oft doch
von denen des andern abhängen, von zweifellosen
, lange vorher zu treffenden Anordnungen also keine
Rede sein kann. In der Defensive muß man also das
ausgewählte Schlachtfeld entsprechend dem wahrscheinlichsten,
bez. möglichen Verlauf des Kampfes be- festigen,
wobei den Führern überlassen bleiben muß, diese Befestigungen nur dann
zu besetzen, wenn dies im Interesse der Verteidigung
liegen sollte. Daß durch derartige Befestigungen die Bewegungsfreiheit
mög- lichst wenig beschränkt werden darf,
ist eine von einsichtigen Offizieren schon seit langen Jahren scharf
be- tonte Forderung. Handelt es sich z. B.
um die Befestigung eines von Ortschaften, Gehöften, Gehölzen und
Wasserläufen durchschnittenen hügeligen Geländes, so
wird es darauf ankommen, zunächst die eine gute
Feuerwirkung gestattenden Höhenzüge zur Hauptverteidigungsstellung
und zwar durch Einschneiden der Geschütze
sowie durch Anlage von ausgedehnten Schützengräben (möglichst in 2-3
Reihen übereinander) zur hartnäckigsten Verteidigung
vorzubereiten, und dieser Stellung, sei es durch Befestigung von kleinen
Dörfern, Gehöften und Gehölzen, sei es durch Anlage
von besondern, möglichst sturmfrei herzustellenden,
nach allen Seiten hin Front machenden Erdwerken, feste
Stützpunkte zu geben. Diese Stützpunkte müs-
sen deren Besatzung befähigen, sich beim heftigen Vorstoßen
des Gegners langer zu halten als die der
benachbarten Schützengräben und letztere selbst derartig
beherrschen, daß ein Festsetzen des einge-
drungenen Feindes in denselben verhindert, auch das
rechtzeitige Eingreifen heranrückender Reserven er-
möglicht werden kann. Während man früher diese Stützpunkte
in regelmäßigen Formen gestaltete (Lünette,
Flesche, Halbredoute), bestrebt man sich neuerdings,
sowohl den Grundriß als die Profilierung derart anzu-
ordnen, daß sich das Werk dem Gelände anpaßt und sich
gleichzeitig möglichst wenig vom Horizont abhebt.
Man wählt daher gern eine langgestreckte, in den Ecken
abgerundete Form mit niedrigen Traversen zur Sich-
erung der auf den Flanken stehenden Verteidiger gegen
Seitenfeuer. Gestatten es die Verhältnisse, so ist die
Bildung von Gruppenbefestigungen, wie solche neuerdings
für große Waffenplätze vielfach zur Ausführung ge-
bracht, bez. geplant sind, auch für die Befestigung
von Schlachtfeldern von großem Vorteil. Solche aus einzel-
nen befestigten Gehöften, Gehölzen, Schanzen, Schützen-,
Deckungs- und Verbindungsgräben zu bildende
Gruppen sind dann einem geschlossenen Truppenteil (Bataillon
oder Regiment) zur Besetzung und Verteidi-
gung zu überweisen, wobei die Besatzung jedes festen
Stützpunktes (Kompanie) den bestimmten Befehl er-
halten muß, sich nicht darum zu kümmern, was draußen
geschieht, ob die benachbarten Stellungen (sie mö-
gen befestigt sein oder nicht) behauptet oder aufgegeben
werden, ob der Feind das ganze Gefechtsfeld überf-
lutet und den Stützpunkt zur Insel macht; nur höherer
Befehl rechtfertigt das Aufgeben eines solchen Postens.
In der Behauptung der Stützpunkte liegt (wie lehrreiche
Beispiele in der Schlacht von Noisseville 31. Aug. 1870
beweisen) vor allem die Möglichkeit des Wiedergewinnens
der notgedrungen aufgegebenen Stellungen, bez.
des ganzen Schlachtfeldes. Von der früher so beliebten
Herstellung von ausgedehnten Fronthindernissen wird
man, da durch dieselben einerseits die Bewegungsfreiheit,
anderseits die Waffenwirkung bei den in der Regel
niedrigen Erhebungen der Feuerlinien sehr beeinträchtigt
wird, meistens Abstand zu nehmen haben, und dies
erscheint heute um so gerechtfertigter, als die modernen
Infanteriegewehre auf nähere Entfernungen in gerade-
zu vernichtender Weise wirken. Ein besonderes Gewicht
ist bei Einrichtung solcher Stellungen auf möglichst
gute Flankendeckung zu legen, da jeder Angreifer sich,
wie es z. B. am 18. Aug. 1870 bei St.-Privat der Fall
war, bestreben wird, dem in fester Stellung stehenden
Feinde die Flanke abzugewinnen, falls ein Frontalan-
griff zu große Opfer erfordern sollte. Vor der Hauptverteidigungs-fronte
noch ravelinartige feste Posten anzuor- dnen,
erscheint bedenklich, obgleich man sich im deutsch-französischen Kriege
noch vielfach in mangelhaft befestigten,
weit vorgeschobenen Posten schlug (z. B. le Bourget vor Paris). Man
wird derartige vorgeschobe- ne Posten nur
zur Sicherung der Vorposten in ihren feindwärts gelegenen Fronten leicht
befestigen, die Kehlen dagegen öffnen, um
dem Angreifer die Festsetzung in diesen Posten zu erschweren; rückt
der Feind mit star- ken Kräften vor, so müssen
derartige Posten in der Regel sofort aufgegeben werden. Hält man aber
ein solch- es Verfahren für unzulässig, so
beweist das nur, daß die Hauptverteidigungsstellung nicht richtig gewählt
ist und dieselbe mehr den Charakter
einer Reservestellung besitzt, deren Befestigung zwar manchmal erwünscht,
aber nicht immer erforderlich erscheint. Daß für die
Sicherung der Verbindungen in der gewählten Stellung
durch Herstellung von Kolonnenwegen, zahlreichen Brücken
über die Flußläufe, Telegraphenanlagen, Beobach-
tungsposten, Beleuchtungsvorrichtungen u. dgl. in ausgiebigster
Weise Sorge zu tragen ist, bedarf keiner weit-
ern Ausführung. Da ein Angriff auf eine gut gewählte
und stark verschanzte Stellung bei hellem Tage über das
freie Feld hinweg die schwersten Opfer erfordern, ja
sehr oft unmöglich sein wird (Gravelotte, St. Privat, Plewna),
so dürften in Zukunft nächtliche Unternehmungen eine
weit größere Rolle spielen als in den letzten Kriegen,
welche freilich außerordentliche Anforderungen an die
Führung sowie die Disziplin der Truppen erheischen.
Genaue Kenntnis der feindlichen Stellung und der zu
derselben führenden Wege, bestimmte Befehlsgebung,
eingehende Belehrung der Truppen, größte Ruhe, Zuteilung
zahlreicher Pioniere mit sogen. Sturmgerät, unter
Umständen auch mit elektrischen Scheinwerfern (welche
selbstverständlich erst dann in Thätigkeit zu treten
haben, wenn der Verteidiger den Angreifer entdeckt hat),
sind Grundbedingungen des Erfolgs. Wenn auch die
feindlichen Stellungen nicht beim ersten Anlauf ge-nommen
werden sollten, so wird doch sehr oft das Fest-
setzen in nahe vor der Hauptverteidigungslinie belegenen,
taktisch wichtigen Punkten gelingen, und es wird
dann darauf ankommen, diese Punkte zur hartnäckigsten
Verteidigung vorzubereiten sowie ausgedehnte
Schützengräben auszuheben, von welchen aus bei Tagesanbruch
das Feuergefecht eröffnet werden kann,
unterstützt von den rückwärtigen, gleichfalls einzuschneidenden
Batterien. Wenn künstlicher Rauch entwickelt
wird, so lassen sich derartige Befestigungen unter gewissen
Verhältnissen auch bei hellem Tage ausführen,
bez. verstärken. Bei weiterm Vorschreiten des Angriffs
werden die eroberten Stellungen in der Regel gleichfalls
zur Verteidigung vorzubereiten sein, so daß der ganze
Kampf in vielfachen Beziehungen mit einem beschleu-
nigen Angriff auf Festungswerke in Vergleich gezogen
werden kann.In neuester Zeit haben die der Feldbefestig-
ung zu Gebote stehenden Mittel einen wesentlichen Zuwachs
durch die mit leichten Schnellfeuerkanonen ar-
mierten Schumann-Grusonschen fahrbaren Panzerlafetten
erhalten, welche seitens der deutschen Armee be-
reits bei verschiedenen Stellungsbefestigungen (Küstrin,
Spandau, Korpsmanöver des 10. Armeekorps, Lötzen)
erprobt worden sind. Nachdem die im September 1890 vom
Grusonwerk angestellten Fahr- und Schießver-suche
mit derartigen Lafetten ergeben haben, daß die Transportfähigkeit
derselben den in Zukunft bei der Verteidigung
und dem Angriff allgemein zur Verwendung kommenden Festungskanonen,
Haubitzen und Mörsern mittlern Kali- bers
gleich zu schätzen, so ist anzunehmen, daß Verteidiger wie Angreifer
wenigstens bei an den Landesgren- zen geplanten
Schlachten und bei günstigen Boden-verhältnissen von dieser neuen Schutzwaffe
einen mehr oder weniger ausgedehnten
Gebrauch machen werden. |
|
FELDBEFESTIGUNGEN*
(2) |
|
Feldbefestigung, die Anlage von
Verteidigungseinrichtungen für die vorübergehenden Zwecke des Feldkriegs,
in kurzer Zeit und mit den an Ort und Stelle
vorhandenen Mitteln ausgeführt. Solche An-lagen macht man entweder
für einen einzelnen Gefechtstag, oder wie bei Einschließung
von Festun-gen seitens des Angreifers wie des Ver-
teidigers für die ganze Dauer der Einschließung, oder
auch zur Deckung einzelner Punkte an den Verbindungs-
linien nach rückwärts, der Bahnhöfe, Brücken, Etap-penorte
mit wichtigen Depots für die ganze Dauer des Kriegs.
Die zur Einrichtung des Gefechtsfeldes auszuführenden
Arbeiten gliedern sich in: Freilegen des Schußfeldes vor
der Fronte, Schaffen von Deckungen, Anlegen von Hindernissen
für die Annäherung des Gegners und Herstellen
von Verbind-ungen für die freie Bewegung der eignen
Truppen. Die Ausführung dieser Arbeiten erfolgt durch die
Truppen, welche sich in der vorbereiteten Stellung schlagen
sollen, unter Anleitung von Pionieren, welche nur die
eine spezielle technische Geschicklichkeit fordernden
Arbeiten allein auszuführen ha-ben. |
|
Das Freilegen (Rasieren) des
Schußfeldes muß erfolgen mindestens auf die wirksamste Schußweite des
Ge- wehrs, ca. 400 m, womöglich bis zur wirksamen
Tragweite der Geschütze, also 2 km; es besteht im Beseitigen
alles dessen, was dem Feinde Deckung geben kann, also
von Hecken, Zäunen, Mauern, Abstechen der Ränder
von deckenden Gräben, Ausfüllen von Vertiefungen mit
dem abge-hauenen Buschwerk etc. Starke Bäume an
Chausseen etc. sägt man an und läßt sie umgeknickt liegen,
da sie so wenigstens die Bewegungen der Reiterei
hindern. Außerdem markiert man die Entfernungen für
die eignen Schützen durch leicht sichtbare Zeichen an
Baumstämmen, Erd- oder Steinhaufen u. dgl. Bei der Notwendigkeit,
im Liegen und kniend zu schießen, ist oft
schon Getreide der Aussicht sehr hinderlich und muß
dann niedergetreten oder von Kavallerie nieder geritten werden. |
|
Das Schaffen von Deckungen ist
besonders von der verfügbaren Zeit abhängig. Sie werden herge-stellt
aus Erde, Holz, Strauch, Haus- und Wirtschaftsgerät
etc. Die Deckungen selbst sind entweder neu herzustellen, oder schon
vorhandene Gegenstände zu ausreichenden Deckungen zu
vervoll-ständigen, z. B. Hecken, Zäune, Mauern, Ge-
bäude, Dämme, Waldränder etc. Jede Deckung soll schützen
gegen Gewehr-, resp. Geschützfeuer, gleichzeitig
aber soll sie den Gebrauch der Schuß-waffe gestatten.
Bei wenig Zeit begnügt man sich mit der Herstellung be-
quemer Schießlager, einzelner Schützenlöcher oder längerer
Schützengräben, die jetzt in jeder Aufstellung zur
Verteidigung angelegt und deren Profilverhältnisse jetzt
nach dem "kleinen Spaten", mit dem der Mann arbeitet,
bestimmt werden (Spatenlänge = 0,50 m, davon Stiel 0,30
m, Spatenblatt 0,20 m lang, 0,15 m breit), so daß der
liegende Schütze Deckung findet und, das Gewehr auf
die vor ihm aufgeworfene Erde auflegend, bequem zielen
kann, ohne durch die niedrige Bewachsung des Bodens,
Gras etc. in der Aussicht behindert zu sein. Bei mehr
Zeit wird der Schützengraben verstärkt zur Anschlaghöhe
im Knieen und im Stehen, wobei die ausgehobenen
Gräben breit genug werden, daß auch die Soutiens hineinrücken
können. Die Stärke des Erdaufwurfs muß zur
Deckung gegen Gewehrfeuer 1-2 m, gegen Geschützfeuer
4 - 5 m, gegen anhaltendes Feuer noch mehr betragen.
Schüttet man Brustwehren höher an, so muß für die Schützen
ein Auftritt (Bankett) angelegt werden. |
|
Hecken und Zäune geben zunächst
nur Deckung gegen des Feindes Auge, werden aber durch das Anwerfen von
Erde und Ausbrechen von Zweigen zum Durchstecken des
Gewehrs, resp. das Durchschlagen von Geschütz-
scharten verteidigungsfähige Deckungen. Mauern sind
je höher, um so ungünstiger zur Verteidigung, denn dem
Geschützfeuer widerstehen sie nicht, und besetzt man
sie im Gewehrfeuer, so verletzen die Steinsplitter die Au-
gen der Schützen oft mehr als Geschosse. Man bedeckt
deshalb Mauern, über die man hinwegschießt, mit Ra-
sen etc. und besetzt sie erst, wenn das Artilleriefeuer
schweigt und Infanterie dagegen vorgeht. Vorhandene Lö-
cher werden als Schießscharten benutzt; bei genügender
Höhe werden auch solche nahe über dem Erdboden n
eu eingeschlagen, Schützen dahinter eingegraben und
so die Verteidigung in zwei Etagen geführt. |
|
Von Häusern gilt fast dasselbe.
Leicht brennbare Häuser besetzt man nicht gern. Wo nicht ein ganz einzeln
stehen- des Haus zu verteidigen ist, öffnet
man die rückwärtigen Wände zu freiem Verkehr; nach dem Feind zu versetzt
man die Thüren mit festen Barrikaden
etc., die Verbindung zwischen den Stockwerken wird durch Leitern an
geeigneten Stellen nach Aufschlagen
der Dielung vermehrt. Die Besatzung bleibt, bis das Artilleriefeuer
schweigt, womöglich hinter dem Haus
verdeckt. In größern Örtlichkeiten kommt zu diesen Einzelarbeiten noch
das Herstellen einer ge- schlossenen Lisiere
durch Sperren der Eingänge und offener Stellen. Barrikaden aus Wagen
ohne Räder, die mit Erde, Mist, Kartoffel-
oder Getreidesäcken beladen sind, Erdbrustwehren, Verhaue aus den im
Vorterrain gefällten Bäumen etc. sind
hierzu geeignete Mittel. Ferner befestigt man einzelne gut gelegene,
massive Gebäude im Innern, meist die Kirchen,
als Reduits, Punkte, die man behaupten will, auch wenn die eigentliche
Verteidigungslinie verlo- ren geht. An breiten
Straßen oder Gewässern, die den Ort durchstießen, richtet man eine zweite
Linie als Abschnitt wie die vordere ein. Endlich
wird die Verteidigungseinrichtung des Ortes vervollständigt durch das
Öffnen breiter Aus- gänge nach rückwärts für
die Bewegung der eignen hinter dem Ort stehenden Reserven, und damit
der eingedrunge- ne Feind im Ort keinen festen
Halt finde. Brücken, Hohlwege, Dämme etc., die der Feind beim Angriff
überschreiten muß, werden, wie Dorf-
und Waldeingänge, durch Brustwehren, Barrikaden oder Ver-haue gesperrt,
Brücken womög- lich zerstört und Dämme, die
man selbst nicht mehr braucht, durch Einschnitte unterbrochen. Wälder,
deren Baum- wuchs mehr Schutz gegen das Auge
als Deckung gegen Geschosse gewährt, werden durch Verhaue längs des
Ran- des unzugänglich gemacht; wo aber solche
Verhaue nicht an Abhängen oder in natürlichen Vertiefungen liegen, so
daß die Schützen darüber hinwegschießen können, geben
flache Schützengräben längs des Waldrandes eine vertei-
di-gungsfähigere Stellung. Bei mehr Zeit schreitet man,
wo die Bebauung und Bewachsung des Bodens keine An-
haltspunkte für die F. bietet, zur Anlage verstärkter
Schützengräben, d. h. solcher mit gedeckter Verbindung hinter
dem Schützenauftritt von besondern Deckungsgraben für
die weiter rück-wärts stehenden Soutiens, beide Arten Grä-
ben auch mit Unterständen, die aus Balken gebildet und
mit Erde überschüttet sind, in ausgedehntern Stellungen
auch zur Einrichtung einzelner selbständiger Posten
für je eine Kompanie. Die festesten Punkte des Gefechtsfeldes
endlich werden durch Ge-schützeinschnitte oder
förmliche Feldschanzen, welche schon durch ihre Lage den Angriff
des Feindes gewissermaßen auf sich ziehen sollen, verstärkt.
Der Grundriß derselben wird so gelegt, daß von ihnen
aus nach der Angriffsrichtung ein möglichst starkes
Feuer abgegeben werden kann. Hinter Dämmen, Brücken, oder
wo nur eine Angriffsrichtung möglich ist, genügt die
gerade Linie; wo man von mehreren Seiten bedroht werden kann,
bricht man die Linie zur Flesche, Lünette oder
zur hinten offenen Halbredoute oder man schließt sie ganz zur Re-
doute. Künstlichere Formen wendet man im Feld nicht
an. Die Länge der Linien richtet sich nach dem Terrain, die
Gesamtlänge der Brustwehr der Schanze aber nach der
Stärke ihrer Besatzung. Man rechnet dabei einen Schritt
Feuerlinie für jeden Mann und bestimmt nicht gern mehr
als etwa 300 Mann für eine Feldschanze; F. mit oder ohne
Forts und Sperrfort; ihre Wichtigkeit kann durch den
Krieg und ihr Verhalten in demselben bedingt werden. In Deutsch-
land werden die Festungen nur in solche mit Armierung
erster oder zweiter Ordnung eingeteilt. Die erstern sind zur
Verteidigung gegen eine förmliche Belagerung, letztere
nur gegen einen gewaltsamen Angriff ausgerüstet; maßge-
bend hierfür ist die strategische Wichtigkeit der F.,
die ihrerseits von den Wandlungen der politischen Verhältnisse
stark beeinflußt wird. In dieser Beziehung haben die
Festungen Schlesiens verloren (Kosel, Schweidnitz, Silberberg
sind eingegangen), die in Preußen gewonnen (Posen, Thorn,
Lötzen, Königsberg.). Die Ansichten über die für di
e Verteidigung eines Landes erforderliche Anzahl Festungen
sind verschieden. Während Deutschland sich für die An-
lage weniger, aber großer Festungen, deren strategische
Bedeutung durch ihre Grenzlage gegen Frankreich und Ruß-
land augenfällig ist, und welche für die Offenfivbewegungen
der Feldarmee sichernde und fördernde Ausgangs- und
Stützpunkte sind, entschied, hat Frankreich ein vollständiges
Absperrungssystem durch die Anlage zahlreicher Sperrf-
orts und großer Festungen längs seiner Ostgrenze und
durch eine zweite Reihe großer Festungen in dem Raum zwi-
schen der Grenze und Paris mit dem Kostenaufwand von
etwa einer halben Milliarde zur Ausführung gebracht, in wel-
chem Paris, das Zentrum des Systems, für sich ein Komplex
von Festungen ist. Abgesehen von den ungeheuern Bau-
und Unterhaltungskosten eines solchen Landesverteidigungssystems,
erfordert die kräftige Verteidigung so vieler Fest
ungen auch entsprechend große Streitkräfte (in Frankreich
gegen 500,000 Mann), die den Feldarmeen zum großen Teil
verloren gehen. Dieses System zwingt also zur Führung
eines Defensivkriegs. Ein Volk, in welchem offensiver Geist
lebt, wird in der Ausdehnung der Befestigungsanlagen,
die immer einem gewissen Gefühl der Schwäche entspringen,
Maß halten. Viel umstritten ist auch die Frage, ob die
Landeshauptstadt zu befestigen ist. Im Altertum war die Haupt-
stadt jedes größern Reichs (Babylon, Ninive) eine F.,
mit welcher in der Regel die Selbständigkeit des Volkes stand
und fiel (Karthago, Jerusalem). In der Neuzeit hat sich
diese Ansicht geteilt. Rom, Paris sind Festungen, Berlin, Wien
nicht. |
|
Soll eine F. ihre Aufgabe erfüllen
können, so muß sie sturmfrei, d. h. gegen einen gewaltsamen Angriff
mit Leiterer- steigung ohne förmliche Belagerung
gesichert sein, sie muß unter den günstigsten Be-dingungen den Gebrauch
der Waffen, überhaupt die Verteidigung ermöglichen und
für alle Streit-kräfte, Streit- und Lebensmittel eine gegen
feindliche Zerstörung gesicherte Unterkunft bieten.
Diese Anforderungen an eine F. waren zu allen Zeiten im gros-
sen und ganzen die gleichen, nur war die Art und Weise,
wie ihnen entsprochen wurde, verschieden, da hierfür die
jeweilige Art der Verteidigungs- und Angriffswaffen
maßgebend war. Aus dieser Wechselwirkung gingen nach und
nach die vielen Befestigungssysteme hervor. Den einfachen
Pfahlwerken, den Erd- und Steinwällen folgten die Mau-
ern, die an Dicke und Höhe mit der Zerstörungskraft
der Angriffsmaschinen zunahmen. Die Krone der Mauer diente
als Aufstellungsraum für die Verteidiger, auf Pfeilschußweite
vorspringende Türme zu ihrer Flankierung. Eine Brüst-
ungsmauer am vordern Rand, später mit Schießschlitzen,
Zinnen, ver-sehen, deckte die Verteidiger. Um auch die
äußere Mauerfläche bestreichen, den an ihr aufklim-menden
Feind bekämpfen zu können, ließ man auf der Krone
große Hausteine vorkragen und setzte auf diese die Brüstung,
so daß man zwischen ihr und den Kragsteinen hin-
durch die Mauerflucht be-streichen konnte; so entstanden
die Senkscharten oder Maschikulis. Die Erfindung der
Widder führte zur Verstärkung der Mauer an der Innenseite
durch Strebepfeiler, die anfangs mit Balken überdeckt,
später überwölbt wurden, wodurch Bogengänge und Kasematten
entstanden. Die Ägypter, Assyrer, Perser haben
großartige Befestigungen in dieser Weise ausgeführt.
Thapsos an der Nordküste Afrikas hatte im 9. Jahrh. v. Chr.
bereits eine dreifache Umwallung, deren innere Mauern
schon mehrere Stockwerke in Kasematten zeigten (vgl.
Jähns "Atlas zur Geschichte des Kriegswesens",
Blatt 9, Berl. 1880). Großartig waren die Befestigungen der Rö-
mer, die auch eine kluge Anpassung an das Terrain erkennen
lassen, wie z. B. in Pompeji. In Deutschland ent-
wickelten sich aus ihnen, vielfach auf ihren Fundamenten
und unter Benutzung ihrer Mauerreste, die Städtebefesti-
gung und die Ritterburg ( Burg). Beide bestanden aus
einer 2 - 3 m starken frei stehenden Mauer mit Zinnenkrö-
nung, meist ohne Graben davor, aber von solcher Höhe,
daß sie sturmfrei war. Etwa im Abstand von 40 m vor-
springende Türme gewährten ihnen Flankierung. Vor die
Thore legte man häufig halbmondförmige Waffenplätze,
gleichzeitig zur Deckung und als Sammelplätze für Ausfalltruppen
dienend. Die Einführung der Geschütze for-
derte bald bedeutende Umgestaltungen. Um die ungedeckten
Festungs-mauern der Zerstörung durch Geschütz-
feuer aus der Ferne zu entziehen, versenkte man sie
unter den Bauhorizont, indem man einen breiten und tiefen
Graben vor ihnen aushob und die aus ihm gewonnene Erde
hinter der Mauer zu einer deckenden Brustwehr mit
Wallgang dahinter aufschüttete, um Platz für die Aufstellung
der Geschütze zu finden, den die schmale Mauer-
krone nicht bieten konnte. Auch die Türme mußten zur
Aufnahme von Geschützen erweitert, konnten aber der
größern Schußweite wegen weiter auseinander gestellt
werden. Sie wurden nun Basteien oder Rondelle genannt,
aus denen später nach Entwickelung des Geschützwesens
die Bastione hervorgingen. Veranlassung boten die
Kriege Anfang des 16. Jahrh., welche die Befestigung
zahlreicher Städte in Italien notwendig machten. Es ent-
stand die altitalienische Manier (Fig. 1), in welcher
Micheli 1527 Verona befestigte. Die senkrecht zum Mittelwall
(Kurtine) stehende Flanke c des Bastions a war zur niedern
Grabenbestreichung halb zurückgezogen; das kleine
Mittelbastion b deckte die lange Kurtine, diese flankierend.
Nächst Micheli war Tartaglia Hauptvertreter dieses
Systems, welches gegen das 16. Jahrh. durch Cataneo
(1570) und Marchi (1599) dadurch wesentlich verbessert
wurde, daß sie die Bastione erheblich vergrößerten,
zur Hauptgeschützaufstellung in dieselben einen überhöhen-
den Kavalier, vor die Kurtine das diese deckende Ravelin
b und vor die Kontreskarpe den gedeckten Weg g mit
den Waffenplätzen w legten, vor denen das 2 m hohe Glacis
sich gleichmäßig abböschte. Die Eskarpe erhielt
7,5 m Höhe. Das Bastionärsystem war hiermit in allen
wesentlichen Teilen hergestellt. Aber auch Deutschland
besaß in Albrecht Dürer einen genialen Kriegsbaumeister,
der in seinem Werk "Etliche Unterricht zu Befestigung
der Stadt, Schloß und Flecken" (Nürnb. 1527) Festungspläne
entwarf, die bereits die Grundzüge enthalten, aus
denen sich die deutsche Befestigung des 19. Jahrh. entwickelt
hat. Sein Hauptwall von polygonalem Grundriß
wurde durch kasemattierte Bastione flankiert, wie er
denn auch bombensichere Geschütz- und Wohnkasematten
in ausgedehntester Wie-se, sogar kasemattierte Turmforts
anwendet, deren Gräben durch Galerien a und Kapon-
nieren be-strichen werden. Wien, Padua u. a. O.
wurden nach seinen Vorschlägen befestigt. Ähnliche Grund-
sätze unter Anwendung großer Bastione und Ravelins bei
vollständiger Deckung des Mauer-werks befolgten
Speckle (gest. 1589) und Rimpler (gest. 1683) und der
ältere Landsberg (1648), der zuerst den tenaillierten Grund-
riß anwendet. Durch Anlage von Abschnitten und Reduits
suchten sie die innere Verteidigung und durch eine ram-
penförmige Kontreskarpe die Offensive (Ausfälle) zu
begünstigen. Eine eigenartige Anwendung fand die italienische
Manier in den Niederlanden. Während des Kampfes gegen
die spanische Herrschaft mußten schnell Befestigungen
hergestellt werden. Die Grundwasserverhältnisse des
Landes nötigten dazu, hinter breiten Wassergräben Erdwälle
ohne Mauerbekleidung auszuführen und zur niedern Bestreichung
des sehr breiten Grabens vor den Hauptwall noch
einen Niederwall (Faussebraie) zu legen. In den Hauptgraben
legte man noch zahlreiche Außenwerke und vor den-
selben den gedeckten Weg. Diese Befestigungsmanier wurde
von Freitag 1630 beschrieben und unter Festhaltung
ihrer Grundzüge von Coehoorn (schrieb 1685) in Rücksicht
auf eine offensive und abschnittsweise innere Verteidi-
gung im Sinn seines Zeitgenossen Rimpler wesentlich
verbessert. Er gab dem Hauptgraben G zwischen dem Haupt-
wall A und dem Niederwall R eine Breite von 30 m, gemauerte
Eskarpe und Kontreskarpe, letzterer eine Reversgalerie
S zur niedern Grabenbestreichung, um hier den eingedrungenen
Feind noch hartnäckig bekämpfen zu können. Vor
den Niederwall R, von ihm durch einen breiten nassen
Graben getrennt, legte er die Couvreface C, vor dieselbe aber-
mals einen nassen Graben und davor einen breiten gedeckten
Weg W, um so eine stufenweise Verteidigung zu er-
möglichen. Das Festsetzen in diesen Werken wurde dem
Angreifer dadurch erschwert, daß gedeckter Weg und
Hauptgraben bis nahe zum Grundwasserspiegel versenkt
waren. Die französische Befestigung, durch das unter
Heinrich IV. von Sully begründete Ingenieurkorps entwickelt,
hatte im allgemeinen von den Italienern das Profil, von
den Holländern den Grundriß entlehnt. Nach den Ingenieuren
Errard de Bar-le-Duc ("La fortification démontrée", 1604)
und Graf Pagan trat der vielgefeierte Kriegsbaumeister
Vauban auf (gest. 1707), der in langem, thatenreichem Leben
53 Belagerungen leitete,33 Festungen neu baute und etwa
300 verbesserte. Vauban wählte seine Formen, ohne sich
zu sehr an feste Regeln zu binden, stets mit Rücksicht
auf das Terrain; im allgemeinen lassen sich aber drei Manieren
unterscheiden, nach denen die meisten ältern Festungen
gebaut sind. Man nennt die Linie die Polygonseite, gewöhn-
lich 300 - 380 m lang. Der Hauptgraben erhält 36, der
Ravelingraben 24 m Breite. Der gedeckte Weg wird vor den aus-
springenden Winkeln abgerundet und ist mit Traversen
versehen, die Grabenschere ist in der Richtung der verlängerten
Bastionsfacen angelegt. Vauban verringerte zunächst
die Grabentiefe; da hierdurch die Eskarpenmauer an Deckung
verlor, machte er dieselbe niedriger und verlor damit
an Sturmfreiheit. Die wichtigste Änderung im Grundriß der spätern
Manieren war Absonderung des Bastions vom Hauptwall,
so daß nur ein 11 m hoher Kavalier oder ein sogen. bastionier-
ter Turm mit diesem in Verbindung blieb, das Bastion
aber isoliert davorlag. Vauban, hauptsächlich im Angriff erfahren,
fand bald selbst die Schwächen seiner Bauten und stellte
in seinem Angriffssystem sogar die Zahl der Tage fest, bin-
nen deren jede Festun g erliegen müsse. Seine Nachfolger,
namentlich Cormontaigne und die Schule von Mézieres
(gestiftet 1750), fuchten das Bastionärtracee zu verbessern
durch vollständige Deckung des Mauerwerks, Schaffen
von Reduits und Hohlräumen, letztere zunächst als Galerien
zur Gewehrverteidigung. In Schweden wurden von Carl-
berg (1755) und Röök (1766), dann aber vorzüglich vom
General Virgin (1781) interessante sortifikatorische Vorschläge,
hauptsächlich zur Verbesserung des Bastionärsystems,
gemacht. Inzwischen hatte schon 1707 der Niederländer Lands-
berg der jüngere (die Vorschläge früherer Ingenieure
benutzend) das Tenaillensystem durch mehrere Entwürfe begründet.
Aber dem Grafen Montalembert (gest. 1800) war es vorbehalten,
diesen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. Er will Ver-
werfung der Bastione, nur Tenaillen- und Polygonalbefestigung,
zahlreiche zweckmäßig konstruierte Defensionskase-
matten, Vereinigung großer, den Angriffsbatterien weit
überlegener Geschützmassen an den entscheidenden Punkten,
solide permanente Abschnitte (kasemattierte Türme),
konstruierte neue Tenaillen-, Poly-gonal- und Kreisbefestigungen
und verschiedene Arten detachierter Forts zur Verstärkung
der Plätze. Nachdem Moucé, Bousmard und Chasseloup
nochmals Verbesserungen für das bastionierte System
vorgeschlagen hatten, brachte Carnot in seinem auf Napoleons I.
Aufforderung geschriebenen Werk über die Verteidigung
fester Plätze 1810 verschiedene neue Vorschläge. Dieselben
bezweckten, zahlreiche starke Ausfälle für den Belagerten
namentlich auch dann noch zu ermöglichen, wenn der Feind
bereits das Glacis erreicht hat, und Überschüttung der
gegen diese Ausfälle vorrückenden feindlichen Trancheewachen
mit Wurffeuer. Erreicht sollte dieses werden durch Umwandlung
der gemauerten steilen Kontreskarpen in ein rampen-
artiges Glacis en contrepente und durch Anlage von kasemattierten
Mörserbatterien. Auch Vorschläge für Tenaillen-Bef-
estigung machte Carnot. Die neuesten französifchen Systeme
sind die von Haxo (1826) und Choumara (1827) für kase-
mattierte Bauten. Die seit 1830 vom Generalleutnant
Fleury geleitete Befestigung von Lyon und die unter der Direktion
des Generals Dode de la Brunerie ausgeführte Befestigung
von Paris bestehen aus der bastionierten Stadtenceinte und
einer Anzahl detachierter Forts, meist bastionierter
Fünfecke. Die Franzosen bedienten sich bei Ausführung ihrer Bauten
fast stets des Bastionärsystems, waren bis 1870 entschiedene
Gegner der Polygonalbefestigung und haben deshalb die
sogen. neupreußische Befestigungsmanier heftig angegriffen
(Mangin). In Preußen wurden schon seit 1715 unter Leitung
Wallrawes tenaillierte Anlagen mit niedriger Eskarpen-,
aber hoher Kontreskarpenmauer mit schma-len, tiefen, von Re-
versgalerien flankierten Gräben und mit Blockhäufern
im gedeckten Weg sowie Kasematten zur Unterbringung der Trup-
pen gebaut. Nach Wallrawes Tod (1748) ordnete Friedrich
d. Gr. die Bauten oft selbst an, so in Neiße, Schweidnitz,
Glatz, Silberberg und Graudenz, und im Gegensatz zu
den Franzosen überall mit kasemattierter Grabenflankierung,
auch kasemattierten Batterien ca. 500 m vom Glacis zur
Beherrschung des Vorterrains, ferner mit gedeckten Unter-
kunfts-räumen im Hof der Werke, Abschnitten und Reduits,
mehrfach selbständigen Werken in der Haupt-umfassung
nach tenailliertem Grundriß mit Reverskaponniere, tenaillierter
Enveloppe, deren Graben als gedeckter Weg dient mit
Blockhäufern und Konterminensystem, zwei solche Forts
ca. 1300 m voneinander entfernt, kleinere einfache, fünfseitige
Redouten in der Mitte dazwischen zur Bestreich-ung der
langen, geraden Walllinien, ja schon mit detachierten Forts und
Unterbringung der Besatzung in Kasematten sowie stets
mit Einrichtung des gedeckten Wegs zur aktiven Verteidigung.
Die Vorschläge von Montalembert und Carnot sowie die
Gedanken der ältern deutschen Ingenieure (Dürer, Speckle etc.)
fanden bei fortschreitender Verbesserung der Feuerwaffen
die aufmerksamste Beachtung. So entwickelte sich in der er-
sten Hälfte des 19. Jahrh., hauptsächlich durch die
Generale v. Aster, v. Brese und v. Prittwitz, die sogen. neupreußische
Befestigung (Fig. 10). Die großen Neubauten von Koblenz,
Köln, Posen und Königsberg (v. Brese), Linz, Verona, Mainz,
Rastatt, Ulm (v. Prittwitz), Germersheim und Ingolstadt,
zuletzt Spandau (v. Mertens) etc. sind schon zum Teil in der Art
angelegt. Grundgedanke des Systems ist: Möglichkeit
der Verteidigung durch geringe Besatzung und Begünstigung der
Offensive zur Verwendung größerer Truppenmassen auf
vorbereitetem Kampffeld. Letzterm diente ein Gürtel von 500 bis
etwa 800 m vorgeschobenen Forts. Vermieden wurde ein
ängstliches Kleben an bestimmtem System; man bediente
sich zwar vorzugsweise des Kaponnieresystems, aber auch
des bastionären, wie es gerade für den vorliegenden Fall
das Terrain und sonstige Umstände erheischen. Die Grundlage
der regelmäßigen Polygonalfronte ist eine Linie von ca.
800 m, mit einer großen mehrstöckigen Kaponniere K als
Reduit und Abschnitt in der Mitte, die Linie unter Umständen
leicht nach innen oder nach außen gebrochen, die Kaponniere
durch ein großes Ravelin R gedeckt, dessen Graben,
bestrichen durch kasemattierte Batterien B, im Hauptwall
A mit der verteidigungsfähigen, meist frei stehenden Eskarpen-
mauer E E zusammenhängt. Zur Unterstützung des Geschützkampfes
dienen kasemattierte Mörserbatterien M M in den
ausbringenden Winkeln. Die Verteidigungseinrichtung
der Eskarpenmauer E E dient zur Bekämpfung des Gegners auf
dem gedeckten Weg und im Graben. Blockhäuser P P bestreichen
den erstern. Die detachierten Forts sollten die An-
griffsarbeiten weiter in das Vorfeld hinausschieben.
Ihr Grundriß ist meist der einer stumpfen Lünette (Fig. 11), mit Gra-
benkaponnieren und Reduit, ähnlich den Festungsfronten,
ausge-stattet. Im Profil ist bei allen Werken vollständige Deck-
ung des Mauerwerks gegen Sicht von außen, jedoch nicht
gegen den indirekten Schuß, nötigenfalls durch Vertiefung der
Gräben und höhere Anschüttung des Glacis, erreicht.
Die gemauerte Eskarpe ist stets sturmfrei. Die Kaponnieren gestat-
ten aus ihren Stockwerken die Grabenverteidigung durch
Geschütz- und Gewehrfeuer, während Geschütze auf der obern
Erddecke in das Vorterrain wirken. Gleichzeitig bergen
sie Besatzung und Ausrüstung und sollen auch nach Wegnahme
der vorliegenden Werke noch längere Zeit haltbare Punkte
sein. Die Neubauten der Engländer, Russen, Dänen, Schwe-
den, Holländer, Türken etc. gehö-ren fast sämtlich dem
Prinzip der deutschen Schule an. Der Umbau der Festung Ant-
werpen durch Brialmont übertrug die neuen Befestigungsgrundsätze
nach den Niederlanden, wo wieder Erdbau mit 60 -
100 m breiten nassen Gräben die Verteidigungslinie bildet
und Mauerwerk nur zu den Kaponnieren und Kasematten ver-
wendet ist. Hier auch fand zuerst Eisenbau in Panzerdrehtürmen
bei der Landbefestigung Anwendung. Neben einfachem
Grundriß der durch Inundation gedeckten Fronten ist
besonders der Grundriß der geschlossenen detachierten Forts zu
bemerken. In gepanzerter Drehkuppel stehende Geschütze
beherrschen das Vorterrain. Bald indes machte sich der Ein-
fluß der gezogenen Geschütze, namentlich durch die Überlegenheit
ihres indirekten Feuers, durch welches alles bisher
erbaute Mauerwerk schon aus größerer Ferne zerstört
werden konnte, geltend; die Erfolge der deutschen Belagerungs-
artillerie im Krieg 1870/71 lieferten den Beweis hierfür
und riefen eine neue Epoche im Festungsbau hervor. Die Zweck-
losigkeit kleiner Festungen ohne vorgeschobene Forts,
wenn ihre Verteidigungsfähigkeit nicht durch ihre Lage auf Hö-
hen etc. sich gründete, war ebenso erkannt wie die Unentbehrlichkeit
großer Festungen mit weit von der Hauptumwall-
ung abliegenden Forts als Stützpunkte für die Operationen
großer Armeen. Die Forts sollen durch ihre vorgeschobene
Lage ein Bombardement der Stadt erst dann möglich machen,
wenn der Angreifer dieselben genommen hat oder bis
in ihre Nähe vorgedrungen ist. Anfänglich ging man,
in der Furcht vor der Möglichkeit eines Bombardements, hierin
sehr weit. Die Franzosen haben viele Forts 6 - 7 km,
bei Paris sogar bis 15 km vor die Hauptenceinte vorgeschoben.
Man hat dieses Maß später wieder auf 4 - 5 km vermindert,
sowohl in Rücksicht auf die einheitliche Leitung der Ver-
teidigung, als darauf, daß für eine nachhaltige Verteidigung
so großer Festungen selten die erforderlichen Feldtruppen
und Fußartillerie zur Verfügung stehen werden. Die Forts
sollen gewissermaßen die Kernpunkte für eine zweite En-
ceinte bilden, deren Zwischenräume erst bei der Verteidigung
durch Armierungswerke u. Zwischenbatterien geschlos-
sen werden. Der Hauptwall soll unter Fortfall aller
Vor-, Außen- u. innern Werke (Reduits) aus möglichst wenig ge-
brochenen, unter stumpfen Winkeln zusammenstoßenden
Fronten, die ihre Flankierung durch Kaponnieren erhalten,
bestehen und durch gemauerte Eskarpen und Kontreskarpen
Sturmfreiheit erhalten. Die auf 4 - 7 km vorgeschobenen
Forts werden auf Punkten erbaut, die für die Verteidigung
besonders wichtig und günstig sind. Sie haben die Form
einer stumpf-winkeligen Lünette mit einer durch ein
Kehlkasernement in Form einer bastionierten Fronte geschlos-
senen Kehle, so daß sie von allen Seiten sturmfrei sind.
In dem Fort müssen die ganze Besatzung sowie das ge-
samte Verteidigungsmaterial bombensichere Unterkunft
finden und alles Mauerwerk gegen Artilleriefeuer unter 15°
Fallwinkel gedeckt sein. Die Besatzung wohnt in der
zweistöckigen Kehlkaserne, das Artilleriematerial lagert im
Saillantkasemattenkorps, wo auch das Laboratorium eingerichtet
ist; die Pulvermagazine liegen in der großen Kapi-
taltraverse oder unter den Flanken. Die Geschosse
werden durch Hebevorrichtungen aus den unter dem Walle lie-
genden Geschoßmagazinen nach Hohltraversen gehoben,
die auf dem Wallgang liegen und die zwischen ihnen
stehenden Geschütze gegen Rikoschettfeuer decken. Vom
Kehlthor führt durch die Kapitaltraverse eine Poterne bis
zur Saillantkaponniere, wie denn überhaupt der gesamte
Verkehr innerhalb der Hohlräume des Forts durch Poternen,
Galerien und Treppen vermittelt wird. Die Forts sind
mit 24 - 36 Geschützen armiert, die Kampfgeschütze stehen auf
offenem Wall, die zur Grabenbestreichung in der Saillant-kaponniere
und der Flankenbatterie der Kehle; die Gräben
vor den Flanken werden von den beiden Schulterkaponnieren
durch Infanterie verteidigt. Die neuern Forts haben, na-
mentlich in Frankreich, in der Regel noch einen Niederwall
für Infanterieverteidigung. Die frei stehende Mauer am Fuß
der Eskarpe ist nur Hindernismauer, nicht verteidigungsfähig.
Der gedeckte Weg bildet nur noch einen schmalen Ron-
dengang. Häufig ist das Glacis vor den Flanken in der
Richtung der Kehle zum sogen. Anschlußglacis verlängert, in
dem bei der Armierung eine Anschlußbatterie erbaut wird.
Bei besonders wichtigen Forts werden letztere im Frieden
schon vorbereitet und erhalten ein permanentes Verbrauchs-Geschoß-
und Pulvermagazin mit Geschoßhebevorrich-
tung und Munitionsfördertraverse in der Batterie. Zu den Magazinen führt
eine in der Höhe der Kehlgrabensohle liegen-
de Galerie, so daß die Munitionsversorgung auf einem
von der Kehlkaserne ausgehenden Fördergeleise geschehen
kann. Panzertürme stehen meistens in den Schulterpunkten
der Forts. An besonders wichtigen Punkten werden bei
großem Abstand der Forts in dem Intervall Zwischenwerke
in Form breit abge-stumpfter Fleschen, permanent und
sturmfrei, erbaut, die, mit einigen (meist 4) leichten
Kanonen armiert, nur Stützpunkte für die Infanterie bilden, aber
nicht am Geschützkampf sich beteiligen sollen. Nur unter
besondern Verhältnissen werden sie auch mit Kampfge-
schützen ausgerüstet. Die Forts sind mit der Hauptfestung
und unter sich durch chaussierte Wege (Ringstraße) und
telegraphisch durch unterirdische Kabel verbunden. In
neuerer Zeit hat man in Frankreich Reims und Dijon, in Rußland
Kowno und Warschau, in Italien Rom nur mit einem Gürtel
von Forts befestigt, die eigentliche Stadtumwallung aber
ganz fortgelassen. Man ist dort der Ansicht, daß der
Verteidiger einer Festung moralisch und physisch zu erschöpft
und zu einem weitern Widerstand nicht mehr befähigt
sein wird, wenn der Belagerer die Forts genommen hat; an eine
Verteidigung der Stadtumwallung kann also nicht mehr
gedacht werden, weshalb sie entbehrlich ist. Dem wird in
Deutschland entgegengesetzt, daß die Forts allein die
F. nicht sturmfrei machen, denn einem mutigen Angreifer kann
es wohl gelingen, zwischen Forts hindurch in die Stadt
einzudringen. Erfahrungen stehen hierüber noch nicht zur Seite.
Aber auch in andrer Beziehung scheint eine abermalige
Umwälzung dadurch in Aussicht gestellt, daß bei dem außer-
ordentlich wirksamen Feuer aus gezogenen Mörsern und
kurzen Kanonen eine Verteidigung auf offenem Wall nicht
lange durchzuführen sein wird, und daß gegen die Sprengwirkung
unserer heutigen schweren Granaten sämtliche
Hohlbauten unserer Forts nicht standhalten, also nicht
mehr hinreichenden Schutz gewähren. Welche Formen und
Einrichtungen ein Fort der Zukunft aber hiernach erhalten
wird, läßt sich jetzt noch nicht absehen. Einen eigentümlich-
en Charakter haben die französischen Sperrforts erhalten,
um ihre besondern Aufgaben erfüllen zu können. Sie sollen
aus dem Nachbarland, namentlich Deutschland, kommende
Eisenbahnlinien derart unter Geschützfeuer nehmen, daß
sie vom Feind nicht eher benutzt werden können, bevor
er nicht Herr der Forts geworden. Da es Frankreich, wie man
dort meint, niemals gelingen wird, die Mobilmachung
seiner Armee ebenso schnell zu vollenden wie Deutschland, so
sollen die Sperrforts das Vordringen der deutschen Armeen
aufhalten und dadurch der französischen Armee Zeit ver-
schaffen, ihre Mobilmachung und ihren Aufmarsch ungestört
durchführen zu können. Die Sperrforts liegen isoliert in
Abständen von etwa 7 - 9 km längs der deutschen Grenze,
sind also nicht auf die Unterstützung einer dahinterliegen-
den F., sondern auf sich selbst angewiesen, müssen somit
nach allen Richtungen hin verteidigungsfähig sein und ha-
ben deshalb die Form eines regelmäßigen Sechs-ecks erhalten.
Die ganze Besatzung von 400 bis 600 Mann findet in
ihnen gedeckten Wohnraum, das ganze Verteidigungsmaterial,
alle Lebensmittel u. sonstigen Vorräte sind im Fort
selbst bombensicher untergebracht. Der Hofraum, eigentlich
nur ein Lichthof, vermindert durch seine Kleinheit die Ge-
fahr für die ihn begrenzenden Kasernen, durch feindliches
Geschützfeuer frühzeitig zerstört zu werden. Auch die Grä-
ben sind möglichst schmal, 10 - 12 m breit und 8 - 10m
tief, um das Breschieren der Eskarpenmauer durch den in-
direkten Schuß möglichst zu erschweren. Die meisten
Forts haben im gefährdetsten Schulterpunkt einen Panzerdreh-
turm erhalten, der mit eineroder zwei 15 oder 21 cm
Kanonen armiert ist. Sie sind im ganzen mit 30 - 40 Kampfges-
chützen, außerdem zur Grabenbe-streichung mit Mitrailleusen
ausgerüstet. Größere Sperrforts an besonders wichtigen
Punkten haben noch eine oder zwei permanente Annex-
(Anschluß-) Batterien, auch eine Armierung bis zu 60 Geschüt-
zen u. etwa 1000 Mann Besatzung erhalten. Befindet sich
eine F. bei ausbrechendem Krieg noch im Neubau, und bleibt
keine Zeit, sie nach den Grundsätzen der permanenten
Befestigung zu vollenden, so wird man die angefangenen Werke
mit einfachern Mitteln, statt in Mauerwerk unter Verwendung
von Eisen, Holz, Beton und Erde, in möglichst gleicher
Weise zu Ende führen. In derselben Art wird man noch
nicht begonnene Forts oder überhaupt solche Punkte, deren
Besitz dem Angreifer von großem Wert sein könnte, die
aber im Frieden aus ökonomischen oder andern Gründen unbe-
festigt blieben, befestigen. Solche Anlagen heißen provisorische
Befestigungen; sie sollen in Bezug auf Verteidigungs-
vermögen und Widerstandsfähigkeit permanenten Bauten
möglichst nahe kommen und müssen deshalb sturmfrei sein.
Da dies durch Tiefe und Mauerbekleidung des Grabens
nicht erreicht werden kann, so müssen Hindernismittel, nament-
lich Drahtgeflechte und Verhaue, Ersatz bieten. Auf
die Grabenflankierung aus Kaponnieren in Holzbau mit derselben
Verteilung wie bei permanenten Forts wird man jedoch
heute noch nicht verzichten können, obgleich ein zweckmäßi-
gerer Ersatz für dieselben erwünscht wäre. Vielleicht
bietet ihn die Zukunft durch Eisenbau und Revolverkanonen. In
der Regel wird man auch den provisorischen Forts und
Zwischenwerken im Grundriß die Form einer Lünette geben. Im
übrigen muß die ganze Besatzung und Munition auch bombensichere
Unterkunft erhalten. Es kann sogar notwendig
werden, im Rücken einer Armee in dieser Weise festungsähnliche
Stützpunkte (Positionsbefestigungen oder proviso-
rische Festungen) herzustellen, wie es 1813 und 1866
bei Dresden und im russisch-türkischen Krieg 1877-1878 um
Plewna, hier mit großem Erfolg, geschehen. Eine eigentümliche
Art permanenter Befestigung bilden die Küstenbefesti-
gungen und zwar deshalb, weil sie gegen die See wirken
und von Kriegsschiffen angegriffen werden, daher sich nicht
gegen Belagerungen mit allmählich näher rückendem Angriff,
wie Landfestungen, zu verteidigen haben. Als befestigte
Küstenpunkte sollen sie feindlichen Schiffen die Benutzung
von Häfen, Reeden, das Einlaufen in Flußmündungen,
Meerengen etc. verwehren; da sie nur eine Beschießung
von Schiffen, keinen förmlichen Angriff (Belagerung) zu erwar-
ten haben, so werden sie meist als offene Erdwerke,
Strand- oder Küstenbatterien, aber grundsätzlich nur für schwere
Geschütze, Küstengeschütze, deren kleinstes Kaliber
die 15 cm Kanonen sind, derart erbaut, daß jedes Geschütz
zwischen zwei Traversen steht. Wo aber ein enges Fahrwasser
mit geringster Geschützzahl und Besatzung be-
herrscht werden soll und nur ein beschränkter Bauplatz
zur Verfügung steht, kommen Panzerwerke zur Verwendung.
Die auf Mauerbauten ruhenden Panzerungen (in England
aus Walzeisen, in Deutschland aus Hartguß) sind entweder
Batteriepanzer oder Panzerdrehtürme. Die Geschütze
hinter Panzerungen liegen in Minimalschartenlafetten. Die
Werke müssen so angelegt sein, daß sie gegen Hochflut,
Seiten- und Rückenfeuer gesichert sind. Als befestigte K
riegshäfen sollen die Küstenbefestigungen mit einer
vor der Hafeneinfahrt liegenden feindlichen Flotte den Kampf
aufnehmen, um entweder das Auslaufen der eignen Schiffe
zu be-günstigen, oder eine Annäherung des Gegners
behufs Beschießung des Hafens und der Marine-anlagen,
wie Arsenale, Werften, Docks, Magazine etc., zu verhin-
dern. Diese Festungswerke werden, da sie auch gegen
einen Angriff vom Land gesichert sein müssen, geschlossen,
als Küstenforts, erbaut. Zahl und Lage derselben richten
sich nach der Örtlichkeit, die es auch, wenn in der Nähe
des Hafens größere Landungen ausführbar sind, erfordern
kann, an die Küstenbefestigungen eine Landfestung anzus-
chließen, wie es z. B. bei Kiel geschehen soll. Diese
Befestigungen allein sind aber nicht ausreichend, sie bedürfen
noch einer Absperrung des Fahrwassers durch Seeminen,
feste oder schwimmende Barrikaden, z. B. versenkte
Schiffe, schwimmende, durch Ketten verbundene und verankerte
Balken, Taue, Netzwerk, Ketten etc., die innerhalb
des Wirkungsbereichs der Geschütze liegen müssen. Den
militärischen Dienst in jeder F. leitet im Krieg und Frieden
ein Kommandant, in größern Festungen (Koblenz, Köln,
Mainz, Straßburg, Metz, Ulm, Germersheim, Ingolstadt)
auch Gouverneur genannt, dem dann meist noch ein Kommandant
unterstellt ist. Ihm beigegeben ist ein Festungs-
stab, bestehend aus einem Artillerie- und einem Ingenieuroffizier
vom Platz, die im Krieg Chef des Stabes beim
Kommandeur der Artillerie und der Ingenieure werden,
u. dem Platzmajor (Büreauvorsteher); außerdem haben die
Gouverneure und der Kommandant von Posen noch einen
Adjutanten, Straßburg, Metz, Königsberg und Thorn noch
einen Generalstabsoffizier. |